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18.11.2025

Steuerboard

Wohl doch kein Steuerklassenprivileg für ausländische Familienstiftungen

Das FG Köln hat mit Beschluss vom 30.11.2023 ein Vorabentscheidungsersuchen beim EuGH eingereicht und den EuGH gefragt, ob die Beschränkung des sogenannten Steuerklassenprivilegs nach § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG auf inländische Familienstiftungen mit der Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar ist (siehe Feldner, DB Steuerboard vom 10.04.2024, DB1460629). Am 13.11.2025 hat der EuGH nun sein Urteil hierzu verkündet.

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RA Dr. Michael Feldner, LL.M.,
ist Senior Associate bei POELLATH in Berlin

Das Steuerklassenprivileg nach § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG

Die Übertragung von Vermögen auf eine Stiftung stellt einen erbschaft- bzw. schenkungsteuerbaren Vorgang dar. Der Erwerb der Stiftung unterliegt dabei grundsätzlich dem höchstmöglichen Steuersatz von 30% bzw. sogar 50%, während der Freibetrag nur 20.000 € beträgt. Grund hierfür ist, dass die Freibeträge und der Steuersatz bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer vom Verwandtschaftsverhältnis zwischen Erwerber und Zuwender abhängen. Da es zwischen Stiftung und Stifter kein Verwandtschaftsverhältnis gibt, kommt es zur Anwendung der ungünstigsten Steuerklasse III.

Eine Ausnahme hiervon macht das Gesetz mit dem sogenannten Steuerklassenprivileg nach § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG. Danach ist für die Besteuerung der erstmaligen Vermögensausstattung einer neu errichteten Familienstiftung das Verwandtschaftsverhältnis des Stifters zum am weitesten entfernten Begünstigten zugrunde zu legen. Nach Ansicht der Finanzverwaltung kommt es für die Bestimmung der Steuerklasse auf den nach der Stiftungssatzung möglichen entferntesten Begünstigten an, auch wenn dieser im Zeitpunkt der Errichtung der Familienstiftung noch nicht unmittelbar bezugsberechtigt ist, sondern es erst im Rahmen der Generationenfolge wird. Sind als Begünstigte der Familienstiftung nur der Stifter, sein Ehepartner sowie die Abkömmlinge des Stifters eingesetzt, kommt es zur Anwendung der günstigen Steuerklasse I.

Das Steuerklassenprivileg des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG gilt allerdings nur für inländische Familienstiftungen. Im Fall der Errichtung einer ausländischen Familienstiftung durch einen in Deutschland ansässigen Stifter bleibt es daher bei der Anwendung der ungünstigen Steuerklasse III. Dies führt regelmäßig zu einer erheblich höheren Steuerbelastung für ausländische Familienstiftungen im Vergleich zu inländischen Familienstiftungen.

Verfahren vor dem FG Köln

Klägerin im Verfahren vor dem FG Köln ist eine rechtsfähige Familienstiftung mit Sitz und Geschäftsleitung im Fürstentum Liechtenstein, deren Stifterin in Deutschland steuerlich ansässig war. Die Stiftung beantragte im Rahmen ihrer Schenkungsteuererklärung die Anwendung des Steuerklassenprivilegs, was vom Finanzamt mit Verweis auf den eindeutigen Wortlaut der Norm abgelehnt wurde. Anstatt die beantragte Steuerklasse I anzuwenden, legte das Finanzamt der Besteuerung die Steuerklasse III zugrunde. Hiergegen erhob die Stiftung Klage beim FG Köln.

Das FG Köln war der Auffassung, dass der Gesetzgeber zwar einen Zusammenhang zwischen der ebenfalls nur für inländische Familienstiftungen geltenden Erbersatzsteuer und dem Steuerklassenprivileg gesehen und beabsichtigt habe. Gleichwohl hatte es Zweifel daran, ob die Beschränkung des Steuerklassenprivilegs auf inländische Familienstiftungen mit der Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar sei. Aus diesem Grund setzte das FG Köln das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor.

Entscheidung des EuGH

Die Begrenzung des Steuerklassenprivilegs auf inländische Familienstiftungen führt im Ergebnis dazu, dass der Vermögensübergang auf eine Familienstiftung mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Ausland grundsätzlich zu einer höheren steuerlichen Belastung führt, als wenn die Familienstiftung ihren Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Deutschland hätte. Diese Ungleichbehandlung von in- und ausländischen Familienstiftungen stellt nach zutreffender Ansicht des EuGH eine Beschränkung des Kapitalverkehrs dar.

