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14.05.2024

Steuerboard

Umsatzsteuerbefreiung der Verwaltung von PE/VC-Fonds

Die Bundesregierung hat festgestellt, dass in Deutschland immense Investitionen erforderlich sind, um die gesellschaftliche Transformation hin zu mehr Digitalisierung und Klimaschutz zu bewerkstelligen. Der Staat stößt bei dieser Aufgabe und dem damit einhergehenden enormen Finanzierungsbedarf immer mehr an seine Grenzen. Umso wichtiger wird die Rolle des deutschen Kapitalmarktes. Die großen Aufgaben der nahen Zukunft können nicht alleine mit staatlichen Finanzmitteln gelöst werden, sondern erfordern zusätzlich hohe Summen an privatem Kapital, also solchem Kapital, das im internationalen Vergleich meist den Standort Deutschland mied. Dies erkennend hat der deutsche Gesetzgeber als einen wichtigen Baustein in der Stärkung des Finanzstandortes Deutschland das Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) verabschiedet und eine ab dem 01.01.2024 geltende Umsatzsteuerbefreiung der Verwaltung von alternativen Investmentfonds (AIF) in § 4 Nr. 8 lit. h) UStG eingeführt.

Nachhaltigkeitsbericht: Die Herausforderung erfolgreich meistern

RA Dr. Joshua Niclas Berg, LL.M., LL.M. ,
Associate bei POELLATH in Frankfurt

Internationaler Vergleich

Dass Deutschland international betrachtet kein Finanz- geschweige denn Fondsstandort erster Wahl ist, lässt sich kaum leugnen. Gegenüber den beiden größten Fondsstandorten USA und Luxemburg kann Deutschland mit wenig Attraktionspotenzial aufwarten. Eine Regelung, die insbesondere zum Nachteil des Fondsstandortes beitrug, war die bisherige Belastung der Verwaltung von extern verwalteten AIF mit 19% Umsatzsteuer. Diese führte zu einer effektiven Verteuerung der PE/VC-Fondsprodukte in Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten. Dies lag insbesondere daran, dass typische in Deutschland aufgesetzte PE/VC-Fonds (im Gegensatz zu bspw. Debt-/Immobilien-Fonds) als AIF strukturiert waren und damit anders als OGAW nicht von der Umsatzsteuerbefreiung profitierten. Außerdem sind sie in der Regel kein umsatzsteuerrechtlicher Unternehmer und konnten somit auch keinen Vorsteuerabzug geltend machen. Die hemmende Wirkung dieser bestehenden Umsatzsteuerbelastung erkannten andere Länder bereits wesentlich früher als Deutschland. So verwundert es nicht, dass schon seit Langem in Luxemburg eine umfassende Umsatzsteuerbefreiung gilt und auch die USA und Großbritannien umsatzsteuerrechtlich privilegierende Regelungen für die Fondsverwaltung haben. Auch AIF in anderen europäischen Jurisdiktionen wie Österreich, Frankreich, Schweden, Spanien und Estland kommen in den Genuss vergleichsweise liberalerer Vorschriften, an die selbst das Fondsstandortgesetz (FoStoG) mit der Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Wagniskapitalfonds kaum heranreichte.

FoStoG und ZuFinG

Das Ringen um vorgenannte Umsatzsteuerbefreiung reicht weiter zurück. Ausgangspunkt der Diskussion ist Art. 135 Abs. 1 lit. g) MwStSystRL, der die „Verwaltung von durch die EU-Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen“ von der Umsatzsteuer befreit. Die Reichweite dieser Vorschrift, insbesondere die Auslegung der Tatbestandsmerkmale „Sondervermögen“ und „Verwaltung“, war seit jeher umstritten und Gegenstand einiger Entscheidungen des EuGH, auf die der Gesetzgeber stets nur zögerlich und mit den nur notwendigsten Änderungen im UStG reagierte, um die nationale Rechtslage an die unionsrechtlichen Vorgaben anzupassen.

