• Home
  • /
  • Meldungen
  • /
  • Verkäufer haften nicht für Kundenbewertungen

21.02.2020

Meldung, Wirtschaftsrecht

Verkäufer haften nicht für Kundenbewertungen

Beitrag mit Bild

©Sikov/fotolia.com

Der BGH hat entschieden, dass den Anbieter eines auf der Online-Handelsplattform Amazon angebotenen Produkts für Bewertungen des Produkts durch Kunden grundsätzlich keine wettbewerbsrechtliche Haftung trifft.

Im Streitfall hatte ein Wettbewerbsverein einen Kinesiologie-Tapes-Händler verklagt. Er hatte Produkte in der Vergangenheit damit beworben, dass sie zur Schmerzbehandlung geeignet seien, was jedoch medizinisch nicht nachweisbar ist. Er hat deshalb 2013 gegenüber dem Wettbewerbsverein eine Unterlassungserklärung abgegeben. Der Händler bietet die Produkte auch bei der Online-Handelsplattform Amazon an. Unter diesem Angebot waren Kundenrezensionen abrufbar, die u. a. die Hinweise „schmerzlinderndes Tape!“, „Schnell lässt der Schmerz nach“, „Linderung der Schmerzen ist spürbar“ etc. enthielten. Der Wettbewerbsverein forderte vom Hersteller die Zahlung der Vertragsstrafe. Die Löschung der Kundenrezensionen lehnte Amazon auf Anfrage ab.

Keine wettbewerbsrechtliche Haftung für Bewertungen

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es bestehe kein Anspruch aus § 8 Abs. 1, § 3a UWG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 HWG. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Zwar seien die in den Kundenrezensionen enthaltenen gesundheitsbezogenen Angaben irreführend. Sie stellten aber keine Werbung dar. Zumindest wäre eine solche Werbung dem Händler nicht zuzurechnen.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Klägers mit Urteil vom 20.02.2020 (I ZR 193/18) zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Händler für Kundenbewertungen der von ihr bei Amazon angebotenen Produkte keine wettbewerbsrechtliche Haftung trifft.

Kundenbewertungen sind nicht Händler zurechenbar

Ein Unterlassungsanspruch des Klägers ergibt sich nicht aus der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 und Satz 2 HWG, die Werbung für Medizinprodukte mit irreführenden Äußerungen Dritter verbietet. Die Kundenbewertungen sind zwar irreführende Äußerungen Dritter, weil die behauptete Schmerzlinderung durch Kinesiologie-Tapes medizinisch nicht gesichert nachweisbar ist. Der Händler hat mit den Kundenbewertungen aber nicht geworben, sie weder veranlasst noch sie sich zu eigen gemacht. Die Kundenbewertungen sind vielmehr als solche gekennzeichnet, finden sich bei Amazon getrennt vom Angebot und werden von den Nutzern nicht der Sphäre des Verkäufers zugerechnet.

Keine Garantenstellung für Verkäufer

Den Verkäufer traf auch keine Rechtspflicht, eine Irreführung durch die Kundenbewertungen gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Fall 2 Nr. 1 UWG zu verhindern. Durch das Angebot auf Amazon wird keine Garantenstellung begründet. Von ausschlaggebender Bedeutung ist dabei, dass Kundenbewertungssysteme auf Online-Marktplätzen gesellschaftlich erwünscht sind und verfassungsrechtlichen Schutz genießen.

Kundenbewertungen genießen Meinungsfreiheit

Das Interesse der Verbraucher, sich zu Produkten zu äußern und sich vor dem Kauf über Eigenschaften, Vorzüge und Nachteile eines Produkts aus verschiedenen Quellen, zu denen auch Bewertungen anderer Kunden gehören, zu informieren oder auszutauschen, wird durch das Grundrecht der Meinungs- und Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt. Einer Abwägung mit dem Rechtsgut der öffentlichen Gesundheit, die als Gemeinschaftsgut von hohem Rang einen Eingriff in dieses Grundrecht rechtfertigen könnte, bedarf es hier nicht, weil Anhaltspunkte für eine Gesundheitsgefährdung bei dem Angebot von Kinesiologie-Tapes fehlen.

(BGH, PM vom 20.02.2020 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)

Unsere Empfehlung für tiefergehende Recherchen zum Thema Wirtschaftsrecht:
Owlit-Modul „Aktionsmodul Gesellschaftsrecht (Otto Schmidt)“


Weitere Meldungen


Meldung

©wsf-f/fotolia.com


30.08.2024

BMF-Statistik über die Einspruchsbearbeitung

Trotz der Bearbeitung von etwa 3,7 Millionen Einsprüchen 2023 stieg die Zahl der unerledigten Einsprüche auf knapp 8,7 Millionen – ein Anstieg von 276 %.

weiterlesen
BMF-Statistik über die Einspruchsbearbeitung

Meldung

©3rdtimeluckystudio/123rf.com


30.08.2024

Neue Hinweise der BaFin zur EU-Offenlegungsverordnung

Die BaFin teilt mit, dass die bisherigen aufsichtlichen Vorgaben, die sich am Risikopotenzial für Greenwashing orientieren, auch für das kommende Prüfungsjahr anzuwenden sind.

weiterlesen
Neue Hinweise der BaFin zur EU-Offenlegungsverordnung

Steuerboard

Tobias Deschenhalm / Christian Busmann


29.08.2024

§ 1 Abs. 3d AStG – Verschärfung bei grenzüberschreitenden Finanzierungsbeziehungen – Derzeitige Auffassung der Finanzverwaltung und ihre Auswirkungen auf Investmentstrukturen

Neuregelung des § 1 Abs. 3d AStG § 1 Abs. 3d AStG sieht vor, dass Betriebsausgabenabzüge innerhalb multinationaler Unternehmensgruppen aufgrund grenzüberschreitender Finanzierungsbeziehungen außerbilanziell zu korrigieren sind, wenn der Steuerpflichtige nicht glaubhaft machen kann, dass der Kapitaldienst für die gesamte Laufzeit der Finanzierungsbeziehung von Anfang an hätte erbracht werden können und die Finanzierung nicht nur wirtschaftlich

weiterlesen
§ 1 Abs. 3d AStG – Verschärfung bei grenzüberschreitenden Finanzierungsbeziehungen – Derzeitige Auffassung der Finanzverwaltung und ihre Auswirkungen auf Investmentstrukturen

Haben wir Ihr Interesse für DER BETRIEB geweckt?

Sichern Sie sich das DER BETRIEB Gratis Paket: 4 Hefte + Datenbank