Ein abendlicher Gaststättenbesuch einer Gruppe von Rehabilitanden außerhalb der Reha-Einrichtung ist dem privaten Bereich zuzuordnen, da nicht die Förderung des Kurerfolgs, sondern private Geselligkeit im Vordergrund steht. Ein dabei erlittener Unfall unterfällt nicht dem Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung, so das LSG Baden-Württemberg.
Geklagt hatte eine 53-jährige Frau, die wegen einer psychischen Erkrankung (Anpassungsstörung) im Herbst 2016 für drei Wochen zur Kur war. An einem Samstagabend war sie mit einigen Mitrehabilitanden in einer Gaststätte außerhalb der Reha-Klinik. Auf dem Rückweg stolperte sie, fiel auf die linke Hand und brach sich den linken Ringfinger. Bei der beklagten Verwaltungs-Berufsgenossenschaft beantragte sie die Anerkennung als Arbeitsunfall. Sie machte geltend, der Ausflug sei Teil der Therapie gewesen und von den Ärzten der Klinik empfohlen worden.
Keine Anerkennung eines Arbeitsunfalls
Die Berufsgenossenschaft fragte in der Klinik nach und erhielt die Auskunft, der abendliche Ausflug habe zur privaten Freizeitgestaltung der Rehabilitanden gehört und sei ärztlicherseits nicht verordnet worden. Die Patienten bekämen lediglich die allgemeine Empfehlung, Freizeitaktivitäten zusammen mit Mitpatienten ihrer Bezugsgruppe zu unternehmen. Die Gruppe sei auch nicht von medizinischem bzw. therapeutischem Fachpersonal der Klinik begleitet worden. Hierauf gestützt, lehnte die Unfallversicherung die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Widerspruch und Klage blieben erfolglos.
Freizeitrisiken sind nicht versichert
Auch die Richter des Landessozialgerichts Baden-Württemberg gaben der Berufsgenossenschaft mit Urteil vom 23.03.2018 (L 8 U 3286/17) recht. Zwar stehen Personen, die auf Kosten eines Rehabilitations-Trägers Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gilt aber nicht für jedwede Aktivität während der Kur, sondern nur, wenn ein spezifischer sachlicher Zusammenhang gerade zu den durchgeführten Reha-Maßnahmen besteht. Risiken, die einem Versicherten in dessen Freizeit begegnen, sind, wie auch zu Hause, nicht vom Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst.
Eine Empfehlung ersetzt nicht die ärztliche Anordnung
Maßgeblich für den Senat war, dass der Ausflug nicht speziell der stationären Behandlung diente und auch nicht auf den Rehabilitationszweck ausgerichtet war. Die Klägerin durfte die allgemeine Empfehlung zu Freizeitaktivitäten auch nicht entsprechend verstehen und hat dies auch nicht getan. Vorrangige Ziele und Zwecke des Ausflugs waren Entspannung, Genusserleben durch Essen und Trinken und Geselligkeit in „heimeliger Atmosphäre“ – wie die Klägerin selbst den Wirtshausbesuch beschrieben hatte. Der Spaziergang, die Einkehr in die Gaststätte und der anschließende Rückweg zur Reha-Klinik waren nicht ärztlich angeordnet oder therapeutisch überwacht und begleitet. Alleine die Empfehlung der Klinik, an solchen eigeninitiierten Aktivitäten teilzunehmen, ersetzt nicht die ärztliche Anordnung, Betreuung oder Überwachung. Irgendwelche Unterstützungsmaßnahmen seitens der Reha-Klinik wurden ebenfalls nicht unternommen, sondern das „ob“, das „wann“, das „wie“ und das „wohin“ dieser Aktivität war allein Sache der Eigeninitiative der Rehabilitanden.
(LSG Baden-Württemberg, PM vom 17.04.2018 / Viola C. Didier)