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12.04.2024

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Nach dem JStG ist vor dem JStG – inoffizieller Referentenentwurf des JStG 2024 liegt vor

Nachdem das Wachstumschancengesetz erst im März 2024 verabschiedet wurde, liegt nun schon der (inoffizielle) Referentenentwurf für ein Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) mit immerhin 240 Seiten Umfang vor. Der Entwurf datiert vom 27.03.2024. Dabei enthält das diesjährige JStG 2024 nach Aussage des BMF eine Vielzahl thematisch nicht oder nur partiell miteinander verbundener Einzelmaßnahmen, die überwiegend technischen Charakter haben und zu Steuermehreinnahmen führen.

Nachhaltigkeitsbericht: Die Herausforderung erfolgreich meistern

StBin Dr. Katrin Dorn
ist Partnerin bei MÖHRLE HAPP LUTHER in Hamburg

Überblick über die Kernpunkte

Wesentliche Kernpunkte des Entwurfs:

  • Umsetzung von BVerfG-Entscheidungen zum Übergang vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren (§§ 34 und 36 KStG) und § 27 KStG als Reaktion auf die Entscheidungen des BVerfG (vom 24.11.2022 – 2 BvR 1424/15, DB 2023 S. 305 – und vom 06.12.2022 – 2 BvL 29/14, DB 2023 S. 617);
  •  gesetzliche Verstetigung der 150-€-Vereinfachungsregelung für Bonusleistungen für gesundheitsbewusstes Verhalten (§ 10 EStG);
  • Pauschalbesteuerung von Mobilitätsbudgets (§ 40 EStG) i.H.v. max. 2.400 € p. a. für die gelegentliche Nutzung von E-Scootern, E-Bikes, Car-Sharing-Angeboten und Fahrtdienstleistern mit einem Steuersatz von 25%;
  • Anpassung des Sonderbetriebsausgabenabzugs nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2a EStG an die Rechtsprechung des BFH vom 27.10.2021 (X R 11/20);
  • Anpassungen im Investmentsteuerrecht, u.a. Verlängerung der Abwicklungsfrist für Investmentfonds von fünf auf zehn Jahre;
  • Konzernklausel bei der aufgeschobenen Besteuerung der geldwerten Vorteile aus Vermögensbeteiligungen (§ 19a EStG);
  • Anpassung von § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG aufgrund der Rechtsprechung des BFH vom 02.08.2022 (VIII R 27/21), bisherige Auffassung der Finanzverwaltung wird ins Gesetz aufgenommen für sog. periodenübergreifende Glattstellungsgeschäfte;
  • Anpassung von § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG als Reaktion auf die Entscheidung des BVerfG (vom 28.11.2023 – 2 BvL 8/13, DB 2024 S. 154) bei Übertragungen von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen PersGes: Vorgesehen ist, dass die bisherige Regelung um eine weitere Nr. 4 ergänzt wird. Danach soll ein Buchwertansatz auch erfolgen, wenn ein Wirtschaftsgut „unentgeltlich zwischen den Gesamthandsvermögen verschiedener Mitunternehmerschaften derselben, identisch beteiligten Mitunternehmer“ übertragen wird, und auf alle offenen Fälle zur Anwendung kommen. Für alle Sachverhalte, die bis zur Veröffentlichung der Entscheidung des BVerfG verwirklicht wurden, soll es möglich sein, durch gemeinsamen Antrag auf die Neuregelung zu verzichten. Sollte in diesen Fällen also eine Aufdeckung der stillen Reserven gewünscht sein, wäre dies möglich, sofern die Übertragung bis zu diesem Zeitpunkt (vor dem 12.01.2024) verwirklicht wurde. Nach der Begründung des Entwurfs (S. 126) liegt eine Beteiligungsidentität an Mitunternehmerschaften für Zwecke des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nummer 4 EStG nicht vor, wenn unmittelbar oder mittelbar und zivilrechtlich oder nur wirtschaftlich eine natürliche Person oder eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nur an einer der beiden Mitunternehmerschaften beteiligt ist. Schädlich ist dabei auch eine Beteiligung als Treuhänder, selbst wenn dieser nicht selbst als Mitunternehmer anzusehen ist. Unschädlich sollen allerdings Null-Prozent-Beteiligungen (z.B. einer Komplementär-GmbH) sein.
