Nach einer Entscheidung des OLG Frankfurt (Urteil vom 28.04.2021 – 4 U 72/20) sind Vergütungsansprüche des noch von der Insolvenzschuldnerin bestellten Abschlussprüfers, die sich auf vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbrachte Tätigkeiten beziehen, keine Masseverbindlichkeiten, sondern stellen Insolvenzforderungen dar. Das OLG Düsseldorf hatte demgegenüber (Urteil vom 25.03.2021 – 5 U 91/20) entschieden, dass die Vergütungsforderung des Abschlussprüfers auch hinsichtlich der vor Insolvenzeröffnung erbrachten Teilleistungen eine Masseverbindlichkeit darstellt. Gegen beide Urteile wurde Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt.
Vergütungsansprüche sind bloße Insolvenzforderung
Der BGH bestätigt in seinem Urteil vom 28.04.2022 (IX ZR 68/21) die Rechtsauffassung des OLG Frankfurt, wonach der Honoraranspruch des Abschlussprüfers sich als bloße Insolvenzforderung gemäß §§ 38, 87 InsO darstellt, soweit er auf Leistungen beruht, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht wurden. Nur die nach diesem Zeitpunkt erbrachte Tätigkeit und die daran anknüpfende Vergütungsforderung begründen gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2 InsO eine Masseverbindlichkeit.
Rechtsgedanke des § 105 Satz 1 InsO – Gläubigergleichbehandlung
Nach den Entscheidungsgründen entspricht ein solcher Ansatz dem in § 105 Satz 1 InsO enthaltenen Rechtsgedanken, wonach Vergütungsansprüche gegen den Schuldner nur Insolvenzforderungen sind, soweit diese auf zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung von dem anderen Teil bereits erbrachte Teilleistungen entfallen. Dahinter steht, dass der teilweise vorleistende Vertragspartner des Schuldners hinsichtlich seines auf die Zeit vor der Eröffnung entfallenden Zahlungsanspruchs nicht bessergestellt werden soll als der Vertragspartner, der zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig geleistet hat und daher insgesamt nur Insolvenzgläubiger ist. Neben der Gläubigergleichbehandlung sollen hierdurch auch der Schutz der Masse und die Sanierungschancen des Schuldners sichergestellt werden (Rn. 25 des Urteils).
Für den hier einschlägigen Fall des § 155 Abs. 3 Satz 2 InsO (Sonderregelung zur Abschlussprüfung) gilt Entsprechendes. Auch der Abschlussprüfer, der nur einen Teil seiner Tätigkeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht hat, kann nicht besser stehen als derjenige, der seine Prüfung zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig abgeschlossen hat und damit nur Insolvenzgläubiger gemäß §§ 38, 87 InsO ist (Rn. 26).
Weiter Begriff der Teilbarkeit
Für die Teilbarkeit der Gesamtleistung entsprechend dem Rechtsgedanken des § 105 InsO kommt es nicht darauf an, dass sich der wirtschaftliche Wert der Tätigkeit des Abschlussprüfers letztendlich erst mit deren Abschluss, also vor allem der Erteilung des Testats gemäß § 322 HGB, sichtbar im Vermögen des Schuldners niederschlägt. Maßgeblich ist ein weiterer Begriff der Teilbarkeit, für den allein entscheidend ist, ob sich die vor und nach Eröffnung erbrachten Leistungen des anderen Teils hinreichend voneinander abgrenzen und bewerten lassen. Dies ist auch bei Abschlussprüfungen der Fall. Insoweit ergeben sich keine Unterschiede zu sonstigen werkvertraglichen Leistungen (Rn. 27 ff.).
Der Teilbarkeit der Leistungen eines Abschlussprüfers steht auch nicht entgegen, dass es sich um eine höchstpersönliche Leistung handelt. Auch die vor und nach Insolvenzeröffnung erbrachten Leistungen eines Abschlussprüfers lassen sich ihrem Wert nach objektiv bestimmen und voneinander abgrenzen. Damit ist es auch hier möglich, hinsichtlich des Vergütungsanspruchs zwischen einem Teil, der Insolvenzforderung ist, und einem Teil, der Masseverbindlichkeit ist, zu unterscheiden. Auch bei dem im Fall vereinbarten Pauschalhonorar ist es möglich, die vor und nach Verfahrenseröffnung erbrachten Leistungen und somit auch den darauf jeweils entfallenden Vergütungsanteil zu ermitteln (Rn. 35 ff.).
Schutz durch Vorschuss- oder Abschlagszahlungen
Der BGH weist noch darauf hin, dass sich der Abschlussprüfer wie andere Gläubiger auch vor den Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf seinen Vergütungsanspruch für bereits erbrachte Leistungen dadurch schützen könne, dass er Vorschuss- oder Abschlagszahlungen vereinbart (Rn. 26).