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21.11.2024

Steuerboard

Tax-Compliance-Praxis: Entwurf des BMF-Schreibens zur ertragsteuerlichen Behandlung von Fondsetablierungskosten vom 15.11.2024

Die ertragsteuerliche Behandlung von sog. Fondsetablierungskosten wurde gesetzlich erstmals mit Einführung des § 6e EStG durch das Jahressteuergesetz 2019 (JStG 2019) vom 12.12.2019 geregelt. Danach gehören Fondsetablierungskosten bestimmter geschlossener Fonds, die vom Anleger im Rahmen des Erwerbs eines Fondsanteils zu zahlen sind, zu den Anschaffungskosten der vom Fonds erworbenen Wirtschaftsgüter und qualifizieren somit nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Der Wortlaut der Norm ist auslegungsbedürftig und wird in der Fachliteratur stark kritisiert. Kürzlich sind erste Urteile der Finanzgerichte zu § 6e EStG ergangen (FG Münster vom 24.01.2024 – 12 K 357/18 F, vgl. Baumgartner, DB Steuerboard vom 18.04.2024 und FG Hamburg vom 21.02.2024 – 6 K 27/22). Mit dem Entwurfschreiben zur ertragsteuerlichen Behandlung von Fondsetablierungskosten stellt das BMF nunmehr seine Auffassung zur Aktivierung von Aufwendungen dar.

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StB Dmytro Shyshkin
ist Senior Associate bei POELLATH in München

Anwendungsbereich und Grundsätze

Das Entwurfschreiben gilt für alle geschlossenen Fonds in der Rechtsform einer Personengesellschaft, unabhängig davon, ob sie gewerblich oder vermögensverwaltend sind, sowie für Gesamtobjekte und vergleichbare Modelle mit nur einem Kapitalanleger.

Gemäß § 6e Abs. 1 Satz 1 EStG gehören zu den Anschaffungskosten von Wirtschaftsgütern, die ein Steuerpflichtiger gemeinschaftlich mit weiteren Anlegern gemäß einem von einem Projektanbieter vorformulierten Vertragswerk anschafft, auch die Fondsetablierungskosten. Gemäß Satz 2 gelten die Wirtschaftsgüter i.S. des Satzes 1 als angeschafft, wenn die Anleger in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit keine wesentlichen Möglichkeiten zur Einflussnahme auf das Vertragswerk haben.

Eine klare Hilfestellung bei der Abgrenzung beider Sätze enthält das Entwurfschreiben nicht. Es enthält jedoch Erläuterungen zur Auslegung der Tatbestandsmerkmale „vorformuliertes Vertragswerk“ (Rn. 5) und „wesentliche Einflussnahmemöglichkeiten“ (Rn. 6 ff.).

Im Private-Equity-Bereich wird meist ein vorformuliertes Vertragswerk vorgegeben. Zudem haben die Anleger typischerweise keine wesentlichen Einflussnahmemöglichkeiten. In der Praxis ist im Ergebnis § 6e EStG grundsätzlich anzuwenden.

Fondsetablierungskosten

Zu den Anschaffungskosten gehören gemäß § 6e Abs. 2 EStG neben den Anschaffungskosten i.S. des § 255 Abs. 1 HGB folgende Kosten:

  • Satz 1: alle aufgrund des vorformulierten Vertragswerks vom Anleger an den Projektanbieter oder Dritte zu zahlenden Aufwendungen, die auf den Erwerb der Wirtschaftsgüter gerichtet sind
  • Satz 2: alle an den Projektanbieter oder an Dritte geleisteten Aufwendungen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Abwicklung des Projekts in der Investitionsphase
  • Satz 3: die Haftungs- und Geschäftsführungsvergütungen für Komplementäre (Management Fees), Geschäftsführungsvergütungen bei schuldrechtlichem Leistungsaustausch (Management Fees) und Vergütungen für Treuhandkommanditisten, soweit sie auf die Investitionsphase entfallen.

