• Home
  • /
  • Meldungen
  • /
  • Umsatzsteuerbefreiung für medizinische Hotline?

23.01.2019

Meldung, Steuerrecht

Umsatzsteuerbefreiung für medizinische Hotline?

Beitrag mit Bild

©skywalk154/fotolia.com

Der BFH hat Zweifel, ob telefonische Beratungsleistungen, die eine GmbH im Auftrag von gesetzlichen Krankenkassen durch „Gesundheitscoaches“ ausführt, als Heilbehandlungen gelten können. Er hat daher den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um Klärung gebeten.

Im Streitfall betrieb die Klägerin im Auftrag gesetzlicher Krankenkassen ein sog. Gesundheitstelefon zur Beratung von Versicherten in medizinischer Hinsicht. Sie führte zudem Patientenbegleitprogramme durch, bei denen bestimmte Versicherte auf der Basis von Abrechnungsdaten und Krankheitsbildern über eine medizinische Hotline situationsbezogene Informationen zu ihrem Krankenbild erhielten.

Wer hat beraten?

Die telefonischen Beratungsleistungen wurden durch Krankenschwestern und medizinische Fachangestellte erbracht, die größtenteils auch als „Gesundheitscoach“ ausgebildet waren. In ca. einem Drittel der Fälle wurde ein Arzt hinzugezogen, der die Beratung übernahm bzw. bei Rückfragen Anweisungen oder eine Zweitmeinung erteilte.

Was sagt das EU-Recht dazu?

Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Richtlinie 2006/112/EG) sind Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe durchgeführt werden, steuerfrei. Dem entspricht § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes, der entsprechend der Richtlinie auszulegen ist.

Zweifel des BFH

Der BFH vertritt in dem Vorlagebeschluss vom 18.09.2018 (XI R 19/15) die Auffassung, dass die im Rahmen des Gesundheitstelefons erbrachten Leistungen bei engem Verständnis der Befreiungsvorschriften nicht in deren Anwendungsbereich fallen: Es stehe weder fest, ob sich an die Beratung eine ärztliche Heilbehandlung anschließt noch ob sie als Erstberatung Bestandteil einer komplexen Heilbehandlung werden; außerdem erfolge die Information der Anrufenden im Gegensatz zu den Patientenbegleitprogrammen nicht auf der Grundlage vorheriger medizinischer Feststellungen oder Anordnungen. Ferner sei fraglich, ob die für herkömmliche Heilbehandlungen von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten Qualifikationsmerkmale eines ärztlichen und arztähnlichen Berufs (Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG) auch für solche Heilbehandlungen gelten, die ohne persönlichen Kontakt erbracht werden, oder ob es – z.B. für Leistungen im Bereich der Telemedizin – zusätzlicher Anforderungen bedarf.

EuGH muss offene Fragen klären

Mit dem Vorabentscheidungsersuchen des BFH soll damit vom EuGH geklärt werden, ob eine steuerbefreite Tätigkeit vorliegt, wenn ein Steuerpflichtiger (Unternehmer) im Auftrag von Krankenkassen Versicherte zu verschiedenen Gesundheits- und Krankheitsthemen telefonisch berät. Außerdem ist die Frage zu beantworten, ob es für den erforderlichen beruflichen Befähigungsnachweis ausreicht, dass die telefonischen Beratungen von „Gesundheitscoaches“ (medizinischen Fachangestellten, Krankenschwestern) durchgeführt werden und (nur) in ca. einem Drittel der Fälle ein Arzt hinzugezogen wird.

(BFH, PM vom 23.01.2019 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)

Unsere Empfehlung für tiefergehende Recherchen zum Thema Steuerrecht:
Owlit-Modul „Umsatzsteuerrecht (Dr. Otto Schmidt)“


Weitere Meldungen


Steuerboard

Nikola Hertel


06.12.2024

Schenkungsteuer bei niedrig verzinsten Darlehen – Wer trägt die Beweislast?

Darlehensvereinbarungen zwischen natürlichen und nahestehenden Personen sind immer wieder ein relevantes Thema.

weiterlesen
Schenkungsteuer bei niedrig verzinsten Darlehen – Wer trägt die Beweislast?

Meldung

©Bartolomiej Pietrzyk/123rf.com


06.12.2024

Zur Steuerfreiheit von Aufstockungsbeträgen nach AltTZG

Aufstockungsbeträge aus der Altersteilzeit sind auch dann steuerfrei nach § 3 Nr. 28 EStG, wenn sie erst nach Beendigung der Altersteilzeit ausgezahlt werden, so der BFH.

weiterlesen
Zur Steuerfreiheit von Aufstockungsbeträgen nach AltTZG

Meldung

©photo 5000/fotolia.com


06.12.2024

22 % der Arbeitszeit für Bürokratie nötig

Nach Angaben der Unternehmen entsteht der steigende Zeitaufwand vor allem durch ausufernde Berichts- und Informations-, Dokumentations- und Meldepflichten.

weiterlesen
22 % der Arbeitszeit für Bürokratie nötig

Haben wir Ihr Interesse für DER BETRIEB geweckt?

Sichern Sie sich das DER BETRIEB Gratis Paket: 4 Hefte + Datenbank