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03.10.2023

Interview

Zukunftsfinanzierungsgesetz: „Die Kassenlage des Bundes bremst echte Veränderungen“

Um die großen Zukunftsaufgaben erfolgreich zu meistern, muss mehr privates Kapital mobilisiert werden und der Finanzplatz Deutschland attraktiver werden. Dies soll durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz geschehen. Über die neuen Regeln und wie deren Erfolg einzuschätzen ist, sprachen wir mit Robert Peres, Vorsitzender der Initiative Minderheitsaktionäre.

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Robert Peres

DB: Herr Peres, können Sie uns kurz abholen und zusammenfassen, welche Inhalte das Zukunftsfinanzierungsgesetz hat?

Peres: Im sogenannten Zukunftsfinanzierungsgesetz finden sich eine Reihe von Maßnahmen, die es Start-ups und kleineren Unternehmen erleichtern sollen, sich am Kapitalmarkt zu finanzieren. Dazu gehört beispielsweise, die Anforderungen an die Börsenzulassung zu senken, das Eigenkapital von Gründern zu stärken sowie steuerliche Erleichterungen einzuführen. Letzteres betrifft sowohl die Besteuerung von Gewinnen aus Aktienveräußerungen als auch die Förderung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen. Insgesamt soll also die Aktienanlage attraktiver gestaltet werden, was aus unserer Sicht natürlich positiv zu sehen ist. Weiter gibt es noch einige Punkte, die die Digitalisierung betreffen, zum Beispiel die Förderung von elektronischen Wertpapieren und der Blockchain-Technologie.

DB: Welches Ziel verfolgt Christian Lindner mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz?

Peres: Der Finanzminister hat erkannt, dass der Finanzstandort Deutschland im internationalen Vergleich nicht gut dasteht. Dadurch gehen unserem Land viele Investitionen verloren, sowohl durch inländische, aber auch ausländische Investoren. Deutsche Gründer gibt es wenige, viele wandern ins Ausland ab. Die Start-ups beklagen nicht nur die überbordende Bürokratie und Regularien in Deutschland, sondern auch Nachteile beim Börsengang und dem Eigenkapital. Minister Lindner versucht mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz diesen Problemen entgegenzusteuern.

DB: Wird das Gesetz also den Start-up-Standort Deutschland stärken?

Peres: Wenn alle geplanten Reformen umgesetzt werden, wird es für Gründer leichter, sich am deutschen Kapitalmarkt zu bedienen. Das ist das Kernziel. Gleichzeitig werden Barrieren im Bereich Digitalisierung und Besteuerung abgebaut. Wichtig ist auch die Absicht, die englischsprachige Kommunikation etwa mit der BaFin zu ermöglichen. Damit entfällt für einige ausländische Unternehmen eine gewisse Schranke, die nicht unterschätzt werden darf. Ob die geplanten steuerlichen Erleichterungen tatsächlich mehr Investitionen bringen, sehe ich allerding wenig euphorisch. Da sind andere Märkte wesentlich proaktiver.

DB: Ist es nicht äußerst erfreulich, dass es erstmal einen sauberen rechtlichen Rahmen für SPACS geben wird?

Peres: Diese SPACS, oder wie sie im Gesetzentwurf etwas umständlich ‚Börsenmantelgesellschaften‘ genannt werden, können durchaus hilfreich sein, wenn etwa ein eigener IPO nicht sinnvoll oder zu umständlich erscheint. Zur Erklärung: „SPAC“ steht für „Special Purpose Acquisition Company“, also eine Zweckgesellschaft, die ohne eigene Geschäftstätigkeit gegründet wird, um über den Kapitalmarkt Mittel für einen Unternehmenserwerb zu beschaffen. Diese Gesellschaftsform gibt es in den USA seit 2017 und erfreut sich hoher Beliebtheit. Zu den Vorteilen zählen eine höhere Preis- und Umsetzungssicherheit, ein schnellerer Prozess und die Vertraulichkeit der Verhandlungen zwischen den beiden Merger-Parteien im Vergleich zum öffentlichen Preisfindungsprozess beim Börsengang.

