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31.10.2023

Steuerboard

Wachstumschancengesetz: Geplante Änderungen für den steuerlichen Zinsabzug bei Investmentstrukturen

Nach dem Referentenentwurf des BMF vom 14.07.2023 für ein Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz) hat das Bundeskabinett am 30.08.2023 den entsprechenden Regierungsentwurf beschlossen und damit das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet. Durch das Gesetz soll unter anderem der steuerliche Zinsabzug in Form von Anpassungen an der sog. Zinsschranke (§ 4h EStG) sowie der Einführung einer Zinshöhenschranke (§ 4l EStG-E) reformiert werden. Neben schwerwiegenden Folgen für Immobilieninvestments (siehe dazu Fischer, Steuerboard vom 24.10.2023) haben die geplanten Änderungen auch weitreichende Folgen für Investmentstrukturen, wie man sie zum Beispiel aus der Private Equity- oder Venture Capital-Branche kennt. Daher soll im Nachfolgenden auf die geplanten Änderungen und deren Folgen für gängige Investmentstrukturen eingegangen werden.

Wachstumschancengesetz: Geplante Änderungen für den steuerlichen Zinsabzug bei Investmentstrukturen

StB/Tax Advisor Tobias Deschenhalm
Senior Associate bei POELLATH in München

Erweiterung des Zinsbegriffs der Zinsschranke

Bislang qualifizierten nach dem Wortlaut des Gesetzes nur „Vergütungen für Fremdkapital“ als Zinsaufwand im Sinne der Zinsschranke. Das BMF hatte den Begriff der Zinsaufwendungen in seinem Schreiben vom 04.07.2008 bereits weiter ausgelegt und zählte zu den Zinsaufwendungen auch „Vergütungen, die zwar nicht als Zins berechnet werden, aber Vergütungscharakter haben (z.B. Damnum, Disagio, Vorfälligkeitsentschädigungen, Provisionen und Gebühren, die an den Geber des Fremdkapitals gezahlt werden)“.

Nach dem Regierungsentwurf soll nunmehr auch der Wortlaut des Gesetzes angepasst werden, um den Zinsbegriff zu erweitern. Erfasst werden sollen zukünftig neben den Vergütungen für Fremdkapital auch „wirtschaftlich gleichwertige Aufwendungen und sonstige Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Fremdkapital i.S.d. Art. 2 Abs. 1 ATAD“. Damit sollen beispielsweise Bereitstellungszinsen oder Arrangement Fees zukünftig ebenfalls von den „Zinsaufwendungen“ im Sinne der Zinsschranke erfasst sein.

Für Strukturen, bei welchen substanziell Fremdkapital aufgenommen wird, bedeutet dies, dass zukünftig auch die Gebühren, die im Zusammenhang mit der Aufnahme des Fremdkapitals entstehen, ebenfalls als Zinsaufwendungen i.S.d. Zinsschranke qualifizieren. Somit können weniger tatsächliche Zinsaufwendungen steuerlich geltend gemacht werden. Zu befürworten wäre allerdings in diesem Zusammenhang, dass diese Vergütungen nicht vollständig im ersten Jahr den Zinsaufwand erhöhen, sondern vielmehr über die Laufzeit des Fremdkapitals abzugrenzen und nur anteilig jährlich bei der Berechnung der Zinsschranke zu berücksichtigen sind.

Änderungen bei den Ausnahmeregelungen der Zinsschranke

Die Regelung des § 4h EStG sieht drei Ausnahmen von der Anwendung der Zinsschranke vor:

  • die Freigrenze i.H.v. 3 Mio. €,
  • den Konzern-Escape und
  • den Eigenkapitalquotenvergleich.

Während im Referentenentwurf noch unter anderem die Änderung der 3-Mio.-€-Freigrenze in einen Freibetrag i.H.v. 3 Mio. € und die Streichung der anderen beiden Ausnahmen vorgesehen war, enthält der Regierungsentwurf nunmehr folgende Änderungen in diesem Zusammenhang:

3-Mio.-€-Freigrenze

Die 3-Mio.-€-Freigrenze bleibt eine Freigrenze. Allerdings soll eine Anti-Fragmentierungsregelung eingeführt werden, nach welcher gleichartige Betriebe, die unter der einheitlichen Leitung einer Person oder Personengruppe stehen oder auf deren Leitung dieselbe Person oder Personengruppe unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann, für Zwecke der Zinsschranke nunmehr als ein Betrieb gelten. Die 3-Mio.-€-Freigrenze ist dadurch bei Erfüllung der zuvor genannten Voraussetzungen nur einmal anzuwenden und auf die gleichartigen Betriebe entsprechend dem Verhältnis der Nettozinsaufwendungen aufzuteilen.

Bei Investmentstrukturen, hinter welchen dieselben Eigentümer stehen (z.B. PE-/Venture Fonds), könnte daher die Anti-Fragmentierungsregelung grundsätzlich zur Anwendung kommen, sodass anstatt mehrfacher Verwendung der 3-Mio.-€-Freigrenze bei verschiedenen Portfoliogesellschaften diese nur noch einmal für alle Investments zur Anwendung kommen könnte. In solchen Strukturen wird es insbesondere auf die Beurteilung der Gleichartigkeit ankommen. Hierfür verweist die Gesetzesbegründung auf § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG. Nach der Rechtsprechung hierzu kommt es dabei auf die Gleichartigkeit der „wirtschaftlichen Tätigkeiten“ der Betriebe an, welche den jeweiligen Betrieb prägen. Daneben kann eine Gleichartigkeit allerdings auch dann vorliegen, wenn sich die Tätigkeiten zwar unterscheiden, aber einander ergänzen. Ein solches Ergänzen/Unterstützen muss allerdings stets in beide Richtungen erfolgen.

