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20.11.2023

Meldung, Steuerrecht

Zur Besteuerung der Kapitalauszahlung einer Rente

Bei vorheriger Vereinbarung eines Kapitalwahlrechts kommt die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 1 EStG für die Einmalauszahlung einer Rente nicht in Betracht. Dies hat das Finanzgericht Münster entschieden.

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In dem Streitfall vor dem Finanzgericht Münster hatte die Klägerin mit ihrem damaligen Arbeitgeber im Jahr 2005 die Umwandlung eines Teils ihres Gehalts in einen Anspruch auf Versicherungsschutz in Form von Beiträgen zu einer Direktversicherung nach dem BetrAVG vereinbart. Der Arbeitgeber schloss daraufhin für die Klägerin eine solche Versicherung mit einer Beitragszahlungsdauer von 14 Jahren ab. Danach sollte an die Klägerin eine lebenslängliche monatliche Rente gezahlt werden oder auf Antrag eine einmalige Kapitalabfindung erfolgen. Im Streitjahr 2019 übte die Klägerin das Kapitalwahlrecht aus und erhielt ca. 44.500 Euro ausbezahlt.

Finanzamt wendet regulären Steuersatz an

Diesen Betrag behandelte das Finanzamt als steuerpflichtige Rente nach § 22 Nr. 5 EStG und besteuerte ihn mit dem regulären Steuersatz. Die Klägerin machte mit ihrer Klage dagegen die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes geltend, da der Gesetzeswortlaut von § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG erfüllt sei. Ein weiteres Tatbestandsmerkmal der Atypik sei im Gesetz nicht enthalten. Die vom Gesetzeszweck geforderte Zusammenballung von Einkünften in einem Veranlagungszeitraum sei eingetreten. Soweit der BFH für die Bestimmung der Atypik auf statistische Auswertungen abstelle, entspreche dies nicht dem verfassungsrechtlichen Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit.

Kein Erfolg vor dem Finanzgericht

Das Finanzgericht Münster hat die Klage mit Urteil vom 24.10.2023 (1 K 1990/22 E) abgewiesen. Die Kapitalauszahlung sei nicht als außerordentliche Einkünfte ermäßigt zu besteuern. Der Wortlaut des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG, wonach Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten außerordentliche Einkünfte darstellten, sei zwar erfüllt. Der Begriff der Vergütung sei weit auszulegen und erfasse alle Vorteile von wirtschaftlichem Wert. Die Tätigkeit bestehe bei Alterseinkünften in der früheren Beitragsleistung.

Es fehlt die „Außerordentlichkeit“

Es fehle allerdings an dem für diese Vorschrift zusätzlich erforderlichen ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal der Außerordentlichkeit. Dieses sei nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur als Korrektiv für die weite Auslegung des Begriffs der „Vergütung“ erforderlich. Im Hinblick auf die Kapitalauszahlung von Renten sei es nach der früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs allein auf die vertragliche Vereinbarung eines Kapitalwahlrechts angekommen (BFH-Urteil vom 20.09.2016 – X R 23/15).

In späteren Entscheidungen habe er jedoch darauf abgestellt, ob das Kapitalwahlrecht nur in atypischen Einzelfällen tatsächlich ausgeübt wird, wofür statistisches Material von Organisationen und Verbänden der Anbieter ausgewertet werden müsse (BFH-Urteile vom 11.06.2019 – X R 7/18 und vom 06.05.2020 – X R 24/19). Der daraufhin im zweiten Rechtsgang vom Finanzgericht Köln unternommene Versuch, derartiges statistisches Material zu erhalten, sei jedoch unergiebig geblieben, da die angefragten Organisationen keine entsprechenden Statistiken geführt hätten (FG Köln, Urteil vom 30.09.2021 – 15 K 855/18).

FG Münster zweifelt an BFH-Kriterien

Vor diesem Hintergrund hat das Finanzgericht Münster Bedenken geäußert, ob die vom BFH aufgestellten Kriterien noch Bestand haben können. Dies folge auch daraus, dass die Besteuerung vor Ausübung des Kapitalwahlrechts für den Steuerpflichtigen nicht hinreichend klar sei. Zudem habe der BFH nicht entschieden, ab welchem Prozentsatz eine Außerordentlichkeit vorliege.

Im Ergebnis könne dies jedoch offenbleiben. Wende man die neuere Rechtsprechung trotz der Bedenken an, läge keine Außerordentlichkeit vor, da die Klägerin die Feststellungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen trage. Lehne man diese Rechtsprechung ab und stelle mit der früheren Rechtsprechung auf die Vereinbarung eines Kapitalwahlrechts ab, lägen die Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ebenfalls nicht vor, da im Streitfall ein Kapitalwahlrecht von vornherein vereinbart war.

Das FG Münster hat die Revision zugelassen.


FG Münster vom 15.11.2023 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro

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