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11.04.2024

Interview

Zinsschranke 2024: „Die Erweiterung des Zinsbegriffs hat große Auswirkungen für Immobilienunternehmen“

Durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz vom 29.12.2023 wurden auch die Regelungen der Zinsschranke geändert bzw. verschärft. Eigentlich sollte das Gesetz Unternehmen dabei helfen, ihre Liquiditätssituation zu verbessern und damit mutig in Innovationen zu investieren. Doch das Gegenteil tritt nun ein, erklärt Rechtsanwältin und Steuerberaterin Dr. Petra Eckl im Interview: Gerade für Immobilienunternehmen und Unternehmen mit hoher Fremdfinanzierungsquote bedeutet diese Verschärfung der Zinsschranke eine Verschlechterung der für sie relevanten Rahmenbedingungen.

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Petra Eckl

DB: Frau Dr. Eckl, wie sehen die Verschärfungen im Kreditzweitmarktförderungsgesetz seit dem 01.01.2024 im Detail aus?  

Eckl: Der Zinsbegriff wurde weiter gefasst. Es fallen dadurch mehr Aufwendungen unter die Regelungen zur Zinsschranke, sodass häufig mehr Zinsen für steuerliche Zwecke nicht abzugsfähig sind. Das deutsche Steuerrecht wurde insoweit an die sog. ATAD-Richtlinie (Anti Tax Avoidance Directive) der EU angepasst. Diese Richtlinie musste in nationales Recht umgesetzt werden. Darüber hinaus wurden aber die Regelungen der Zinsschranke auch bezogen auf die Ausnahmetatbestände des sog. Stand-Alone-Escape und des sog. Eigenkapitalquotenvergleichs sowie in einigen anderen Punkten verschärft.

DB: Was fällt seit der Erweiterung unter den Begriff der Zinsaufwendungen?

Eckl: Aufgrund der Änderung unterfallen nunmehr zum Beispiel auch Arrangement Fees, die über die bloße Kapitalüberlassung hinaus bestimmte Leistungen einer Konsortialführerin abgelten, den Regelungen der Zinsschranke. Ferner auch sog. Bauzeitzinsen.

DB: Auch der Begriff der Zinserträge wurde erweitert – inwiefern?

Eckl: Richtig, korrespondierend zur Erweiterung des Begriffs der Zinsaufwendungen wurde auch der Begriff der Zinserträge weiter gefasst. Die Regelungen zur Zinsschranke besagen ja, dass Zinsaufwendungen stets in Höhe der erzielten Zinserträge steuerlich abzugsfähig sind. Nur wenn die Zinsaufwendungen darüber hinaus gehen, kann der Nettozinssaldo im Abzug beschränkt sein. Grundsätzlich darf der Nettozinssaldo dann nur bis zu 30 % des sog. verrechenbaren EBITDA abgezogen werden. Die Zinsschranke gelangt aber nicht zur Anwendung, wenn einer der Ausnahmetatbestände erfüllt ist. Zunächst ist die Zinsschranke nicht anwendbar, wenn der Nettozinssaldo in einem Betrieb unterhalb von drei Millionen Euro liegt. Dies ist eine Freigrenze, d.h. bei einem Übersteigen dieser Grenze unterliegt der volle Nettozinsaufwand den Beschränkungen der Zinsschranke. Ferner existieren die vorhin bereits erwähnten Ausnahmen des Stand-Alone-Escapes und des Eigenkapital-Escapes. Beim Stand-Alone-Escape geht es darum, Betriebe, die nicht zu einem Konzern gehören oder die keine wesentlich beteiligten Gesellschafter haben, von den Abzugsbeschränkungen der Zinsschranke auszunehmen. Beim Eigenkapitalquotenvergleich kann der Nachweis geführt werden, dass die Eigenkapitalquote des fremdfinanzierten Betriebs über der entsprechenden Quote des Konzerns liegt. Auch dann ist die Zinsschranke nicht anwendbar. Für Gesellschafterfremdfinanzierungen sieht das Gesetz noch weitere Hürden für den Zinsabzug vor.