  • Zugleich ist auch eine Anpassung der sog. Körperschaftsklauseln (§ 6 Abs. 5 Satz 5, 6 EStG) vorgesehen. Hier soll ein neuer Satz 7 als Reaktion auf das BFH-Urteil vom 15.07.2021 (IV R 36/18, DB 2021 S. 2599) eingefügt werden. Nach diesem soll „eine unmittelbare oder mittelbare Begründung oder Erhöhung eines Anteils einer Körperschaft […] an dem übertragenen Wirtschaftsgut […] auch vorliegen, wenn dieser Anteil an die Stelle eines unmittelbaren oder mittelbaren Anteils einer anderen Körperschaft […] tritt“. Die Finanzgerichte hatten hier entschieden, dass ein Verstoß gegen die KSt-Klausel nur vorliegt, wenn die in dem übertragenden Wirtschaftsgut enthaltenen stillen Reserven erstmalig in das KSt-Regime wechseln. Andernfalls wäre die Anwendung der Regelung teleologisch zu reduzieren. So kann nach Auffassung des BFH kein Verstoß gegen die Sperrfrist ausgelöst werden, wenn die stillen Reserven bereits zuvor einer KapGes. zuzurechnen wären.
  • Nach entsprechenden Grundsätzen soll auch § 16 Abs. 3 EStG (Realteilung) angepasst werden. Grund hierfür ist die Entscheidung des FG Hessen vom 31.03.2022 (8 K 590/20), das ebenfalls entschied, dass die Norm teleologisch zu reduzieren sei, wenn ein Überspringen der stillen Reserven auf eine Körperschaft ausgeschlossen sei (Revision unter Az. IV R 16/22 beim BFH anhängig). Auch hier soll ein neuer Satz 5 in die Regelung aufgenommen werden, welche dann auf die in § 6 Abs. 5 Satz 7 EStG-E enthaltene Regelung verweisen soll. Auch dadurch solle die vom Gericht entschiedene teleologische Reduktion der Anwendung der Norm vermieden werden. Beide Regelungen sollen auf alle noch offenen Fälle zur Anwendung kommen. Dies wirft aufgrund der vorliegenden Rspr. der Finanzgerichte verfassungsrechtliche Bedenken hervor.
  • Änderungen im UmwStG: Umfangreiche Änderungen sind im Bereich des UmwStG geplant. Dazu gehört die Einfügung von § 3 Abs. 2a UmwStG-E, wonach für Umwandlungen i.S.d. §§ 3 ff. und §§ 11 ff. UmwStG die steuerliche Schlussbilanz auf den Übertragungsstichtag elektronisch und spätestens 14 Monate nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag (eine Verlängerung entsprechend § 149 Abs. 3 AO soll möglich sein) übertragen werden muss. Die bislang in 03.04 UmwStE enthaltene Regelung soll ins Gesetz aufgenommen werden. Die Einlagefiktion des § 5 Abs. 2 UmwStG soll zukünftig auch Anteile i.S.d. § 20 EStG erfassen. Bei Verschmelzungen (§§ 11 ff. UmwStG) soll auf Ebene des Anteilseigners nunmehr der Buchwertansatz der Grundfall werden (§ 13 Abs. 2 Satz 1 UmwStG-E). In § 18 Abs. 3 UmwStG soll ein neuer Satz 3 eingefügt werden, wonach der Veräußerungsgewinn auch bei einer mittelbaren Veräußerung oder Aufgabe von Anteilen an der übernehmenden PersGes. der Veräußerungsgewinn der GewSt unterliegen soll. Durch eine Anpassung in § 20 Abs. 5 UmwStG sollen negative Anschaffungskosten bei Einbringungen als Reaktion auf das BFH-Urteil vom 07.03.2018 (I R 12/16, DB 2018 S. 1705) vermieden werden. Durch § 20 Abs. 2 Satz 5 UmwStG-E soll zukünftig sichergestellt werden, dass auch Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum zu berücksichtigten sind. Zudem soll in § 22 Abs. 2 Satz 5 UmwStG-E eine Anpassung erfolgen.
  • Zulassung der unmittelbaren Weitergabe steuerlicher Daten von den Bewilligungsbehörden an Ermittlungsbehörden (§ 31a AO);
  • Verlängerung der Tarifermäßigung für Einkünfte aus LuF nach § 32c EStG um die Jahre 2026 und 2027;
  • Änderungen am Gesetz über Steuerstatistiken;
  • Durchschnittssatz für Land- und Forstwirte (§ 24 Abs. 5 Satz 4 UStG);
  • Änderungen bei der Biersteuer (§ 29 Abs. 2 BierStG, §§ 41, 51 BierStV);
  • Unionsrechtskonforme Anpassung der §§ 10 Abs. 6, 13d und 28 Abs. 3 ErbStG: § 10 Abs. 6 ErbStG soll als Reaktion auf die Entscheidung des EuGH vom 21.12.2021 (C-394/20) angepasst werden. Danach sollen nunmehr Nachlassverbindlichkeiten auch im Falle der beschränkten Steuerpflicht zumindest teilweise abzugsfähig sein. Zudem soll § 10 Abs. 6 ErbStG neu gegliedert werden. Dafür sollen einzelne Regelungen in neue Absätze 6a und 6b überführt werden. Ebenfalls aus unionsrechtlichen Gründen soll der Anwendungsbereich von § 13d ErbStG ausgeweitet werden. Vorgesehen ist eine Anwendung auch auf Drittstaaten, sofern ein Informationsaustausch mit diesem Drittstaat sichergestellt ist. Dafür soll das BMF eine Liste der Staaten veröffentlichen. Zudem ist eine Erweiterung der Stundung nach § 28 Abs. 3 ErbStG vorgesehen. Danach soll eine Stundung für sämtlichen Grundbesitz möglich sein, sofern dieser Wohnzwecken dient.
