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22.08.2019

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Wie lang ist „sehr lang“? – Das BAG und die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverhältnissen bei Vorbeschäftigung

Zeit ist relativ, und auch über die Frage, wann ein Ereignis schon "sehr lang" zurückliegt, lässt sich trefflich philosophieren. Nach drei Entscheidungen des BAG aus diesem Jahr wissen wir zumindest so viel: Soweit es um eine Vorbeschäftigung im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG geht, sind acht Jahre und neun Monate kein sehr langer Zeitraum, 22 Jahre dagegen schon.

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Ausgangslage

Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) lässt die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsverhältnisses nur bis zur Dauer von zwei Jahren zu und dies auch nur dann, wenn mit demselben Arbeitgeber nicht „bereits zuvor“ ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Die Diskussion um den Begriff „bereits zuvor“ geht bereits auf das Jahr 2011 zurück. Damals hatte das BAG diese Voraussetzung sehr frei als „innerhalb der letzten drei Jahre“ interpretiert. Das Bundesverfassungsgericht erklärte diese Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG im vergangenen Jahr für verfassungswidrig. Es betonte aber zugleich, dass ein generelles Verbot der sachgrundlosen Befristung wegen Vorbeschäftigung für den Arbeitgeber gleichermaßen unzumutbar sein könne, wenn z.B. die Vorbeschäftigung sehr lang zurückliege, ganz anders geartet oder von sehr kurzer Dauer gewesen sei.

Von „bereits zuvor“ zu „sehr lang zurückliegend“…

Damit lag es nun am BAG, den Begriff der „sehr lang zurückliegenden Beschäftigungsdauer“ zu konkretisieren. Die erste Gelegenheit dazu bot sich im Januar 2019, als das Gericht eine achtjährige Unterbrechung zwischen dem Ende der ersten Beschäftigung und dem späteren, befristet abgeschlossenen Arbeitsverhältnis nicht ausreichen ließ (BAG vom 23.01.2019 – 7 AZR 733/16). Eine weitere Entscheidung aus März 2019 ergab, dass auch weitere neun Monate einen langen Zeitraum noch nicht zu einem „sehr langen“ machen (BAG vom 20.03.2019 – 7 AZR 409/16). Seitdem wissen wir schon etwas genauer, welcher Zeitraum nicht ausreichend ist. Unbeantwortet blieb dagegen die gleichermaßen bedeutsame Frage, wie lange die Vorbeschäftigung denn zurückliegen muss, damit erneut eine sachgrundlose Befristung vereinbart werden darf. In seiner jüngsten Entscheidung grenzt das BAG dies nun auch von oben ein: 22 Jahre zwischen Vorbeschäftigung und erneuter Einstellung sind dann doch zu viel (BAG vom 21.08.2019 – 7 AZR 452/17).

… und weiter zu den „besonderen Fällen“

Die Freude währt allerdings nur bis zum letzten Satz der jüngsten Pressemitteilung. Denn in ihrem August-Urteil lassen sich die Erfurter Richter ein Hintertürchen offen und deuten an, dass unter „besonderen Umständen“ auch ein derart langer (oder besser: sehr langer…) Zeitraum nicht ausreichen könnte. Auf die Ausführungen des BAG, welche besonderen Umstände dies sein könnten, warten wir gespannt. Gleichwohl kann als grobe Faustregel für sachgrundlose Befristungen zurzeit ausgegeben werden: Vorbeschäftigungen aus der Zeit der Kohl’schen Kanzlerschaft sind nicht zu berücksichtigen; die Grenze liegt irgendwo zwischen Schröder und Merkel.

Zudem: Vorbeschäftigung bei Vertragsarbeitgeber

Interessant an der Entscheidung aus März sind darüber hinaus die Ausführungen des BAG zu „demselben Arbeitgeber“. Diese Voraussetzung interpretiert das Gericht ganz klassisch als den Vertragsarbeitgeber, d.h. die natürliche oder juristische Person, mit der der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag abgeschlossen hat. Die beklagte Bundesrepublik Deutschland hatte damit im zu entscheidenden Fall das Nachsehen, obwohl der klagende Arbeitnehmer zunächst im Bundesamt für den Zivildienst und später im Geschäftsbereich der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien beschäftigt war. Zwar unterstanden beide Behörden dem Zuständigkeitsbereich unterschiedlicher Ministerien mit eigener Ressortkompetenz und Personalhoheit. Formaler Arbeitgeber war jedoch jeweils die Bundesrepublik Deutschland. Und im Fall des obsiegenden Arbeitnehmers wird sie dies wohl auch auf absehbare – vielleicht sogar auf „sehr lange“ – Zeit bleiben.


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