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22.10.2025

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Wegzug aus Deutschland: 8 Themen, die Sie beachten sollten

Ob aus privaten oder beruflichen Gründen – ein Wegzug aus Deutschland kann eine Reihe von Fragen aufwerfen. Nachfolgend finden Sie einen kompakten Überblick über 8 Themen, die Sie bei einem Wegzug aus Deutschland beachten sollten. Zu einigen Aspekten empfiehlt sich eine (steuer-)rechtliche Beratung.

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StBin Nikola Dieterich
ist Senior Associate bei POELLATH in Berlin

I. Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht

Um nicht weiterhin in Deutschland mit dem Welteinkommen steuerpflichtig zu sein, muss zwingend Ihr Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt aufgegeben werden.

1. Aufgabe des Wohnsitzes nach § 8 AO

Zur Aufgabe Ihres Wohnsitzes dürfen Sie keine Wohnung mehr in Deutschland innehaben, die darauf schließen lässt, dass Sie diese zu Wohnzwecken beibehalten und benutzen werden. Eine Wohnung, die Ihnen jederzeit als Bleibe zur Verfügung steht (auch das immer gleiche Hotelzimmer), ist somit zwingend aufzugeben (Ausnahme: Fremdvermietung des Immobilieneigentums). Konkret ist hierfür die Kündigung des Mietvertrags und aller damit zusammenhängenden Verträge, eine Schlüsselübergabe samt Übergabeprotokoll sowie die Abmeldung bei der Meldebehörde erforderlich.

2. Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthalts nach § 9 AO

Für die Beendigung des gewöhnlichen Aufenthalts müssen objektive Umstände aufzeigen, dass sich Ihr privater und beruflicher Lebensmittelpunkt im Ausland befindet. Hierfür sollten Sie sich die folgenden sechs Monate nach dem Wegzug möglichst ausschließlich im Ausland aufhalten. Aufenthalte in Deutschland sollten so kurz wie möglich und keinesfalls länger als drei Wochen andauern. Zudem sollten Sie sämtliche Vertragsbeziehungen, die auf eine Rückkehr nach Deutschland hindeuten (z.B. Fitnessstudio- oder Vereinsmitgliedschaften und Handyverträge), kündigen und persönliche Gegenstände nicht in Deutschland belassen.

II. Prüfung einer etwaigen Entstrickungs- bzw. Wegzugsbesteuerung

Sollten Sie Beteiligungen an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft halten, ist unbedingt zu prüfen, ob durch Ihren Wegzug möglicherweise eine Entstrickungs- bzw. Wegzugsbesteuerung ausgelöst wird.

1. Entstrickungsbesteuerung nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG

Bei einer Beteiligung an einer Personengesellschaft ist für Ihren Wegzug zu prüfen, ob das deutsche Besteuerungsrecht an den im Inland entstandenen stillen Reserven eingeschränkt wird. Dies ist der Fall, sofern Sie eine (Geschäftsleitungs-)Betriebsstätte der Personengesellschaft im Ausland begründen, sodass alle oder ein Teil der Wirtschaftsgüter nicht mehr der inländischen, sondern ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind.

Zur Vermeidung einer Entstrickungsbesteuerung ist somit zumindest aus deutscher Sicht nach § 12 AO sicherzustellen, dass keine feste Geschäftseinrichtung oder Anlage im Ausland errichtet wird und die tatsächlichen und alltäglichen Geschäftsführungsentscheidungen (z.B. Erbringung von Beratungs- und Managementdienstleistungen, Abschluss von Verträgen etc.) weiterhin aus Deutschland heraus getroffen werden, bspw. auch durch Einsetzung eines Fremdgeschäftsführers.

2. Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG

Auch bei einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist bei einem Wegzug zu prüfen, ob das deutsche Besteuerungsrecht an den im Inland entstandenen stillen Reserven eingeschränkt wird. Dies ist unter anderem der Fall, sofern Sie Ihre innerhalb der letzten 12 Jahre mind. 7 Jahre in Deutschland bestehende unbeschränkte Steuerpflicht aufgeben (siehe I.) und eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung zu mind. 1% an einer Kapitalgesellschaft halten (zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb der letzten 5 Jahre). Seit dem 01.01.2025 gilt dies entsprechend für eine Beteiligung an einem Investmentfonds oder sofern mind. 500.000 € für die Anschaffung der Investmentanteile aufgewendet wurden!