Das Entwurfschreiben enthält hierzu eine nicht abschließende Liste von Aufwendungen i.S. des § 6e Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG (Rn. 12). Diese sind z.B. Abschlussgebühren, Beratungs- und Bearbeitungsgebühren, Finanzierungsvermittlungsgebühren, Gebühren für die Übernahme von Bürgschaften, Konzeptionsgebühren für die Ausarbeitung der technischen, wirtschaftlichen und steuerlichen Grundkonzeption, Platzierungsgarantiegebühren, Kosten für die Prospekterstellung und -prüfung, Gebühren für die Vermittlung des Eigenkapitals, Kosten für Marketing und Werbung.

Unter bestimmten Voraussetzungen können dennoch Aufwendungen, die nicht auf den Erwerb der Wirtschaftsgüter gerichtet sind, als Betriebsausgaben oder Werbungskosten qualifizieren (Rn. 26 ff.).

Eine Aufteilung der Aufwendungen in sofort abziehbare Betriebsausgaben oder Werbungskosten und Anschaffungskosten danach, ob sie auf die Finanzierung, die steuerliche Beratung oder die Anschaffung der Wirtschaftsgüter entfallen, ist nicht zulässig (Rn. 14).

Für die Praxis wäre es an dieser Stelle wünschenswert, klare Aussagen vom BMF zu erhalten, welche Aufwendungen in der Investitionsphase etwaig nicht zu den Anschaffungskosten von Wirtschaftsgütern zählen. Beispielsweise nimmt das Entwurfschreiben keine Stellung zu vergeblichen Aufwendungen (Broken Deal Expenses), die in der Investitionsphase häufig einen erheblichen Teil der Fondskosten ausmachen.

Investitionsphase

§ 6e Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 EStG (siehe oben) beziehen sich auf die Investitionsphase. Die Investitionsphase selbst ist in § 6e EStG nicht definiert. Daher entstehen in der Praxis Unsicherheiten, vor allem bei der Bestimmung des Endes der Investitionsphase.

Das Entwurfschreiben enthält Erläuterungen zum Beginn und Ende der Investitionsphase (Rn. 16 ff.). Für das Ende werden zwei Szenarien unterschieden: (i) sog. Ein-Objekt-Fonds (Rn. 18–19) und (ii) Fonds mit mehreren Investments (Rn. 20). Das Szenario (ii) ist auch dann relevant, wenn ein Fonds eine Vielzahl der Investments über eine Kapitalgesellschaft tätigt.

Bei Szenario (i) wird das Ende der Investitionsphase durch das Erreichen der Betriebsbereitschaft des angeschafften Wirtschaftsgutes markiert. Gesellschaftsvertraglichen Regelungen oder der Erbringung der Einlage kommt dabei wohl keine Bedeutung zu. Diese Regelung sollte grundsätzlich auf Co-Investment-Fonds übertragbar sein, da solche typischerweise in eine Zielgesellschaft investieren. Sobald das Investment getätigt wurde, sollte das Ende der Investitionsphase erreicht sein.

Im Private-Equity-Bereich ist Szenario (ii) der Regelfall, da die Fonds typischerweise mehrere Investments tätigen. Hier wird seitens des Entwurfschreibens ebenfalls auf die Betriebsbereitschaft der angeschafften Wirtschaftsgüter abgestellt. Das Entwurfschreiben führt jedoch eine Vereinfachungsregelung zur Bestimmung des Endes der Investitionsphase ein. Demnach bestehen laut BMF keine Bedenken, das Ende der Investitionsphase unter bestimmten Voraussetzungen anzunehmen, wenn 80% des gesamten Investitionsvolumens des Fonds erstmalig für Investitionen in Wirtschaftsgüter verwendet wurden.

Das Investitionsvolumen umfasst laut BMF sowohl Eigen- als auch Fremdkapital des Fonds. Die Einbeziehung des Fremdkapitals kann praktische Herausforderungen mit sich bringen, da die endgültige Fremdfinanzierungsquote möglicherweise erst nach Vollinvestition feststeht. In diesem Zusammenhang wären einfache Beispiele zur Berechnung der Quote des verwendeten Investitionsvolumens hilfreich, die insbesondere verdeutlichen, wie der Kapitalverzehr für die laufenden Aufwendungen des Fonds berücksichtigt werden sollte.

