08.06.2015

Arbeitsrecht, Meldung

Zur Anwendung des Arbeitszeitgesetzes

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Der Betrieb

Das Arbeitszeitgesetz ist auch auf Erzieher und Erzieherinnen in Wohngruppen mit alternierender Rund-um-die-Uhr-Betreuung anwendbar, hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden.

Die Klägerin betreibt als freie Trägerin der Kinder- und Jugendhilfe Wohngruppen mit alternierender Betreuung. Für jede Gruppe sind drei Beschäftigte zuständig, die abwechselnd etwa sechs Kinder durchgehend in der Wohngruppe betreuen. Während ein Beschäftigter drei bis fünf Tage in Folge in der Wohngruppe wohnt, ist der zweite im Tagesdienst tätig; der dritte hat frei. Ziel des Modells ist es, eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung in einer familienähnlichen Gruppe mit hoher Betreuungsintensität und gleichzeitiger Kontinuität der Beziehungen zu gewährleisten.

Kein Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft

Das zuständige Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin war der Meinung, dieses Modell verstoße gegen das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), insbesondere gegen das darin geregelte Verbot, täglich mehr als zehn Stunden zu arbeiten. Das Verwaltungsgericht Berlin bestätigte dies (Urteil VG 14 K 184/14 vom 05.06.2015). Von einem Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft sei nur dann auszugehen, wenn ein Arbeitnehmer mit mindestens einer anderen Person in einem räumlich abgegrenzten Bereich für längere Zeit so zusammen wohne, dass dies dem Zusammenleben in einem Familienverbund weitgehend gleichkomme. Das sei hier nicht der Fall.

Maßgeblich ist die Sichtweise der Arbeitnehmer

Die Beschäftigten wohnten während der Rund-um-die-Uhr-Betreuung nicht in der Wohngruppe, sondern arbeiteten dort ausschließlich. Die Wohngruppe bot keinen privaten Rückzugsbereich und sei gerade nicht der Ort, der den räumlichen Schwerpunkt der privaten Lebensverhältnisse darstelle. Es sei rechtlich unerheblich, ob die betreuten Kinder einen Haushalt bildeten. Das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft sei allein aus der objektivierten Sicht der vom ArbZG zu schützenden Arbeitnehmer zu beurteilen. Auch Zeiten mit geringerer Belastungsintensität – etwa beim Schulbesuch der Kinder – zählten als Bereitschaftsdienst im vollen Umfang zur Arbeitszeit.

(VG Berlin  / Viola C. Didier)


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