25.02.2016

Arbeitsrecht, Meldung

Streikmaßnahmen auf dem Betriebsgelände

Beitrag mit Bild

Trotz Hausrecht sind nicht von vornherein alle Streikmaßnahmen auf dem Betriebsgelände unzulässig.

Das Landesarbeitsgericht Stuttgart hat sich in einem aktuellen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit den Anforderungen an Verfügungsgrund und Verfügungsanspruch in Bezug auf Streikmaßnahmen beschäftigt.

Bei Unternehmen der Amazon-Gruppe fanden seit April 2013 mehrere Streiks statt. Die Gewerkschaft ver.di forderte die Amazon Pforzheim GmbH im Rahmen dieses Arbeitskampfes dazu auf, mit ihr in Verhandlungen über den Abschluss eines Anerkennungstarifvertrags hinsichtlich der Tarifverträge des Einzel- und Versandhandels in Baden-Württemberg einzutreten. Dies lehnte Amazon ab. Am 21. und 22.09.2015 kam es deshalb zu Streikmaßnahmen auf dem Betriebsgelände. Dabei versammelten sich zeitweise ca. 35 Personen, die trommelten und Flugblätter verteilten.

Kein Streik auf Betriebsgelände?

Im vorliegenden am 22.09.2015 beim Arbeitsgericht Pforzheim eingegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren verlangt Amazon von ver.di die Unterlassung von weiteren Streikmaßnahmen auf ihrem Betriebsgelände und bei Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflichten ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro. Amazon ist der Ansicht, dass sie auf ihrem privaten Betriebsgelände keine Streikmaßnahmen dulden müsse. Ver.di werde nicht in ihrem Streikrecht beeinträchtigt, wenn die Arbeitskampfmaßnahmen außerhalb des Betriebsgeländes stattfinden müssen. Das Arbeitsgericht Pforzheim hatte die Anträge von Amazon mit Urteil vom 23.09.2015 (5 Ga 4/15) zurückgewiesen, weil nach Beendigung der konkreten Streikmaßnahmen am 22.09.2015 keine besondere Eilbedürftigkeit für den Erlass einer einstweiligen Verfügung mehr bestand.

Keine weiteren Streikmaßnahmen – kein Verfügungsgrund

Das Landesarbeitsgericht Stuttgart wies die Berufung von Amazon am 24.02.2016 zurück (Az. 2 SaGa 1/15). Nach Auffassung des Gerichts liegen im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren weder ein Verfügungsgrund noch ein Verfügungsanspruch für die Anträge vor. Eine besondere Dringlichkeit der einstweiligen Verfügung (Verfügungsgrund) sei deshalb nicht gegeben, weil für Amazon bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache vor dem Arbeitsgericht Berlin (voraussichtlich am 07.04.2016) keine erheblichen Nachteile zu befürchten seien, nachdem ver.di nach ihren eigenen Angaben derzeit keine Streikmaßnahmen bei Amazon in Pforzheim plant.

Trotz Hausrecht sind Streikmaßnahmen zulässig

Auch ein Verfügungsanspruch liege nicht vor, weil bei einer Abwägung der Rechtsgüter beider Parteien (insbesondere das Hausrecht von Amazon – Art. 13 GG – gegen das Streikrecht von ver.di – Art. 9 Abs. 3 GG) unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit keine offenkundige Rechtswidrigkeit von Streikmaßnahmen erkennbar sei. Bei einer grundrechtsfreundlichen Auslegung des Hausrechts von Amazon seien nicht von vornherein alle Streikmaßnahmen auf den privaten Betriebsparkplätzen unzulässig.

(LArbG Stuttgart, PM vom 24.02.2016 / Viola C. Didier)


Weitere Meldungen


Podcast

FACHFRAGEN Podcast


03.12.2024

Fachfragen: Haben wir in Deutschland effektive Werkzeuge, die Unternehmen für den anstehenden Restrukturierungsbedarf nutzen können?

Der BCG Index für Transformation und Sondersituationen aus dem Sommer 2024 zeigt, dass der Transformations- und Restrukturierungsdruck in europäischen Unternehmen steigt.

weiterlesen
Fachfragen: Haben wir in Deutschland effektive Werkzeuge, die Unternehmen für den anstehenden Restrukturierungsbedarf nutzen können?

Meldung

©marog-pixcells/fotolia.com


03.12.2024

SCHUFA-Meldung rückständiger Forderungen kann gegen DSGVO verstoßen

Das OLG Schleswig-Holstein erklärte undifferenzierte Schufa-Meldungen für widerrufspflichtig, wenn der Datenschutz des Schuldners überwiegt.

weiterlesen
SCHUFA-Meldung rückständiger Forderungen kann gegen DSGVO verstoßen

Meldung

©blende11.photo/fotolia.com


03.12.2024

DStV begrüßt Rechtssicherheit bei der Grunderwerbsteuer

Das JStG 2024 hat die Gefahr der rückwirkenden Besteuerung bei Inanspruchnahme der grunderwerbsteuerlichen Vergünstigungen für Personengesellschaften gebannt.

weiterlesen
DStV begrüßt Rechtssicherheit bei der Grunderwerbsteuer

Haben wir Ihr Interesse für DER BETRIEB geweckt?

Sichern Sie sich das DER BETRIEB Gratis Paket: 4 Hefte + Datenbank