Bei einem diversifizierten Fonds mit Portfoliogesellschaften, welche in den unterschiedlichsten Bereichen tätig sind, sollte die Gleichartigkeit allerdings nicht gegeben sein, sodass die Antifragmentierungsregelung hier nicht zur Anwendung kommen sollte. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll die Regelung vielmehr bei z.B. Immobilieninvestments greifen (siehe hierzu auch Fischer, Steuerboard vom 24.10.2023).

Konzern-Escape und Eigenkapitalquotenvergleich

Die beiden weiteren Ausnahmeregelungen sollen entgegen der Fassung des Referentenentwurfs bestehen bleiben. Der Konzern-Escape soll in der Weise angepasst werden, dass dieser nur noch in Anspruch genommen werden kann, wenn der Steuerpflichtige keiner Person i.S.d. § 1 Abs. 2 (bei Personengesellschaften i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2) AStG nahesteht und über keine Betriebsstätte außerhalb des Staates verfügt, in dem sich sein Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt, Sitz oder seine Geschäftsleitung befindet.

Beim Eigenkapitalquotenvergleich soll § 8a Abs. 3 KStG in der Weise geändert werden, dass

  • die maßgebliche Beteiligungsgrenze auf „mindestens 25%“ von bislang „mehr als 25%“ abgesenkt wird und
  • die Vergütungen für Fremdkapital der einzelnen qualifiziert beteiligten Gesellschafter bei Prüfung der 10-%-Grenze zur schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung zusammenzurechnen sind.

Verschärfung bei Anfallen eines Zinsvortrags

Alle drei oben genannten Ausnahmen von der Zinsschrankenregelung sollen nach dem Gesetzesentwurf nicht mehr zur Anwendung kommen, soweit die Zinsaufwendungen eines Jahres aufgrund eines Zinsvortrags aus Vorjahren erhöht wurden. Dies führt dazu, dass ein Zinsvortrag nur noch durch ein ausreichendes verrechenbares EBITDA abgebaut werden kann, aber nicht z.B. im Rahmen der 3-Mio.-€-Freigrenze.

Einführung einer Zinshöhenschranke (§ 4l EStG)

Darüber hinaus sieht der Regierungsentwurf neben den Änderungen bei der Zinsschranke auch eine Neuregelung zur Begrenzung des Zinsabzugs, die sog. Zinshöhenschranke, vor.

Die Zinshöhenschranke soll für den Abzug von Zinsaufwendungen aufgrund einer Geschäftsbeziehung zwischen nahestehenden Personen/verbundenen Unternehmen gelten und dabei auf Fälle beschränkt sein, in denen der Gläubiger in dem Staat, in dem er seinen Sitz oder seine Geschäftsleitung hat, keiner wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Ist der Anwendungsbereich der Regelung eröffnet, soll der Abzug der Zinsaufwendungen auf einen Höchstsatz i.H.d. um 2 Prozentpunkte erhöhten Basiszinssatzes nach § 247 BGB begrenzt sein. Bei dem aktuellen Basiszinssatz von 3,62% (Stand: 01.07.2023) beträgt der Höchstsatz somit 5,62%. Soweit dieser Zinssatz überschritten wird, soll der Abzug der Zinsaufwendungen untersagt werden.

Da üblicherweise und aufgrund der aktuellen Zinsstruktur die vereinbarten Zinssätze oberhalb der 5,62% liegen werden, sind die bestehenden und zukünftigen Finanzierungsstrukturen auch im Hinblick auf diese Neuregelung zu analysieren. Helfen kann hier wohl lediglich ein vom Gesetz vorgesehener Nachweis, dass sowohl der Gläubiger als auch die oberste Muttergesellschaft das Kapital bei sonst gleichen Umständen jeweils nur zu einem über dem Höchstsatz liegenden Zinssatz hätten erhalten können. Den Steuerpflichtigen ist in diesem Zusammenhang zu raten, entsprechende Vergleichsangebote einzuholen, die einen solchen höheren Zins dokumentieren.

Allerdings hat sich der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 20.10.2023 gegen die Einführung der Zinshöhenschranke ausgesprochen und schlägt vielmehr eine Erweiterung des § 1 AStG vor, sodass die Zinshöhenschranke im Endeffekt nur auf grenzüberschreitende Darlehensbeziehungen im Rahmen eines Fremdvergleichs Anwendung finden würde.

Fazit

Die geplanten Änderungen sollen erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden sein, die nach dem Tag des Gesetzesbeschlusses des Deutschen Bundestags beginnen und nicht vor dem 01.01.2024 enden. In der Regel (bei kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr) werden die geänderten Regelungen somit erstmals für das am 01.01.2024 beginnende Kalenderjahr Anwendung finden.

Entgegen dem Titel der Gesetzesinitiative (Wachstumschancengesetz) wird durch die geplanten Änderungen der Zinsschranke und der Einführung der Zinshöhenschranke eine klare Verschärfung der steuerlichen Abzugsmöglichkeit von Zinsaufwendungen herbeigeführt. Bestehende wie auch zukünftige Investmentstrukturen und deren zugrunde liegende Finanzierungsstrukturen sollten daher im Hinblick auf die bevorstehende Gesetzesreform analysiert werden, sodass Zinsaufwendungen und Zinserträge entsprechend strukturiert werden, um ein höchstmögliches Tax-Shield zu generieren.

Es bleibt letztlich abzuwarten, ob im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens nochmals weitere Änderungen an den hier diskutierten Normen vorgenommen werden.

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