Einbringungsgewinn I und II unterliegt nicht der Gewerbesteuer
Nach Auffassung des BFH unterliegt der EBG I bzw. II nicht der Gewerbesteuer, wenn eine natürliche Person ihren gesamten Anteil an einer gewerblichen Mitunternehmerschaft in eine Kapitalgesellschaft zum Buchwert einbringt und innerhalb der Sperrfrist der Einbringende oder sein Erbe einen Teil dieser erhaltenen Anteile veräußert (I R 26/18, DB 2020 S. 425), bzw. die Kapitalgesellschaft einen miteingebrachten Kapitalgesellschaftsanteil veräußert (I R 13/18, DB 2020 S. 427) und die ursprüngliche Einbringung zum gemeinen Wert nicht gewerbesteuerpflichtig gewesen wäre.
Da den beiden Urteilen nahezu dieselbe Urteilsbegründung zugrunde liegt, wird in der nachfolgenden Urteilsdiskussion lediglich auf die Entscheidung I R 26/18 detailliert eingegangen.
Sachverhalt (verkürzt)
Die natürliche Person A war zu 57% an der X-KG beteiligt. Im Jahr 2013 wurde die X-KG gem. § 25 UmwStG i.V.m. § 190 UmwG in eine AG (X-AG) unter Fortführung der steuerlichen Buchwerte formgewechselt. Im Rahmen des Formwechsels erhielt A entsprechend seiner vorherigen Beteiligung an der X-KG Aktien an der X-AG.
A verstarb ein Jahr später und wurde von seiner Ehefrau B beerbt. Seine Tochter Z forderte anstelle des ihr zugedachten Vermächtnisses ihren Pflichtteil. B übertrug daher im Rahmen eines im Jahr 2015 abgeschlossenen Vermächtnisverzichts- und Abfindungsvertrags zur Abfindung des Pflichtteilsanspruchs neben einer Geldzahlung einen Teil ihrer Aktien der X-AG auf Z.
Die Übertragung wurde im Rahmen der Gewerbesteuererklärung der X-AG nicht berücksichtigt. Das Finanzamt vertrat jedoch im Anschluss an eine Außenprüfung die Auffassung, dass die Übertragung der Aktien von B an Z einen EBG I i.S.d. § 22 Abs. 1 UmwStG ausgelöst habe und dieser der Gewerbesteuer unterliege.
Entscheidung und Argumentation des BFH
Der BFH folgt mit seiner Entscheidung der Argumentation des vorinstanzlichen Finanzgerichts Köln (Urteil vom 19.07.2018 – 6 K 2507/16), welches den EBG I im vorliegenden Sachverhalt nicht der Gewerbesteuer unterworfen hat.
Keine Zweifel an Entstehung des EBG I
Zwischen den Beteiligten bestand zu Recht kein Streit darüber, dass die im Rahmen der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs vollzogene Aktienübertragung von B an Z einen rückwirkend zu besteuernden EBG I i.S.d. § 22 Abs. 1 UmwStG ausgelöst hat (entsprechende Anwendung der §§ 20-23 UmwStG gem. § 25 Satz 1 UmwStG). Die Aktien sind von A im Rahmen des als Sacheinlage eines Mitunternehmeranteils zu behandelnden Formwechsels der X-KG erworben worden. Die Aktienübertragung durch B – als Rechtsnachfolgerin des A – an Z zur Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs stellte eine Veräußerung i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG dar.
Gegen Gewerbesteuerpflicht sprechen Wortlaut und systematischer Zusammenhang des Gesetzes
Nach Ansicht des BFH sprechen der Wortlaut und der systematische Zusammenhang des § 22 Abs. 1 Satz 1 UmwStG dafür, dass aufgrund des rückwirkenden Charakters der Norm der Gewinn auch gewerbesteuerrechtlich den Rechtsnormen unterworfen ist, die für eine Gewinnrealisierung im Zeitpunkt der Einbringung zum Tragen gekommen wären. Hierfür spricht auch, dass abweichend von anderen Regelungsbereichen des Umwandlungssteuergesetzes (s. z.B. §§ 18, 23 Abs. 5 UmwStG) der Gesetzgeber für die gewerbesteuerrechtliche Behandlung des EBG I keine gesetzliche Sonderregelung getroffen hat.
Der Senat führt dahingehend aus, dass der EBG I in der Weise zu besteuern ist, wie auch die ursprüngliche Einbringung bzw. vorliegend der Formwechsel. Gem. § 7 Satz 2 GewStG gehört der Gewinn aus der Veräußerung oder der Aufgabe einer Mitunternehmerbeteiligung, soweit er auf eine natürliche Person als unmittelbaren Mitunternehmer entfällt, nicht zum Gewerbeertrag und unterliegt somit nicht der Gewerbesteuer. Da vorliegend A seine gesamte Mitunternehmerbeteiligung steuerlich „veräußert“ hat, unterliege ein etwaig damals entstandener Veräußerungsgewinn wie auch der nunmehr entstandene EBG I nicht der Gewerbesteuer.
Gegenteilige Auffassung zur Finanzverwaltung
Das Finanzamt argumentierte mit Verweis auf den Umwandlungssteuerlass (BMF vom 11.11.2011, Umwandlungssteuererlass, DB0464115, Tz. 22.07), dass der EBG I im Streitfall deshalb der Gewerbesteuer unterliege, weil B lediglich einen Teil der von ihrem verstorbenen Ehemann beim Formwechsel erhaltenen Aktien veräußert habe. Da jedoch der rückwirkende Charakter des EBG I auf den Zeitpunkt der Einbringung/Formwechsel abzielt, ist die gewerbesteuerliche Behandlung zu diesem Zeitpunkt entscheidend, sodass es keine Rolle spielt, ob beim auslösenden Moment des EBG I nur ein Teil der Anteile veräußert wurde. Die spätere Veräußerung der erhaltenen Anteile führt ggf. nach allgemeinen Vorschriften (z.B. § 17 EStG) zu einem Veräußerungsgewinn, ist aber selbst nicht Besteuerungsgegenstand des § 22 Abs. 1 UmwStG, sondern lediglich das auslösende Moment für die rückwirkende Besteuerung des Einbringungsvorgangs.
Parallelentscheidung:
In der Parallelentscheidung (I R 13/18, DB 2020 S. 427) wurde ein EBG II durch den Verkauf von miteingebrachten Kapitalgesellschaftsanteilen ausgelöst. Auch hier entschied der BFH mit derselben Argumentation, dass aufgrund der zum Einbringungszeitpunkt gewerbesteuerfreien Einbringung, auch der EBG II selbst nicht der Gewerbesteuer unterliegt.
Fazit
Die o.g. Entscheidungen des BFH sind für die Praxis sehr zu begrüßen und sorgen für weitere Rechtssicherheit im Bereich des Umwandlungssteuerrechts. Sie sind dogmatisch nachvollziehbar und bestätigen die Ausführungen der herrschenden Meinung im Schrifttum. Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf die gegenteilige Ansicht des BFH in Bezug auf Tz. 22.08 des Umwandlungssteuererlasses reagieren wird.