Überlegenswert wäre, auf das abgerufene Gesamtcommitment des Fonds abzustellen, da dies eindeutig und fortlaufend dokumentiert wird. Da alle Fonds bestimmte Renditenziele erreichen müssen, bleibt das abgerufene Kapital in der Praxis nicht lange ungenutzt. Eine Aussage zur möglichen Berücksichtigung gesellschaftsvertraglicher Regelungen in Szenario (ii) wäre ebenfalls wünschenswert.

Aufteilung der Anschaffungskosten auf mehrere Wirtschaftsgüter

Werden mehrere Wirtschaftsgüter über Jahre hinweg angeschafft, sind die Anschaffungskosten zweistufig zu ermitteln (Rn. 21): (i) direkt zuordenbare Aufwendungen sind als Anschaffungskosten der entsprechenden Wirtschaftsgüter zu erfassen, (ii) nicht direkt zuordenbare Aufwendungen sind proportional auf die im jeweiligen Jahr angeschafften Wirtschaftsgüter zu verteilen.

Alternativ können die Fondsetablierungskosten in einem Ausgleichsposten erfasst werden (Rn. 22). Dieser Posten ist kein abschreibbares Wirtschaftsgut und bei der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes im Verhältnis zwischen den angefallenen Anschaffungskosten des veräußerten Wirtschaftsgutes und den bis zum Zeitpunkt der Veräußerung insgesamt angefallenen Anschaffungskosten aufzulösen.

Diese Methode ist in der Praxis bereits verbreitet, da sie eine sachgerechte Verteilung der Fondsetablierungskosten über alle Investments ermöglicht. Für die Auflösung der Fondsetablierungskosten wäre es jedoch überlegenswert, den Stand der Anschaffungskosten zu Jahresbeginn als Maßstab zu nehmen, da sich die gesamten Anschaffungskosten während des Jahres durch Portfolioänderungen und zusätzliche Fondsetablierungskosten ändern. So müsste der Gesamtbestand der Anschaffungskosten nicht bei jeder Veräußerung neu berechnet werden, was unnötige Komplexität vermeidet.

Wenn die Investitionen des Fonds in Eigen- und Fremdkapital desselben Zielunternehmens erfolgen, sind nach dem Verständnis des Entwurfschreibens die Fondsetablierungskosten einheitlich dem Eigenkapitalanteil zuzuordnen (Rn. 24). Dies könnte eine erhebliche Unausgewogenheit zugunsten der Eigenkapitalinstrumente bei der Allokation der Fondsetablierungskosten mit sich bringen. Je nach Anleger unterscheiden sich die steuerlichen Folgen bei Investments in Eigen- und Fremdkapitalinstrumente. Eine gleichmäßige Verteilung der Fondsetablierungskosten über alle Investmentinstrumente, wie es die Ausgleichsposten-Methode anstrebt, gewährleistet eine sachgerechte Gesamtsteuerwirkung des Portfolios.

Eine Klarstellung zur Auflösung der Fondsetablierungskosten mit Beispielen zu unterschiedlichen Strukturen und Szenarien (insbesondere, wenn alle Investments mittelbar über eine Kapitalgesellschaft gehalten werden) wäre wünschenswert.

Fazit

Das Entwurfschreiben soll die steuerliche Behandlung von Fondsetablierungskosten klären und Unsicherheiten reduzieren. Es gibt wertvolle Hinweise für die Tax Compliance im Private-Equity-Bereich, insbesondere zur Investitionsphase und Aufteilung der Fondsetablierungskosten bei mehreren Investments. Dennoch bietet das Schreiben weniger praktische Unterstützung als erhofft. Eine Vielzahl von Fragen bleibt unbeantwortet. Weitere Erläuterungen und Beispiele wären hilfreich.


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