Einschränkungen im Zeitwertkonto für GGF
Durch Einbringung von Entgelt im Wege der Gehaltsumwandlung können auch GGF über eine Kapitalanlage ein Wertguthaben ansparen, um damit spätere Freistellungen zu finanzieren. Allerdings dürfen GGF ihre Wertguthaben nur zur Finanzierung eines vorgezogenen Ruhestands verwenden. Zudem müssen die Gesellschafter*innen die GGF dann ab Beginn des vorgezogenen Ruhestands von ihren Pflichten als Geschäftsführer*in entbinden und das Handelsregister entsprechend korrigieren. Dann seien nach Ansicht des Hessischen Finanzgerichts Einzahlungen beherrschender GGF keine verdeckte Gewinnausschüttung. Ein Urteil des BFH aus dem Jahr 2015 (BStBl II 2016, 489) schien dagegen in eine andere Richtung zu deuten als jetzt das Hessische Finanzgericht.
Aufgabenbild von Geschäftsführer*innen
Ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt oder nicht, richtet sich danach, ob die Zahlung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem*r Gesellschafter*in einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines*r ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter*in Nichtgesellschafter*innen nicht gewährt hätte. Es ist also ein Fremdvergleich anzustellen. Ein Zeitwertkonto ist im Grundsatz mit dem Aufgabenbild und der Organstellung von Geschäftsführer*innen nicht vereinbar. Geschäftsführer*innen sind allzuständig und tragen eine Gesamtverantwortung für das Unternehmen. Die Arbeit kann nicht in Stunden pro Arbeitstag gemessen werden. Dem widerspräche eine Freistellung durch Zweitwertkonto. Dies wäre – zeitversetzt – quasi eine Abgeltung von Überstunden. Daher würden ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter*innen mit Fremdgeschäftsführer*innen eine solche Vereinbarung kaum treffen. Eine Vereinbarung zu Zeitwertkonten mit beherrschenden GGF führt deshalb in der Regel zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Doch weist das Hessische Finanzgericht darauf hin, dass aufgrund der vorgenannten Einschränkungen für GGF weder eine Bemessung der Arbeitsstunden, noch ein teilweiser Ausstieg aus der aktiven Arbeitsphase erfolgen würde. GGF könnten das Wertguthaben nur für einen vorgezogenen Ruhestand verwenden und würden dann als Geschäftsführer*in abberufen. Wirtschaftlich betrachtet würden GGF mit dem Zeitwertkonto über eigenes (künftiges) Vermögen disponieren und sich eine Altersversorgung finanzieren. Daher lehnte das Hessische Finanzgericht eine verdeckte Gewinnausschüttung ab.
Zufluss von Einnahmen bei beherrschenden GGF
Die Gehaltsumwandlung und Einzahlung in das Wertguthaben führt dann noch nicht zu einkommenssteuerpflichtigen Einnahmen der beherrschenden GGF. Die Steuerpflicht entsteht erst mit Zufluss. Dafür muss der*die Empfänger*in wirtschaftlich über das Arbeitsentgelt verfügen können. Bei beherrschenden GGF reicht es allerdings aus, wenn Zahlungen fällig sind. Ob Einzahlungen in ein Zeitwertkonto „fällige“ Vergütung sind, ließ der BFH bislang unbeantwortet. Die Fälligkeit kann aber jedenfalls durch eine wirksame und auch fremdübliche Vereinbarung aufgeschoben werden. Somit wird mit den entsprechenden Vereinbarungen zum Zeitwertkonto auch sichergestellt, dass nicht schon im Zeitpunkt der Einzahlungen ein fälliger und damit einkommenssteuerpflichtiger Anspruch besteht.
Gestaltungsvarianten für Zeitwertkonten beherrschender GGF?
Nach den Vorgaben des Hessischen Finanzgerichts muss die Nutzung von Zeitwertkonten beschränkt werden auf den Vorruhestand und GGF müssen als Geschäftsführer*in abberufen werden. Weitere Gestaltungsvarianten erscheinen problematisch. Gehaltsumwandlung beherrschender GGF Die Finanzierung der Zeitwertkonten durch Gehaltsumwandlung wird anerkannt. Unterbleiben sollten aber Gehaltsanhebungen vor Beginn der Gehaltsumwandlung. Dies würde nicht mehr einem Fremdvergleich standhalten. Dasselbe gilt für die Umwandlung des gesamten Gehalts. Teilweise Freistellungen Wird beherrschenden GGF die Möglichkeit einer teilweiser Freistellung eingeräumt, führt dies zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Denn auch ein teilweiser Ausstieg aus der aktiven Arbeitsphase ist mit der Organstellung nicht vereinbar. Allzuständigkeit von Mitgeschäftsführer*innen Die Allzuständigkeit von Geschäftsführer*innen hat der BFH bislang für Alleingeschäftsführer*innen angenommen, so dass man in Betracht ziehen könnte, bei mehreren GGF keine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen. Doch auch bei mehreren Geschäftsführer*innen bleibt der*die Geschäftsführer*in in der Gesamtverantwortung und formal umfassend zuständig (vgl. § 37 Abs. 2 GmbHG, § 43 GmbHG). Der BFH begründet die Allzuständigkeit aber damit, dass Geschäftsführer*innen die notwendigen Arbeiten auch dann erledigen müssten, wenn dies einen Einsatz außerhalb der üblichen Arbeitszeiten oder über diese hinaus erfordert. Wenn diese Arbeit aber faktisch von einem*einer anderen Geschäftsführer*in übernommen werden kann, mag auch eine Freistellung eines*r Geschäftsführer*in mit dessen*deren Aufgabenbild vereinbart erscheinen. Formalrechtliche Risken aufgrund der Geschäftsführerstellung müssten jedenfalls im Innenverhältnis der Gesellschaft geregelt werden. Allerdings hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (1 K 1381/14) die Allzuständigkeit auch bei mehreren Geschäftsführer*innen angenommen.
Zukunft der Zeitwertkonten für beherrschende GGF
Die Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts ist schlüssig und berücksichtigt die Umstände des Einzelfalles. Somit eröffnet sich auch für beherrschende GGF die Möglichkeit, von Zeitwertkonten zu profitieren. Die Entscheidung ist aber noch nicht rechtkräftig. Es wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, so dass möglicherweise der BFH ein letztes Wort spricht. Die Finanzverwaltung geht bislang davon aus, dass Vereinbarungen über die Einrichtung von Zeitwertkonten mit beherrschenden GGF ohne Ausnahmen zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen (BMF-Schreiben vom 8. August 2019, BStBl. I 2019, 874). Daher müsste ggf. auch die Finanzverwaltung ihre Auffassung überprüfen, damit solche Fälle nicht jeweils vor Gericht durchgesetzt werden müssen.