Die Wegzugsbesteuerung kann vermieden werden, sofern Sie innerhalb von 7 Jahren nach Deutschland zurückkehren und gewisse Behaltensfristen einhalten (sog. Rückkehrregelung). Alternativ könnten Sie Ihre Anteile an der Kapitalgesellschaft in eine geschäftsleitende Holding-Personengesellschaft einbringen, die in Deutschland eine Betriebsstätte unterhält. Voraussetzung hierfür ist, dass die Holding tatsächlich originär gewerblich ist und über ausreichend Substanz verfügt (aktives Beteiligungsmanagement, Erbringung konzernweiter Dienstleistungen, Beschäftigung von eigenem Personal etc.). Eine andere Möglichkeit ist die Übertragung der Anteile an der Kapitalgesellschaft auf eine Familienstiftung unter Anwendung der Befreiungsvorschriften nach dem ErbStG.

III. Erweitert unbeschränkte Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) ErbStG

Zudem sollten Sie unbedingt beachten, dass Sie als deutsche(r) Staatsangehörige(r) weitere 5 Jahre seit Beendigung Ihrer unbeschränkten Steuerpflicht (siehe I.) der erweitert unbeschränkten Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht in Deutschland unterliegen. Bei einem Wegzug in die USA verlängern sich die 5 Jahre sogar auf 10 Jahre (Art. 4 Abs. 1 DBA USA-ERB 2000). Somit ist innerhalb dieser 5 bzw. 10 Jahre jede Schenkung bzw. Erbschaft von bzw. an Sie vollständig in Deutschland zu besteuern. Dem Finanzamt ist dies innerhalb von drei Monaten anzuzeigen (§ 30 ErbStG).

IV. Erweitert unbeschränkte Einkommensteuerpflicht nach § 2 AStG

Zudem unterliegen Sie weitere 10 Jahre mit ihrem Welteinkommen der erweitert unbeschränkten Einkommensteuerpflicht in Deutschland, sofern Sie als deutsche(r) Staatsangehörige(r) insgesamt mind. 5 Jahre unbeschränkt steuerpflichtig waren, Ihr Wegzug in ein Niedrigsteuerland stattfindet und Sie wesentliche wirtschaftliche Interessen in Deutschland beibehalten.

V. Beschränkte Einkommensteuerpflicht nach § 49 EStG

Sollten Sie nach Ihrem Wegzug weiterhin Einkünfte aus Deutschland beziehen, können diese unter die beschränkte Steuerpflicht nach § 49 EStG fallen. Ein Wechsel von unbeschränkter zu beschränkter Steuerpflicht ist dem Finanzamt unverzüglich mitzuteilen (§ 39 Abs. 7 EStG).

VI. Neubewertung der Vermögenswerte durch einen sog. Step-up

In einigen Ländern ist bei Zuzug eine steuerliche Neubewertung der Vermögenswerte auf den aktuellen Marktwert (sog. Step-up) möglich und sogar üblich. Dies kann von Vorteil sein, da die vor dem Zuzug entstandenen stillen Reserven möglicherweise nicht mehr besteuert werden. Ohne einen Step-up müssen künftige Wertsteigerungen voraussichtlich seit dem ursprünglichen Kaufpreis versteuert werden. Ob ein steuerlicher Step-up bei Zuzug möglich und ratsam ist, hängt somit maßgeblich vom jeweiligen Zielland sowie der Art Ihrer Vermögenswerte ab.  

VII. Vorsorgedokumente

Wenn Sie aus Deutschland wegziehen, sollten Sie Ihre Vorsorgedokumente (Testament, Patientenverfügung, Vollmachten) überprüfen. Sofern keine Rechtswahl getroffen wurde, gilt mit Ihrem Wegzug in der Regel ausländisches Erbrecht. Unter Umständen sind nach deutschem Recht errichtete Vorsorgedokumente oder einzelne Bestimmungen unwirksam.

VIII. Organisatorisches

Letztlich sollten Sie gewisse organisatorische Tätigkeiten beachten. Beispielweise müssen Sie für Ihre Gesellschaften, bei denen Sie Geschäftsführer bzw. Gesellschafter sind, die Änderung Ihres Wohnortes in den jeweiligen Handelsregistern veranlassen. Hierfür ist eine notarielle Beglaubigung notwendig.

Ferner sollten Sie Ihre Banken, Ihre Familienkasse und die GEZ über Ihren Wegzug aus Deutschland informieren und mit Ihren Sozialversicherungen abklären, ob ggf. der Abschluss einer Anwartschaft oder freiwilligen Weiterversicherung zielführend ist. Als deutsche Staatsangehörige könnten Sie sich zudem in das Wählerverzeichnis eintragen lassen, um an der nächsten Bundestagswahl teilzunehmen. Weiterhin ist die Einrichtung eines Nachsendeauftrags bei der Deutschen Post zu empfehlen.


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