  • Zudem ist auch eine Änderung im BewG vorgesehen. Auch hier handelt es sich um eine Reaktion auf die Rechtsprechung des BFH. Dieser hatte entschieden, dass der Begriff des Betriebs der LuF tätigkeitsbezogen auszulegen ist (II R 39/20). Hier soll eine „Präzision“ des Begriffs in § 158 BewG erfolgen.
  • Anpassung bei der Besteuerung von grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnissen in § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. f EStG-E und § 50d Abs. 7 und 15 EStG-E;
  • § 3 Nr. 72 EStG: Zur Steuerbefreiung für Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit bestimmten PV wird die Grenze pro Gebäude einheitlich auf 30 kw (peak) festgelegt und nicht länger zwischen den Gebäudearten unterschieden. Klargestellt soll auch werden, dass die Grenze sich auf jede Gewerbeeinheit bezieht. Es bleibt bei einer Freigrenze.
  • Darüber hinaus sind im Bereich der USt einige Änderungen geplant. Dazu gehört z.B., dass in den Rechnungen auch angegeben werden müsste, wenn die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten erfolgt (ab 2026). Dies ist aufgrund der Anpassungen beim Vorsteuerabzug notwendig. Vorgesehen sind zudem zahlreiche Anpassungen aufgrund der FG-Rspr. sowie eine Verlängerung der Übergangsfrist für zur Anwendung des § 2 Abs. 3 UStG (31.12.2006). Des Weiteren ist eine Neuausrichtung der Besteuerung von Kleinunternehmern (neue Umsatzgrenzen, neues Meldeverfahren bei Nutzung dieser Regelung in anderen Staaten und ergänzende Regelungen bei Rechnungserstellung) sowie eine Steuerbefreiung für Bildungsleistungen (§ 4 Nr. 21 UStG) geplant. Zudem soll eine Regelung zur Bestimmung des Orts der Leistung für Streaming aufgenommen werden (§ 3a Abs. 3 UStG-E). Die Regelungen zum Umsatzsteuerlager sollen zum 01.01.2026 abgeschafft, der Begriff der Werklieferung an die Rspr. und Auffassung der Finanzverwaltung angepasst sowie eine Steuerbefreiung für die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten durch Kreditgeber in § 4 Nr. 8 Buchst. a und g UStG-E eingeführt werden.
  • Des Weiteren ist eine grundlegende Änderung bei der GrESt geplant. Hier soll § 1 Abs. 4a GrEStG-E ins Gesetz aufgenommen werden, nach welchem ein Grundstück zum Vermögen einer Gesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 2a bis Abs. 3a GrEStG gehören soll, wenn die Gesellschaft es aufgrund eines Vorgangs nach § 1 Abs. 1 GrEStG entweder erworben oder diese die Verwertungsbefugnis nach § 1 Abs. 2 GrEStG innehat. Eine Mehrfachzurechnung zugunsten mehrerer Gesellschaften aufgrund der Verwirklichung eines Vorgangs nach § 1 Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG wäre damit in mehrstufigen Beteiligungsstrukturen nicht mehr möglich. Die Rückgängigmachung eines Erwerbs gilt dabei als rückwirkendes Ereignis, sodass keine Lücken entstehen können. Zur Vermeidung von missbräuchlichen Strukturen soll § 1 Abs. 4a Satz 3 GrEStG dienen. Dieser ordnet einen rückwirkenden Entfall der Zugehörigkeit in bestimmten Fällen an, wenn dadurch ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG vermieden würde. Die Anpassung des Gesetzes soll zur Vereinfachung des Rechts und zur Schaffung von Rechtssicherheit und -klarheit dienen. Diese war aufgrund der Rechtsprechung des BFH und der Reaktion der Finanzverwaltung dringend notwendig (vgl. Dorn, DK 2023 S. 498).
  • Weitere Änderungen sind u.a. für das LSt-Recht (Änderungen u.a. in §§ 39a, 39e EStG), die AO und das GewStG (§ 7 Satz 8 GewStG-E, danach sollen sämtliche passiven ausländischen Betriebsstätteneinkünfte als inländische Einkünfte gelten, § 7 Satz 9 GewStG soll ausgehoben werden) geplant. Bei der Mindeststeuer soll lediglich ein Versehen durch die Einfügung von § 59 Abs. 3 MinStG-E korrigiert werden. Ansonsten sind diesbezüglich keine Anpassungen vorgesehen.

Fazit

Derzeit ist offen, wann der endgültige Referentenentwurf des JStG an die Verbände zur Stellungnahme versendet wird. Das Gesetzgebungsverfahren soll wie üblich kurz vor Ende des Jahres abgeschlossen sein. Der vorliegende inoffizielle Entwurf wird bis dahin sicherlich noch ein paar Änderungen erfahren, auch wenn zahlreiche darin enthaltene Anpassungen als Reaktion auf die Rechtsprechung der Gerichte sicherlich umgesetzt werden.

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