DB: Was hat die Änderung der Zinsdefinition für Auswirkungen auf die Bauzeitzinsen?

Eckl: In der Tat wird die Erweiterung des Zinsbegriffs häufig große Auswirkungen für Immobilienunternehmen haben. Bauzeitzinsen sind Zinsen, die für einen Immobilienkredit während der Bauzeit geschuldet werden. Diese Zinsen können als Betriebskosten direkt gewinnmindernd abgezogen werden. Es besteht aber ein Wahlrecht, die Zinsen als Herstellungskosten auf der Aktivseite der Bilanz zu aktivieren. Die Erfassung als Herstellungskosten hat zur Folge, dass die Zinsen nur im Rahmen der gewöhnlichen Gebäudeabschreibung gewinnmindernde Auswirkungen haben. Bisher galten die aktivierten Bauzeitzinsen nicht als Zinsaufwendungen für Zwecke der Zinsschranke. Nunmehr ist dies anders.

DB: Die Lage auf dem Immobilienmarkt ist auch so schon dramatisch. Ist das der steuerliche Todesstoß?

Eckl: Das möchte ich so nicht sagen. Man kann aber festhalten, dass die Änderungen die Situation nicht verbessern, sondern eher verschlechtern. Es waren im Rahmen des sog. Wachstumschancengesetzes allerdings noch weitaus ungünstigere Regelung im Hinblick auf den Zinsabzug geplant, die jedoch am Ende nicht umgesetzt wurden. Das wichtigste Beispiel ist die sog. Anti-Fragmentierungsregelung. Danach war geplant, dass „gleichartige“ Betriebe für Zwecke der Zinsschranke einen Freibetrag in Höhe von drei Millionen Euro nur einmal in Anspruch nehmen können. Damit sollte verhindert werden, dass etwa Bauunternehmen mehrere separate Tochterkapitalgesellschaften gründen und sodann jede dieser Gesellschaften so fremdfinanziert wird, dass der Nettozinssaldo jeweils unterhalb der Freigrenze von drei Millionen Euro liegt, damit die Zinsen in jeder Gesellschaft voll abzugsfähig sind. Dies ist nach dem derzeit geltenden Recht möglich, solange die Unternehmen nicht in einer sog. Organschaft zusammengefasst sind. In der Praxis sind diese Finanzierungsstrukturen nicht selten. Viele Unternehmen betreiben ihre Projekte schon allein aus Haftungsgründen in voneinander getrennten Projektgesellschaften und nutzen dann jeweils die Freigrenze in Höhe von drei Millionen Euro. Dies wäre nach Einführung der Anti-Fragmentierungsregelung nicht mehr zulässig gewesen. Wäre sie Gesetz geworden, wäre nicht auszuschließen gewesen, dass die Nichtabzugsfähigkeit der Zinsen in dem einen oder anderen Fall angesichts der bestehenden Schwierigkeiten, Immobilienprojekte zu finanzieren, zu einem Todesstoß geführt hätte.

DB: Gehen die geänderten Regelungen Ihres Erachtens zu weit?

Eckl: In Teilen folgte der deutsche Gesetzgeber mit den Änderungen nur den Vorgaben der ATAD-Richtlinie, die umzusetzen war. Daher müsste man eher fragen, ob die EU gut beraten ist, die Rahmenbedingungen für eine Vielzahl von Unternehmen immer weiter zu verschlechtern. Das Gleiche wird ja derzeit auch im Hinblick auf die von zahlreichen Marktteilnehmern als überbordend empfundenen Compliance-Anforderungen diskutiert.

DB: Entsteht durch das neue Gesetz steuerlicher Handlungsbedarf?

Eckl: Ja, dieser besteht. Immobilienunternehmen sollten zum Beispiel ihre Finanzierungsstrukturen durchsehen, ob es bilanzierte Bauzeitzinsen gibt. Die auf diese Bauzeitzinsen entfallende Abschreibung gilt seit dem 01.01.2024 als Zinsaufwand. Es ist daher genau zu prüfen, ob die Finanzierungsstruktur anzupassen ist.

DB: Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro


Das Interview führte Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro

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