Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat für einen Gemeinschaftsbetrieb von Postbanken entschieden, dass es dort keine Pflicht zum Tragen einer dienstlichen Krawatte bei hohen Temperaturen gibt.
Die gemeinsame Einigungsstelle zum Thema Gesundheitsschutz von 86 Postbank-Filialen (Gemeinschaftsbetrieb) mit örtlichem Betriebsrat hatte festgelegt, dass die Mitarbeiter an kalten Tagen an die Dienstkleidung angepasste Pullover tragen dürfen. Bei Raumtemperaturen über 30 Grad dürfen die Mitarbeiter auf das Tragen von Krawatten verzichten. Unternehmensweit besteht zwischen dem Postbank-Gemeinschaftsbetrieb und dem Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur Unternehmensbekleidung, die die Mitarbeiter zum Tragen von Unternehmensbekleidung verpflichtet. Zu einer kompletten Unternehmensbekleidung gehört mindestens Hemd/Bluse sowie Hose/Rock und Krawatte.
Wer ist zuständig?
Der Postbank-Gemeinschaftsbetrieb hat daher den Spruch der Einigungsstelle beim Arbeitsgericht angefochten. Dessen Regelung sei unwirksam. Der Betriebsrat habe auch im Rahmen des Gesundheitsschutzes keine Regelungszuständigkeit über Unternehmensbekleidung. Diese stehe ausschließlich dem Gesamtbetriebsrat zu. Das Arbeitsgericht entsprach dem Antrag. Hiergegen legte der Betriebsrat Beschwerde beim Landesarbeitsgericht ein. Der Gesamtbetriebsrat wurde am Verfahren beteiligt.
Gesamtbetriebsrat zuständig, aber …
Das Landesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 21.10.2015 (Az. 4 TaBV 2/15) die Entscheidung des Arbeitsgerichts abgeändert und die Anträge der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Die Richter gehen davon aus, dass der Gesamtbetriebsrat regelungszuständig war für die Frage einer einheitlichen Unternehmensbekleidung gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Auch ist das Landesarbeitsgericht der Auffassung, dass dem örtlichen Betriebsrat eine Regelungszuständigkeit für Fragen des Gesundheitsschutzes bei hohen oder niedrigen Raumtemperaturen zustand gem. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG.
… kein Grundsatz der Zuständigkeitstrennung
Das Landesarbeitsgericht konnte jedoch anders als das Arbeitsgericht und entgegen der Rechtsauffassung der Arbeitgeberin vorliegend keinen Anwendungsfall des sog. Grundsatzes der Zuständigkeitstrennung erkennen, welcher besagt, dass innerhalb eines Mitbestimmungstatbestandes des Betriebsverfassungsgesetzes nur ein Gremium regelungszuständig sein kann. Vielmehr handelt sich um zwei verschiedene Mitbestimmungstatbestände, die lediglich in einem kleinen Teilbereich der Arbeitsbekleidung Überschneidungen haben. Diese überschneidende Zuständigkeit des Betriebsrats ist hinzunehmen, zumal die einheitliche Bekleidungsordnung als solche vom Betriebsrat nicht in Frage gestellt wird.
(LAG Baden-Württemberg / Viola C. Didier)