Fast drei Viertel der befragten Arbeitnehmer*innen erwarten negative Folgen, wenn künftig Arbeitstage von mehr als zehn Stunden grundsätzlich erlaubt wären. Sie fürchten Verschlechterungen in der Erholung, der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie bei der Alltagsorganisation. Nur eine kleine Minderheit (unter 10%) sieht Vorteile, ergibt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Tatsächlich steigen laut arbeitsmedizinischer Forschung mit sehr langen Arbeitszeiten das Risiko für psychische Erkrankungen wie Burnout und für körperliche Beschwerden wie Herz-Kreislauf-Probleme. Auch das Unfallrisiko wächst ab der achten Arbeitsstunde exponentiell.
Sorgearbeit: Frauen besonders betroffen
Die Deregulierung könnte aber auch bestehende Ungleichgewichte bei der unbezahlten Sorgearbeit verschärfen. Frauen übernehmen deutlich häufiger Hausarbeit, Pflege oder Kinderbetreuung – zusätzlich zum Job. Arbeiten Männer künftig noch länger, würde diese Mehrbelastung meist bei Frauen landen und deren Erwerbstätigkeit weiter erschweren.
Flexible Arbeitszeiten längst Realität
Bereits heute arbeiten 12% der Befragten zumindest an einzelnen Tagen länger als zehn Stunden. Knapp 38% unterbrechen tagsüber ihre Arbeit aus privaten Gründen und setzen sie abends fort. Diese Praxis – oft aus Not, nicht aus Wunsch – zeigt, dass flexible Modelle auch mit geltendem Arbeitszeitrecht möglich sind.
Die geplante Umstellung von einer täglichen auf eine wöchentliche Arbeitszeitgrenze begünstigt laut Studienautor*innen nicht nur extrem lange Arbeitstage, sondern gefährdet auch die notwendige Balance zwischen Flexibilität und Schutz. Die Studie warnt: Eine solche Deregulierung könnte gesundheitliche, soziale und wirtschaftliche Nachteile nach sich ziehen, insbesondere für Frauen und Familien.