Etwa 2.500 Niederlassungen deutscher Unternehmen gibt es in Großbritannien, in die auch zahlreiche Mitarbeiter aus Deutschland entsandt sind. Umgekehrt arbeiten tausende britische Entsandte in den 3.000 UK-Niederlassungen in der Bundesrepublik. Was bedeutet der Austritt Großbritanniens aus der EU für die Entsendepraxis und die Expats?
Expats in Großbritannien sowie britische Arbeitnehmer in Deutschland sollten bereits erworbenen Rentenansprüche beziehungsweise Wartezeiten zeitnah bei den jeweiligen Behörden dokumentieren lassen. Noch legt das europäische Recht fest, dass im EU-Ausland erworbene Anwartschaften und Wartezeiten in der Sozialversicherung zusammengerechnet werden. Wer also beispielsweise in England oder Frankreich und natürlich in Deutschland Rentenversicherungszeiten erworben hat, kann diese problemlos addieren lassen, so dass keine Versorgungslücke entsteht. Es bleibt abzuwarten, ob es diese Möglichkeit künftig noch geben wird.
Deutsch-Britisches Sozialversicherungsabkommen
Bis der Brexit vollzogen ist, gilt für Mitarbeiterentsendungen nach Großbritannien die EU-Verordnung VO (EG) 883/2004. Danach wird vermutlich das deutsch-britische Sozialversicherungsabkommen (SVA) Anwendung finden. Dieses stammt aus dem Jahr 1960 und wurde bis zum EG-Eintritt Großbritanniens am 1. April 1973 bei Entsendungen nach und aus Großbritannien angewandt und ist nach wie vor aktiv.
Die bekannte Entsendepraxis wird sich zwangsläufig ändern
Aufenthaltsrechtlich stellt sich in der Zukunft vor allem ein neues Problem mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit. Wer im Vereinigten Königreich beschäftigt ist, erfüllt die Visa-Voraussetzungen nicht, die für Arbeitnehmer außerhalb der EU gelten. Diese Tendenz könnte steigen, sobald im April 2017 neue, verschärfte Visa-Regeln für ausländische Bewerber in Kraft treten. Aus steuerrechtlicher Sicht sei noch abzuwarten, ob das bereits existierende Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) angefasst wird. Tatsache ist: Die bekannte Entsendepraxis wird sich zwangsläufig ändern.
Großbritannien wird bei Entsendungen ein „Drittstaat“
Ein weiteres Problem, das auf entsendende Unternehmen zukommen wird: In der Praxis stellt sich das Vereinigte Königreich bei Mitarbeiterentsendungen wie ein so genannter Drittstaat dar, also praktisch zum Beispiel wie China oder Indien. Das bedeutet, dass sich Personaler in den Global-Mobility-Abteilungen in komplett neues Rechtssystem werden einarbeiten müssen.
(Bund der Auslands-Erwerbstätigen (BDAE) e.V., PM vom 27.06.2016/ Viola C. Didier)