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23.04.2024

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Steuerneutraler Roll-over: Buchwertantrag beim grenzüberschreitenden Anteilstausch

Im Rahmen von Reorganisationen und Transaktionen kommt regelmäßig im Zusammenhang mit der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften die Vorschrift des § 21 UmwStG zur Anwendung. Die Vorschrift ermöglicht unter gewissen Voraussetzungen bei Einreichung eines Antrags auf Buchwertfortführung einen steuerneutralen Anteilstausch. In einem aktuellen Urteil hat das FG Köln die Frage entschieden, wann und in welcher Form der Antrag auf Buchwertfortführung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG im Fall eines grenzüberschreitenden Anteilstauschs wirksam gestellt ist.

Nachhaltigkeitsbericht: Die Herausforderung erfolgreich meistern

StB Jannis Lührs
ist Associate bei POELLATH in München

Hintergrund

Die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften resultiert regelmäßig in der Aufdeckung und Besteuerung der stillen Reserven (Veräußerungspreis abzüglich Anschaffungskosten abzüglich Transaktionskosten). Werden Anteile an Kapitalgesellschaften durch natürliche Personen übertragen, unterliegen Veräußerungsgewinne entweder der Abgeltungssteuer (Steuersatz: 26,375% inkl. SolZ, § 32d Abs. 1 EStG) oder sind bei Anwendung des Teileinkünfteverfahrens zu 40% steuerbefreit (Steuersatz bis zu ca. 28,5% inkl. SolZ, § 3 Nr. 40 EStG). Bei Kapitalgesellschaften ist der Veräußerungsgewinn effektiv zu 95% steuerbefreit (Steuersatz ca. 1,5%, § 8b Abs. 2, 3 KStG).

Die Regelung des § 21 UmwStG (Anteilstausch) ermöglicht bei Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften auf andere Kapitalgesellschaften unter gewissen Voraussetzungen eine steuerneutrale Übertragung ohne Aufdeckung der stillen Reserven. Insbesondere im Rahmen von M&A-Transaktionen spielt diese Vorschrift eine wichtige Rolle, da der Veräußerer regelmäßig (aus außersteuerlichen Gründen) am Erwerber rückbeteiligt werden soll. Auf der einen Seite kann der Veräußerer ein Interesse an einer Rückbeteiligung haben, um an einer künftigen Wertentwicklung des Unternehmens zu partizipieren. Auf der anderen Seite hat aber auch der Käufer ein Interesse an einer Rückbeteiligung des Veräußerers, da er ggf. von dessen Insiderwissen profitieren und diesen zusätzlich incentivieren möchte, sich für die Wertsteigerung des Unternehmens einzusetzen. Zudem kann eine Rückbeteiligung des Veräußerers auch finanzielle Gründe haben. Wenn ein Teil des Kaufpreises über die Ausgabe von neuen Anteilen am Erwerber finanziert wird, muss der Erwerber weniger Cash für die Transaktion aufbringen.

Anteilstausch gemäß § 21 UmwStG

Werden Anteile an Kapitalgesellschaften in eine Kapitalgesellschaft (übernehmende Gesellschaft) gegen die Gewährung von neuen Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft eingebracht, ist unter gewissen Voraussetzungen ein steuerneutraler Anteilstausch möglich (§ 21 UmwStG). Der Anwendungsbereich des § 21 UmwStG setzt voraus, dass die übernehmende Gesellschaft eine EU- oder EWR-Gesellschaft mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Hoheitsgebiet einer dieser Staaten ist (§ 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UmwStG). Einbringungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften in Kapitalgesellschaften in Drittländern (z.B. USA und Großbritannien) sind somit nicht steuerneutral möglich.

Die übernehmende Gesellschaft kann die übertragenden Anteile auf Antrag mit dem Buchwert (d.h. steuerneutral) gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG ansetzen, wenn die übernehmende Gesellschaft nach der Einbringung unmittelbar die Mehrheit der Stimmrechte an der erworbenen Gesellschaft hält (qualifizierter Anteilstausch) und soweit sonstige Gegenleistungen nur innerhalb von gewissen Grenzen gewährt werden. Grundsätzlich gilt der Wert, mit dem die übernehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile ansetzt, für den Einbringenden als Veräußerungspreis der eingebrachten Anteile und als Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile („doppelte Buchwertverknüpfung“). Dies gilt jedoch nicht, wenn für die eingebrachten oder erhaltenen Anteile nach der Einbringung das Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung dieser Anteile ausgeschlossen oder beschränkt ist. Aufgrund der sich meist an Artikel 13 Abs. 5 OECD-MA orientierenden deutschen DBA kommt es bei grenzüberschreitenden Anteilstäuschen häufig zu einer der beiden Optionen. In diesem Fall kann unter gewissen Voraussetzungen ein weiterer Buchwertantrag gemäß § 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG gestellt werden, um eine steuerneutrale Einbringung zu gewährleisten. Wenn das Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich der erhaltenen Anteile weder ausgeschlossen noch beschränkt ist oder der Gewinn aus dem Anteilstausch gemäß der Fusionsrichtlinie nicht besteuert werden darf, kann der Einbringende bis zur erstmaligen Abgabe der Steuererklärung einen Buchwertantrag beim zuständigen Finanzamt stellen (§ 21 Abs. 2 Satz 3, 4 UmwStG). In diesem Fall ist die grundsätzlich geltende „doppelte Buchwertverknüpfung“ nicht mehr gegeben.

