Das zuständige Hauptzollamt (HZA) für Entlastungsanträge nach den §§ 9a, 9b und 10 des Stromsteuergesetzes sowie nach den §§ 54 und 55 des Energiesteuergesetzes richtet sich grundsätzlich nach dem satzungsmäßigen Sitz des Unternehmens. Dieser satzungsmäßige Sitz kann sich vor der Gewährung der Steuerentlastung ändern. Die örtliche Zuständigkeit geht nach § 26 AO, der den Übergang der örtlichen Zuständigkeit von einer Finanzbehörde auf eine andere Finanzbehörde für den Fall regelt, dass sich die die Zuständigkeit begründenden Umstände ändern, aber nur über, wenn die bisher zuständige Finanzbehörde bereits mit der Bearbeitung des konkreten Verwaltungsverfahrens begonnen hat. Die bloße Prüfung der örtlichen Zuständigkeit reicht dafür nicht aus. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 19.12.2024 (VII R 23/22) entschieden.
Die Entscheidung schafft Klarheit über die örtliche Zuständigkeit von Hauptzollämtern für Steuerentlastungsanträge im Rahmen der Strom- und Energiesteuer und über den maßgeblichen Zeitpunkt des Zuständigkeitswechsels nach § 26 AO.
Darum ging es im Streitfall
Im Streitfall beantragte die Klägerin, die Strom und Energieerzeugnisse verwendet und im Streitjahr 2018 bereits drei Betriebsstätten an verschiedenen Standorten hatte, Steuerentlastungen auch für eine vierte Betriebsstätte, deren Rechtsnachfolgerin sie im Jahr 2019 wurde. Anders als bei den anderen drei Betriebstätten stellte sie die Steuerentlastungsanträge für ihre neue Betriebsstätte Ende 2019 jedoch nicht beim HZA an ihrem satzungsmäßigen Sitz, sondern bei dem bislang für diese – im Jahr 2018 noch selbstständige – Betriebsstätte zuständigen HZA. Letzteres hielt sich nach Vorprüfung der Anträge für unzuständig und übermittelte die Anträge an das HZA des satzungsmäßigen Sitzes der Klägerin, dem die Anträge erst im Februar 2020 und damit nach Ablauf der Festsetzungsverjährung zugingen. Es versagte daher die Steuerentlastung für die vierte Betriebsstätte. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
BFH schafft Klarheit bei Steuerentlastung
Der BFH entschied, dass die Klägerin wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist keinen Anspruch auf die beantragten Entlastungen von der Strom- und Energiesteuer hat. Nach den entsprechenden Durchführungsverordnungen ist für die Strom- bzw. Energiesteuerentlastung das Hauptzollamt für Entlastungsanträge örtlich zuständig, von dessen Bezirk aus die in den einzelnen Vorschriften jeweils bezeichnete Person ihr Unternehmen betreibt. Dabei ist auf die kleinste rechtlich selbständige Einheit abzustellen. Betrieben im Sinne des Strom- und Energiesteuerrechts wird ein Unternehmen grundsätzlich an seinem satzungsmäßigen Sitz. In diesen nationalen Vorschriften liegt kein Verstoß gegen den unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Denn die nach nationalem Recht bestehende Notwendigkeit, Entlastungsanträge bei der zuständigen Behörde einzureichen, geht nicht über das hinaus, was erforderlich ist, um eine korrekte und einfache Anwendung solcher Entlastungen sicherzustellen, da nur das zuständige HZA in der Lage ist, alle notwendigen Prüfungen gegebenenfalls auch vor Ort vorzunehmen. Schließlich klärte der BFH, dass § 26 AO nur eingreift, wenn die bisher zuständige Behörde erst nach Bearbeitungsbeginn des konkreten Verfahrens von dieser Änderung Kenntnis nimmt. Die bloße Prüfung der örtlichen Zuständigkeit ist hierfür allerdings nicht ausreichend.