Nach dem 13. Senat des FG Niedersachsen (Urteil vom 12.11.2024 – 13 K 196/12) hat nun auch der 12. Senat des FG Niedersachsen (Urteil vom 26.08.2025 – 12 K 250/11) Stellung zu den Fragen genommen, bis zu welchem Zeitpunkt im Zusammenhang mit der Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze des § 17 EStG Wertzuwächse aus verfassungsrechtlichen Gründen unberücksichtigt bleiben und ob Steuerberatungskosten, die im Zusammenhang mit der Führung eines Rechtsbehelfsverfahrens zur Frage der Steuerpflicht eines Veräußerungsgewinns anfallen, Veräußerungskosten i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG darstellen.
Darum ging es im Streitfall
Im Streitfall hatte der Rechtsvorgänger der Kläger Anteile in Höhe von über 1% an einer Kapitalgesellschaft im Jahr 2002 gewinnbringend veräußert, nachdem die Wesentlichkeitsgrenze des § 17 EStG mit am 26.10.2000 verkündetem Gesetz mit Wirkung zum 01.01.2002 von 10% auf 1% herabgesenkt worden war. Das Finanzamt hat in Umsetzung der Entscheidung des BVerfG vom 07.07.2010 (2 BvR 748/05) anhand von Vorjahresverkäufen einen gemeinen Wert der veräußerten Anteile auf den 26.10.2000 ermittelt und diesen anstatt der Anschaffungskosten zur Ermittlung des zu besteuernden Veräußerungsgewinns berücksichtigt, um dadurch vorher entstandene Wertzuwächse von einer Besteuerung auszunehmen. Nach Auffassung der Kläger hätte stattdessen auf den gemeinen Wert zum Wirksamwerden des Gesetzes zum 01.01.2002 abgestellt werden müssen.
Wann Wertzuwächse steuerfrei bleiben
Der 12. Senat hat in seiner Entscheidung unter Bezugnahme auf verschiedene Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts das Finanzamt darin bestätigt, dass es auf den gemeinen Wert der Anteile zum 26.10.2000 abgestellt hat. Der Senat hat zudem in der konkreten Konstellation Zweifel daran geäußert, dass eine Freistellung der vor der Gesetzesverkündung entstandenen Wertzuwächse aus verfassungsrechtlichen Gründen überhaupt geboten ist. Dies war vorliegend jedoch nicht entscheidungserheblich, da der Senat an einer verbösernden Entscheidung wegen § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO ohnehin gehindert war. Zudem hat der 12. Senat entschieden, dass die im Zuge der Rechtsverfolgung angefallenen Steuerberatungskosten keine Veräußerungskosten in Bezug auf die Veräußerung der Anteile an der Kapitalgesellschaft darstellen, da diese nicht durch den Veräußerungsvorgang selbst, sondern erst im Streit über dessen Steuerpflicht veranlasst wurden.
Die zugelassene Revision lässt jedoch offen, ob der BFH an dieser Linie festhält.