DB: Wie beurteilen Sie die Einführung von Mehrstimmrechtsaktien?

Peres: Hier ist einer der Kritikpunkte anzubringen. Die Neueinführung von Mehrstimmrechten, es gab sie ja schon mal, soll die Kontrollmöglichkeit der Gründer über ihr Unternehmen stärken, indem beispielsweise die Hauptaktionäre pro Anteil deutlich mehr Stimmen in der Hauptversammlung erhalten. Das soll auch den Formwechsel von einer GmbH zu einer Aktiengesellschaft erleichtern. Diese Regelung verwässert jedoch die Position der kleineren Anleger. Diesen werden ihre ohnehin schon schmalen Einflussrechte weiter beschnitten. Aus Sicht der Minderheitsaktionäre sind daher solche ‚dual class shares‘ abzulehnen. Sie sind auch nicht notwendig, denn es gibt auch andere rechtliche Konstruktionen, zum Beispiel die KGaA, die entsprechende Möglichkeiten bietet.

DB: Gibt es Fallstricke – auch aus Anlegersicht?

Peres: Fallstricke gibt es für Anleger immer dann, wenn die Informationsbasis asymmetrisch ist. Es muss sichergestellt sein, dass die Änderungen nicht dazu führen, Gründerinvestoren unfaire Informationsvorteile zu bringen. Dazu sind insbesondere SPACs und Mehrstimmrechte zu nennen. Die Bundesregierung hat zwar den Schutz der Anleger explizit im Gesetzesentwurf zum Zukunftsfinanzierungsgesetz erwähnt, aber bisher noch zu wenige Schutzmechanismen eingebaut. Ein wichtiger Baustein, um mehr Vertrauen in den Kapitalmarkt zu erzeugen, wäre eine Reform des kollektiven Rechtsschutzes, die echte Sammelklagen ermöglicht. Das derzeitige Kapitalanleger-Musterverfahren hat seine Untauglichkeit ja im 19 Jahre dauernden Telekom-Prozess gezeigt. Hier muss bis zur Jahresmitte 2024 dringend gehandelt werden.

DB: Was halten Sie von der Einführung einer aktienbasierten Altersvorsorge – ist das nicht wegweisend?

Peres: Die Einführung der Aktienrente wäre in der Tat eine positive Zäsur. In vielen anderen Ländern funktioniert das sehr gut, das Beispiel Schweden sei hier stellvertretend genannt. Doch leider gibt es in Deutschland viele Kritiker, die eine aktienbasierte Komponente bei der gesetzlichen Rente ablehnen. Ich kann mir das nur mit mangelnder Finanzbildung erklären. Aktiensparen bringt langfristig eindeutig die beste Rendite. Da viele Bürger das privat nicht stemmen können, wäre es wünschenswert, dass der Staat die Wachstumsvorteile von Wertpapieren in das System der Altersvorsorge integriert. Das auch, weil die derzeitige Umlagefinanzierung nicht mehr ausreicht. Deutschland ist ohnehin spät dran mit dieser Reform. Das Scheitern der „Volksaktie“ Telekom und die schlecht gemachte Riester-Rente haben auch nicht geholfen. Dennoch haben wir bei unseren Forsa-Umfragen eine Mehrheit für die Einführung einer Aktienrente gesehen.

DB: Ursprünglich hat Finanzminister Lindner angekündigt, dass es neue Steuerfreibeträge für Privatanleger bei Aktienanlagen geben soll. Wieso wurde genau dieses Vorhaben, das den privaten Vermögensaufbau unterstützt hätte, nicht umgesetzt?

Peres: Das dürfte mit der Kassenlage des Bundes zu tun haben und auch mit politischen Widerständen in der Ampelregierung. Leider wird die private Vermögensbildung in Deutschland auf breiter Ebene gebremst. Das sieht man nicht nur beim Wertpapiersparen, sondern auch im Immobilienbereich. Hier sehe ich kurzfristig leider auch keine Verbesserungen am Horizont. Mal sehen, inwieweit das ZuFinG hier Abhilfe schaffen kann.

DB: Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro.


Das Interview führte Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro.

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