Das Bundesfinanzministerium hat mit Schreiben vom 29.06.2015 klargestellt, dass die Grundsätze des BFH-Urteils zur Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen nach § 8 Abs. 2 HOAI über den entschiedenen Einzelfall hinaus und zudem auch auf Abschlagszahlungen bei Werkleistungen sowie auf Abschlagszahlungen nach § 15 Abs. 2 HOAI n.F. anzuwenden sind. In der Praxis wirft dies zahlreiche Fragen auf.
In dem entschiedenen Urteil vom 14.05.2014 nahm der BFH von dem Erfordernis der Abnahme durch den Auftraggeber für Planungsleistungen einer Ingenieurgesellschaft Abstand und bejahte eine Realisierung bereits in dem Zeitpunkt, in dem durch die auftragsgemäße Erbringung der Planungsleistung der Anspruch auf eine Abschlagszahlung nach § 8 Abs. 2 HOAI (i.d.F. vom 21.09.1995) entstanden ist.
Ermittlung des Steuerbilanzgewinns wirft Fragen auf
Das BFH-Urteil widerspricht damit den Bilanzierungsgrundsätzen zur langfristigen Auftragsfertigung und zu Werkverträgen. Im Rahmen einer langfristigen Auftragsfertigung kommt es danach erst dann zu einer Gewinnrealisation, wenn der Anspruch auf das Honorar endgültig entstanden ist. Eine Abschlagszahlung nach § 632a BGB wirkt nicht wie eine Teilabnahme, sondern stellt lediglich eine Anzahlung auf die Hauptforderung dar und hat daher vorläufigen Charakter. Eine vom BFH und – ihm folgend – dem BMF geforderte vorzeitige Gewinnrealisierung bei Teilleistungen ohne Abnahme führt zu einer Aufweichung der Completed-Contract-Methode und ist mit dem handelsrechtlichen Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) nicht vereinbar. Es werden vorzeitig Gewinne realisiert, die u.U. gar nicht erwirtschaftet werden.
Weitere Informationen
Mehr zu den Schwierigkeiten, die das BMF-Schreiben in der Praxis aufwirft und wie Betroffene vorgehen können, lesen Sie in der Kurzkommentierung von StB Martina Ortmann-Babel in DER BETRIEB Heft 30/2015 vom 24.07.2015, S. 1690 ff oder online unter DB0708031.
(Martina Ortmann-Babel / Viola C. Didier)