Marktteilnehmer jubelten, als diese Zögerlichkeit einem begrüßenswerten gesetzgeberischen Aktionismus wich und der Gesetzgeber in einem ersten Kraftakt, um die bestehenden Nachteile des Fondsstandortes Deutschland betreffend die Umsatzsteuerbelastung zu reduzieren, das FoStoG mit seiner am 01.07.2021 in Kraft getretenen Umsatzsteuerbefreiung der Verwaltung von Wagniskapitalfonds verabschiedete. Viele sahen darin auch einen Schritt zur Unionsrechtskonformität der umsatzsteuerrechtlichen Regelung, da sie u.a. in der Ungleichbehandlung von OGAW, deren Verwaltung bereits früher umsatzsteuerfrei erfolgte, und AIF, deren Verwaltung nur in engen Grenzen umsatzsteuerfrei war, einen Verstoß gegen Art. 135 Abs. 1 lit. g) MwStSystRL erblickten. Dass der Gesetzgeber der Rechtspraxis aufgrund der Unbestimmtheit des nirgends definierten Rechtsbegriffs „Wagniskapitalfonds“ einen Bärendienst erwies, zeigte sich alsbald. Etwas mehr Licht ins Dunkel brachte das BMF-Schreiben vom 24.06.2022, welches die Auffassung der Finanzverwaltung zur Qualifikation eines Fonds als Wagniskapitalfonds darlegte.

Die mit dem FoStoG eingeführte Neuerung ging dem Gesetzgeber nicht weit genug und am 01.01.2024 trat sodann mit dem ZuFinG eine umfassende Umsatzsteuerbefreiung in Kraft. Im Unterschied zur vorherigen Rechtslage knüpft die aktuelle Rechtslage für die privilegierte umsatzsteuerrechtliche Behandlung nicht an eine besondere Qualifikation des AIF an, d.h., der AIF muss nicht wie früher mit einem OGAW vergleichbar oder ein Wagniskapitalfonds sein.

Damit sollten sich die Streitigkeiten um die Frage, welche Arten von AIF von der Umsatzsteuerbefreiung profitieren, erledigt haben; erfasst sind alle AIF i.S.d. KAGB, unabhängig von ihrer Anlagestrategie. Wichtiger ist die Bestimmung der Leistungen, die unter den Begriff „Verwaltung“ zu fassen und damit umsatzsteuerbefreit sind. Nach dem UStAE des BMF sind insbesondere (nicht abschließend) folgende Leistungen umsatzsteuerbefreit:

  • Portfolioverwaltung,
  • Risikomanagement,
  • folgende administrative Leistungen, soweit sie nicht dem Anteilsvertrieb dienen:
  • gesetzlich vorgeschriebene und im Rahmen der Fondsverwaltung vorgeschriebene Rechnungslegungsdienstleistungen (u.a. Fondsbuchhaltung und die Erstellung von Jahresberichten und sonstiger Berichte),
  • Bewertung und Preisfestsetzung (Ermittlung und verbindliche Festsetzung des Anteilspreises),
  • Überwachung und Einhaltung der Rechtsvorschriften (u.a. Kontrolle der Anlagegrenzen und der Marktgerechtigkeit [Fonds-Controlling]),
  • Ausgabe und Rücknahme von Anteilen,
  • Führung des Anteilinhaberregisters,
  • Beantwortung von Kundenanfragen und Übermittlung von Informationen an Kunden, auch für potenzielle Neukunden,
  • Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Gewinnausschüttung,
  • Erstellung von Kontraktabrechnungen (ausgenommen Erstellung von Steuererklärungen),
  • Führung gesetzlich vorgeschriebener und im Rahmen der Fondsverwaltung vorgeschriebener Aufzeichnungen,
  • die aufsichtsrechtlich vorgeschriebene Prospekterstellung.

Diese Dienstleistungen können sowohl der AIFM auch als Dritte im Rahmen der Auslagerung erbringen, d.h., auch die von einem Dritten an den PE/VC-Fonds erbrachten Verwaltungsdienstleistungen erfolgen nun umsatzsteuerfrei, sofern diese von Dritten erbrachten Leistungen ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden und für die Verwaltung des PE/VC-Fonds spezifisch und wesentlich sind. Auch die Beratungsleistung eines Anlageberaters erfolgt dann umsatzsteuerfrei, wenn es sich um Beratungsleistungen mit konkreter Kauf- oder Verkaufsempfehlung handelt.