FG Köln: Anforderungen an einem Buchwertantrag beim grenzüberschreitenden Anteilstausch

Mit der Frage, wann und in welcher Form der Buchwertantrag beim grenzüberschreitenden Anteilstausch zu stellen ist, hat sich in einem aktuellen Urteil das FG Köln beschäftigt (FG Köln, Urteil vom 13.06.2023 – 15 K 1817/21). Der Fall behandelte eine Einbringung von Anteilen an einer deutschen GmbH in eine spanische S.A. durch die Kläger, welche als Gegenleistung neue Anteile an der spanischen S.A. gewährt bekamen. Strittig war, ob der Buchwertantrag gemäß § 21 Abs. 2 Satz 3, 4 UmwStG wirksam gestellt worden war.

Das FG Köln stellte klar, dass die Einreichung eines Buchwertantrags gemäß § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG gleichzeitig mit der Abgabe der Steuererklärung noch fristgerecht sei. Die Antragstellung müsse somit nicht vor der Abgabe der Steuererklärung erfolgen. Diese Auslegung entspricht der herrschenden Meinung im Schrifttum, lässt sich unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm ableiten und kann grundsätzlich auf andere Buchwertanträge im UmwStG übertragen werden. Im Urteilsfall wurde die Steuererklärung elektronisch abgegeben. Zusätzlich wurden am gleichen Tag weitere Unterlagen zur Berechnung des Veräußerungsgewinns aus dem Anteilstausch zur Post gegeben, welche somit erst nach der elektronischen Übermittlung der Steuererklärung beim Finanzamt eingetroffen waren. Laut dem FG Köln sei die Steuererklärung durch die elektronische Übermittlung bereits formwirksam und den inhaltlichen Anforderungen entsprechend abgegeben worden. Gemäß § 150 Abs. 4 Satz 1 AO müssen den Steuererklärungen nur die Unterlagen beigefügt werden, die nach den Steuergesetzen einzureichen sind. Da die Einreichung der Unterlagen zur Berechnung des Veräußerungsgewinns nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, können die per Post nachgereichten Unterlagen den Zeitpunkt der Erklärungsabgabe nicht verzögern. Zudem überzeugt den zuständigen Senat eine „zeitraumbezogene Betrachtung“ des Begriffs der „Abgabe der Steuererklärung“ in § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG nicht. Das FG Köln hat jedoch leider nicht klargestellt, ob Unterlagen zu berücksichtigen sind, wenn diese in der Steuererklärung unter „ergänzende Angaben zur Steuererklärung“ angegeben werden. In diesem Fall spricht grundsätzlich vieles dafür, dass die Unterlagen zusammen mit der Steuererklärung und somit fristgerecht eingereicht worden sind.

Gemäß der herrschenden Auffassung im Schrifttum kann ein Buchwertantrag grundsätzlich auch konkludent gestellt werden. Das FG Köln hat sich dieser Auffassung angeschlossen und bestätigt, dass ein konkludenter Antrag zulässig sei, da das Gesetz keine Vorgaben zur Form des Antrags bereitstelle. Nach Ansicht des FG Köln sei ein konkludenter Antrag wohl durch Angabe des Veräußerungsgewinns in der Steuererklärung möglich. Ein unklarer Antrag gelte jedoch als nicht gestellt.

Im vorliegenden Fall erklärten die Kläger aufgrund weiterer steuerpflichtiger Vorgänge keinen Veräußerungsgewinn von 0 Euro. Laut Auffassung des FG Köln war somit aus dem in der Steuererklärung deklarierten Veräußerungsgewinn nicht unmittelbar ersichtlich, dass ein konkludenter Buchwertantrag für den Anteilstausch gestellt wurde. Ob sich diese Beurteilung in Fällen ändert, in denen ein Veräußerungsgewinn von 0 Euro erklärt wird, wird aus dem Urteil jedoch nicht unmittelbar klar. Entsprechend der herrschenden Meinung im Schrifttum und den Andeutungen des FG Köln sollte wohl ein konkludenter Buchwertantrag vorliegen, wenn der Einbringende keinen Veräußerungsgewinn erklärt.

Beraterhinweis

Das Urteil des FG Köln verdeutlicht die Risiken, welche sich im Zusammenhang mit der Antragstellung auf Buchwertfortführung ergeben, und beweist die Wichtigkeit der Einreichung eines ausdrücklichen Antrags auf Buchwertfortführung. In der Praxis sollte daher ein Buchwertantrag zur Sicherheit vor Einreichung der Steuererklärung beim Finanzamt eingereicht werden, d.h. es sollte nicht bis zur Abgabe der Steuererklärung gewartet werden. In der Regel verbleibt bis zur Abgabe der Steuererklärung ausreichend Zeit, den Buchwertantrag rechtzeitig beim Finanzamt einzureichen. Es empfiehlt sich, unmittelbar im Anschluss an die Transaktion bzw. die Reorganisation einen ausdrücklichen Antrag auf Buchwertfortführung beim Finanzamt zu stellen.

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