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23.09.2020

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Veräußerung von Stückaktien: Ermittlung der Anschaffungskosten bei Erwerb zu verschiedenen Preisen

Wie ermitteln sich im Veräußerungsfall die Anschaffungskosten je Stückaktie, wenn die Stückaktien zu verschiedenen Preisen erworben wurden? Mit dieser Frage beschäftigt sich der BFH in seinem Urteil vom 04.02.2020 (IX R 18/19) in Bezug auf Veräußerungen durch Privatpersonen nach § 17 EStG.

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StBin Teresa Treeck
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Sachverhalt

Der Kläger beteiligte sich im Jahr 2007 als Aktionär an einer AG mit über 50% der gesamten Stückaktien. Neben dem Kläger erwarb unter anderem auch der spätere Vorstandsvorsitzende V eine Beteiligung an der AG in Höhe von insgesamt 1.250 Stückaktien. Der Ausgabebetrag je Aktie betrug zum Beteiligungszeitpunkt des Klägers und des V 150 €. Die Aktien der AG waren weder verbrieft noch nummeriert. Sie wurden lediglich in einem Aktienregister geführt, das als Excel-Tabelle ausgestaltet war und bei Änderungen überschrieben wurde.

Im November 2012 und Januar 2013 erwarb der Kläger die gesamten 1.250 Stückaktien des V zu einem Preis von 6.400 € je Stück. Mit Verträgen vom 10.10.2013 übertrug der Kläger jeweils 50 Aktien an seine Ehefrau und seine beiden Kinder. Kurz darauf, mit Vertrag vom 23.10.2013, veräußerte der Kläger 1.000 Aktien an die AG zu einem Preis von 6.400 € je Stück.

Der Kläger ging davon aus, dass es sich bei den 1.000 Aktien, die er für jeweils 6.400 € an die AG veräußerte, um einen Teil derjenigen Aktien handelte, die er zuvor von V für ebenfalls jeweils 6.400 € erworben hatte. Dementsprechend erklärte der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2013 keinen Veräußerungsgewinn. Das Finanzamt ermittelte hingegen einen Veräußerungsgewinn von rund 4,3 Mio. €, da es als Anschaffungskosten der veräußerten Aktien einen Durchschnittspreis ansetzte, der – unter Berücksichtigung des ursprünglichen Ausgabebetrags von 150 € – nur ca. 2.100 € je Aktie betrug und somit deutlich unter den berücksichtigten Anschaffungskosten des Klägers von 6.400 € je Aktie lag. Die Klage vor dem FG Baden-Württemberg war erfolglos.

Entscheidung und Argumentation des BFH

Der BFH hob die Entscheidung des FG auf und gab der Klage statt.

In seiner Begründung führt der BFH aus, dass Anteile ihre rechtliche Selbständigkeit behalten. Dies habe zur Folge, dass ein Anteilseigner, der seine Anteile zu verschiedenen Zeiten und zu verschiedenen Preisen erworben hat, im Veräußerungsfall frei bestimmen könne, welche Anteile er veräußert.

Für die Ermittlung des Veräußerungsergebnisses nach § 17 EStG seien dann die tatsächlichen Anschaffungskosten maßgebend, sofern diese festgestellt werden können. Die Feststellung der tatsächlichen Anschaffungskosten setze dabei voraus, dass der Veräußerer zum Veräußerungszeitpunkt bestimmt, welche Anteile er veräußert. Entscheidend für eine solche Identifizierung der veräußerten Anteile seien die objektiven Umstände wie z.B. die Vertragsunterlagen. Im Hinblick auf eine AG nennt der BFH als mögliche Kenntlichmachungen die Aufnahme von Aktienstücknummern oder von unterschiedlichen Nennbeträgen oder eine Verwahrung in gesonderten Depots.

Nur für den Fall, dass eine derartige Identifizierung der veräußerten Anteile nicht möglich sein sollte, sind nach Ansicht des BFH die durchschnittlichen Anschaffungskosten des Veräußerers anzusetzen.

Im Streitfall habe das FG maßgebende Beweiszeichen bei der Identifizierung der veräußerten Stückaktien nicht berücksichtigt (beispielsweise wurde im Übertragungsvertrag zwischen dem Kläger und der AG auf die von V erworbenen Aktien verwiesen). Im Ergebnis wurden daher fälschlicherweise anstelle der tatsächlichen Anschaffungskosten die durchschnittlichen Anschaffungskosten angesetzt.

Praxishinweis

Der BFH bestätigt durch das Urteil seine bisherige Rechtsprechung sowie die Auffassung der Finanzverwaltung (H 17 Abs. 5, „Wahlrecht bei teilweiser Veräußerung von GmbH-Anteilen“):

  1. Der Steuerpflichtige kann frei entscheiden, welche Anteile er veräußert, wenn er diese zu unterschiedlichen Zeitpunkten und Preisen erworben hat.
  2. Für die Ermittlung des Veräußerungsergebnisses nach § 17 EStG sind die tatsächlichen Anschaffungskosten der veräußerten Anteile maßgebend.

Die Berücksichtigung der tatsächlichen Anschaffungskosten setzt voraus, dass diese aufgrund objektiver Umstände identifiziert werden können. Andernfalls sind anstelle der tatsächlichen Anschaffungskosten die durchschnittlichen Anschaffungskosten anzusetzen. Zur Vermeidung steuerlicher Nachteile sollten daher stets bei Anteilserwerben und Anteilsveräußerungen sowohl die Anzahl als auch der Preis der betreffenden Anteile konkret bestimmt werden. Dies kann z.B. in den zugrunde liegenden Vertragsunterlagen erfolgen.

Über das Urteil hinaus ist für Veräußerungen nach dem 31.07.2019 die neue Vorschrift des § 17 Abs. 2a Satz 5 EStG zu berücksichtigen, wenn Zahlungen von Aufgeldern geleistet wurden. In diesen Fällen sind die zusätzlichen Anschaffungskosten gleichmäßig auf sämtliche Anteile zu verteilen und zwar auch dann, wenn die Anschaffungskosten zivilrechtlich nur auf einen Teil der Anteile geleistet worden sind.


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