Eine solche Ungleichbehandlung ist nur zulässig, wenn sie Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind und in einem angemessenen Verhältnis zur verfolgten Zielsetzung stehen.

Im Fall des Steuerklassenprivilegs kommt der EuGH zu dem überzeugenden Ergebnis, dass die Ungleichbehandlung objektiv vergleichbare Situationen betrifft. Denn im Fall der Besteuerung des Übergangs von Vermögen eines inländischen Stifters auf eine von ihm errichtete Familienstiftung ist die Situation einer inländischen Stiftung objektiv mit der Situation einer ausländischen Familienstiftung vergleichbar.

Allerdings ist die Ungleichbehandlung nach Ansicht des EuGH durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses objektiv gerechtfertigt. Im Rahmen der Regelung über die Besteuerung von Familienstiftungen bestünde ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Vorteil des Steuerklassenprivilegs für inländische Familienstiftungen und der auf das Vermögen nur dieser Stiftungen turnusmäßig zur Anwendung kommenden Erbersatzsteuer. Damit sei die Ungleichbehandlung notwendig, um die sogenannte Kohärenz des Steuersystems zu wahren. Der EuGH hält die Ungleichbehandlung zudem sowohl für geeignet als auch für erforderlich, um das verfolgte Ziel zu erreichen.

Vorbehaltlich der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit verstößt nach Auffassung des EuGH somit die Beschränkung des Steuerklassenprivilegs auf inländische Familienstiftungen nicht gegen die Kapitalverkehrsfreiheit.

Frage der Verhältnismäßigkeit

Mit dem Urteil des EuGH geht die Sache nun wieder zurück zum FG Köln. Das FG Köln muss nunmehr prüfen, ob die Beschränkung des Steuerklassenprivilegs auf inländische Familienstiftungen verhältnismäßig ist.

Der EuGH hat allerdings auch hierzu bereits eine klare Aussage getroffen. Nach seiner Ansicht erscheint es zum einen, da Deutschland keine Steuerhoheit über ausländische Familienstiftungen hat, im Hinblick auf das besagte Ziel verhältnismäßig, den Vorteil einer günstigeren Steuerklasse auf Situationen zu beschränken, in denen der Vermögensübergang auf eine Familienstiftung zu einer Folgebesteuerung mit der Erbersatzsteuer führen kann. Zum anderen deute nichts in der dem EuGH vorliegenden Akte darauf hin, dass die Anwendung der in Rede stehenden Regelung über die Zeit betrachtet systematisch zu einer offensichtlich höheren steuerlichen Belastung für Vermögensübergänge auf ausländische Familienstiftungen führen würde, was, wenn dem so wäre, die Verhältnismäßigkeit dieser Regelung in Frage stellen würde.

Ausblick

Der EuGH folgt in seiner Entscheidung dem Schlussantrag des zuständigen Generalanwalts. Dieser hatte bereits die Beschränkung des Steuerklassenprivilegs auf inländische Familienstiftungen als „symmetrisches Gegenstück“ zur Erbersatzsteuer bezeichnet. Dagegen wurde in der Literatur die Ungleichbehandlung von inländischen und ausländischen Familienstiftungen schon seit langem als unionsrechtswidrig kritisiert. Auch das Hessische FG (Gerichtsbescheid vom 07.03.2019 – 10 K 541/17) hielt eine Ausweitung des Steuerklassenprivilegs auch auf ausländische Familienstiftungen für europarechtlich geboten und eine Vorlage an den EuGH nicht für erforderlich.

Formal liegt zwar noch die Aufgabe der Prüfung der Verhältnismäßigkeit beim FG Köln. Aufgrund der klaren Aussagen vom EuGH zu dieser Frage ist allerdings davon auszugehen, dass das FG Köln dem EuGH folgend die Verhältnismäßigkeit als gewahrt ansehen wird. Der Klägerin verbleibt wohl nur noch die vom EuGH explizit aufgezeigte Möglichkeit, eine auf Zeit gesehen offensichtlich höhere steuerliche Belastung für Vermögensübergänge auf ausländische Stiftungen nachzuweisen. Es bleibt abzuwarten, ob ihr dies gelingen wird.

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