09.03.2016

Meldung, Steuerrecht

Zum Vorsteuerabzug einer Holding

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Der BFH hat mehrere Rechtsfragen zum Vorsteuerabzug einer Holding und zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft geklärt.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil mehrere Rechtsfragen zum Vorsteuerabzug einer Führungsholding und zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft beantwortet.

Im Streitfall erbrachte die Klägerin, eine geschäftsleitende Holding, an ihre Tochter-Personengesellschaften in der Rechtsform der GmbH & Co. KG entgeltliche administrative und kaufmännische Dienstleistungen. Daneben legte sie u.a. Kapital verzinslich bei einer Bank an. Zur Finanzierung ihrer Geschäftstätigkeit und des Erwerbs der Anteile an den Tochtergesellschaften bezog die Klägerin ihrerseits Dienstleistungen von anderen Unternehmen, wie beispielsweise die Erstellung eines Ausgabeprospekts und Rechtsberatungsleistungen. Die Klägerin begehrte für die auf die Dienstleistungen entfallende Umsatzsteuer den vollen Vorsteuerabzug.

Vorsteuerabzug der Führungsholding bejaht

Der BFH hat mit Urteil vom 19.01.2016 (Az. XI R 38/12) entschieden, dass der Klägerin für Vorsteuerbeträge, die im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an dieser Tochtergesellschaft stehen, grundsätzlich der volle Vorsteuerabzug zusteht. Allerdings ist die verzinsliche Anlage eines Teils des eingeworbenen Kapitals bei einer Bank ein umsatzsteuerfreier Umsatz, so dass die mit der Kapitalanlage in Zusammenhang stehende Vorsteuer (anteilig) nicht abziehbar ist. Auf die erforderliche Vorsteueraufteilung kann auch nicht aufgrund der Vereinfachungsregelung des § 43 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung verzichtet werden, weil die verzinsliche Anlage von Kapital zur Haupttätigkeit der Klägerin gehört. Der BFH hat die Sache deshalb an das Finanzgericht Hamburg zurückverwiesen.

Frage der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft

Ein zweiter Schwerpunkt der Entscheidung war die Frage, ob eine GmbH & Co. KG im Rahmen einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft Organgesellschaft sein kann. Besteht eine Organschaft, sind die im Inland gelegenen Unternehmensteile des Organträgers und seiner Organgesellschaften als ein Unternehmen zu behandeln und der Organträger wird Steuerschuldner für alle Leistungen, die der Organkreises gegenüber Dritten erbringt. Liegt eine Organschaft vor, wirkt sich dies deshalb auf die Höhe der gegenüber dem Organträger festzusetzenden Umsatzsteuer aus.

Ist § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG unionsrechtswidrig?

Voraussetzung hierfür ist nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG, dass eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist, was nach bisherigen deutschem Verständnis ein Verhältnis der Unterordnung der Organgesellschaft unter den Organträger voraussetzt. Der BFH ist im Anschluss an das EuGH-Urteil Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt (Urteil vom 18.07.2015, Az. C-108/14 und C-109/14,) zu dem Ergebnis gelangt, dass § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG jedenfalls insoweit unionsrechtswidrig ist, als die Vorschrift vorsieht, dass eine GmbH & Co. KG allein aufgrund ihrer Rechtsform nicht Organgesellschaft sein kann. Dieser Ausschluss ist weder zur Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen noch zur Vermeidung von Steuerhinterziehung oder ‑umgehung erforderlich und angemessen.

 GmbH & Co. KG ist juristische Person i.S.d. Umsatzsteuergesetzes

Weiter hat der BFH entschieden, dass § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG richtlinienkonform dahingehend ausgelegt werden kann, dass der Begriff „juristische Person“ auch eine GmbH & Co. KG umfasst. Er knüpft dabei an Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts an, die dieselbe Auslegung in anderem Zusammenhang bereits ebenfalls vorgenommen haben.

Organträger muss Mehrheit der Stimmrechte haben

Ob das weitere Erfordernis des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG, dass die Organgesellschaft nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sein muss, mit Unionsrecht vereinbar ist, ließ der BFH aufgrund fehlender tatsächlicher Feststellungen der Vorinstanz offen. Der BFH hat dazu mit Urteil vom 02.12.2013 (Az. V R 15/14) die Auffassung vertreten, es sei weiter daran festzuhalten, dass der Organträger über die Mehrheit der Stimmrechte bei der Organgesellschaft verfügen muss und dass zudem im Regelfall eine personelle Verflechtung über die Geschäftsführung der Organgesellschaft bestehen muss.

(BFH, PM vom 09.03.2016 / Viola C. Didier)


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