Folgen der Umsatzsteuerbefreiung

Die Umsatzsteuerfreiheit der Verwaltungsleistung führt bei Nettopreisabreden (Verwaltungsvergütung wird zzgl. etwaig gesetzlich geschuldeter Umsatzsteuer gezahlt) zur Renditemaximierung bei den Fondsinvestoren, da dem Fonds nun mehr Kapital zur Investition zur Verfügung steht.

Nachteilig ist allerdings der durch die Umsatzsteuerbefreiung eintretende Verlust des Vorsteuerabzugsrechts des AIFM. Zu beachten ist, dass der Vorsteuerabzug nur betreffend derjenigen Eingangsleistungen ausgeschlossen ist, die in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit der Ausgangsleistung stehen. Hat der AIFM fälschlicherweise einen Vorsteuerabzug geltend gemacht, ist an eine Vorsteuerberichtigung zu denken.

Etwaige Mietverträge des AIFM sollten darüber hinaus kritisch auf das Vorhandensein etwaiger Preisanpassungsklauseln und Schadensersatzpflichten durchgesehen werden, da sogar der Vermieter des AIFM aufgrund der neuen Umsatzsteuerbefreiung durch das ZuFinG u.U. sein Recht auf Vorsteuerabzug verliert.

Ferner sollte das Bestehen von gesetzlichen Ausgleichsansprüchen geprüft werden. Zu denken wäre z.B. an § 29 UStG, der einen zeitlich nur eingeschränkten Anwendungsbereich hat und v.a. bei Bruttopreisabreden zu berücksichtigen ist.

Stellt der AIFM gegenüber dem PE/VC-Fonds eine Rechnung aus, sollte er darauf keine Umsatzsteuer für die Verwaltungsleistung ausweisen. Denn obschon die Verwaltungsleistung umsatzsteuerfrei erfolgt, schuldet der AIFM die Umsatzsteuer, wenn diese auf einer Rechnung ausgewiesen ist. Als Buchungsbeleg bietet sich im Einzelfall bspw. ein Hinweis auf die vertraglichen Regelungen an, die Grundlage der Zahlung von Verwaltungsvergütung (Management Fee) an den AIFM sind.

Fazit

Mit der Umsatzsteuerbefreiung der Verwaltung ausnahmslos aller AIF hat der deutsche Gesetzgeber ein level playing field und ein Stück weit Wettbewerbsneutralität mit den führenden Fondsjurisdiktionen geschaffen. Dies war ein notwendiger Schritt hin zu einem international attraktiven Fondsstandort, wenngleich es dafür noch weitergehender steuerrechtlicher und regulatorischer Maßnahmen bedarf.

Die Umsatzsteuerbefreiung ist gerade für extern verwaltete PE/VC-Fonds (im Gegensatz zu intern verwalteten Fonds) eine relevante Verbesserung. Es ist zu erwarten, dass zukünftig v.a. um die Auslegung des Begriffs „Verwaltung“ diskutiert wird, um die Reichweite der Ausnahmeregelung weiter zu konkretisieren. Bisher nicht richterlich entschieden ist die Frage, ob einmalige Strukturierungskosten von PE/VC-Fonds als umsatzsteuerfreie Verwaltungsleistung einordenbar sind. Während dafür spricht, dass diese Verwaltungsleistung gerade mit Blick auf die zukünftige Verwaltung des PE/VC-Fonds geschieht und diese damit vorwegnimmt, bleibt in der Praxis hier erhebliche Rechtsunsicherheit. Darüber hinaus ist vorstellbar, dass in der Zukunft der unmittelbare und direkte Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsleistungen des AIFM vor dem Blickwinkel eines teilweisen Erhalts des Vorsteuerabzugsrechts mit der Finanzverwaltung kontrovers diskutiert wird.

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