Die Einführung der Gewerbesteuerpflicht für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft durch § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG im Juli 2002 verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Dies hat das Bundesverfassungsgericht heute entschieden.
Dass die Personengesellschaft als Mitunternehmerschaft dabei die Gewerbesteuer schuldet, obwohl der Gewinn aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils beim veräußernden Gesellschafter verbleibt, verletzt das Leistungsfähigkeitsprinzip nicht, so das Bundesverfassungsgericht. Auch das rückwirkende Inkraftsetzen der Vorschrift für den Erhebungszeitraum 2002 steht im Einklang mit der Verfassung. Dies hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit heute veröffentlichtem Urteil vom 10.04.2018 (1 BvR 1236/11) entschieden und die Verfassungsbeschwerde einer Kommanditgesellschaft zurückgewiesen, die für die bei den Veräußerern verbliebenen Gewinne aus dem Verkauf ihrer Kommanditanteile Gewerbesteuer zu entrichten hatte.
Zum konkreten Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin ist ein weltweit agierendes Unternehmen im Braugewerbe, das Gewerbesteuern aus dem Verkauf von Unternehmensteilen aus dem Jahr 2001 in dreistelliger Millionenhöhe entrichten sollte: In ihrer Gewerbesteuererklärung erklärte die Beschwerdeführerin einen laufenden Verlust für beide Rumpfwirtschaftsjahre und Veräußerungsgewinne nach § 7 Satz 2 GewStG in Höhe von circa 663 Millionen Euro. Aufgrund einer Gesetzesreform 2002, mit der erstmals auch bestimmte Gewinne aus der Veräußerung von Personengesellschaften der Gewerbesteuer unterworfen wurden, setzte das Finanzamt den Gewerbesteuermessbetrag auf knapp 26 Millionen Euro und die Gewerbesteuer auf knapp 107 Millionen Euro fest.
Kein schützenswertes Vertrauen in den Bestand der alten Rechtslage
Die Anwendung des im Juli 2002 in § 7 GewStG eingefügten Satzes 2 Nr. 2 auf Veräußerungsgewinn der Beschwerdeführerin ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG in der Fassung vom 23.07.2002 verstößt weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen das Verbot rückwirkend belastender Gesetze. Es liegt ein Fall unechter Rückwirkung vor, da die Norm mit Wirkung zum 27.07.2002 in das Gewerbesteuergesetz eingefügt wurde und erstmals für den Erhebungszeitraum 2002 anzuwenden war. Die Norm wirkt auf den 01.01.2002 zurück, weil die Gewerbesteuer erst mit Ablauf des Erhebungszeitraums entsteht. Die Rückwirkung der angegriffenen Regelung auf den Erhebungszeitraum 2002 verletzt kein schützenswertes Vertrauen der Beschwerdeführerin in den Bestand der alten Rechtslage.
(Bundesverfassungsgericht, PM vom 10.04.2018 / Viola C. Didier)