Was wurde neu geregelt?
Nach der Neu-Regelung unterliegen Zinserträge aus Forderungen, die über eine Internet-Dienstleistungsplattform erworben wurden, künftig dem Kapitalertragsteuerabzug (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. c EStG).
Voraussetzung ist das Bestehen einer Steuerpflicht beim Anleger. Anders als beim eigenkapitalbasierten Crowdinvesting ist damit regelmäßig zwischen inländischen und ausländischen Anlegern zu differenzieren. Bei inländischen Anlegern sind Zinszahlungen als Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG steuerpflichtig. Ausländische Anleger unterliegen dagegen mit Zinserträgen nur dann einer (beschränkten) Steuerpflicht in Deutschland, wenn diese mit inländischem Grundbesitz besichert sind. Dies dürfte beim Crowdlending jedoch nur in absoluten Sonderfällen denkbar sein. Damit besteht eine Kapitalertragsteuerabzugsplicht nur für diejenigen Zinserträge, die an inländische Anleger gezahlt werden.
Grundsätzlich soll bei der Auszahlung von Zinsen der inländische Betreiber oder die inländische Zweigniederlassung der Plattform als auszahlende Stelle den Steuerabzug vornehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2a Buchst. a EStG). Betreiber von Crowdlending-Plattformen nehmen jedoch typischerweise nicht selbst Auszahlungen an den Anleger vor, da sie aufsichtsrechtlich nicht über die hierfür erforderliche Erlaubnis verfügen. Diesen Fall hat der Gesetzgeber auch gesehen und die Abzugspflicht auf inländische Kreditinstitute und inländische Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) ausgeweitet, wenn diese die Zinserträge im Auftrag des Plattformbetreibers an den Anleger auszahlen (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2a Buchst. b EStG sowie die Ausführungen der Regierungs-Fraktion im Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 19/14909, S. 10).
Unsicherheiten bei Abwicklung über einen Zahlungsdienstleister
Unklar ist jedoch, wer die Kapitalertragsteuer zu entrichten hat, wenn die Auszahlung der Zinsen an den Anleger durch einen beauftragten Zahlungsdienstleister erfolgt. Der Einsatz von Zahlungsdienstleistern ist in der Praxis üblich und aufsichtsrechtlich auch zulässig (vgl. hierzu BaFin unter https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/FinTech/Crowdfunding/Crowdlending/crowdlending_node.html).
Eine Abzugspflicht des Plattformbetreibers scheitert in diesen Fällen, genau wie bei der Auszahlung durch ein Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut, daran, dass der Plattformbetreiber die Zinsen an den Anleger weder auszahlt noch gutschreibt. Ein Vorschlag des Bundesrates, nach dem der Plattformbetreiber auch dann als Entrichtungspflichtiger hätten benannt werden sollen, wenn dieser die Zinsen zwar nicht auszahlt oder gutschreibt, jedoch Kapitalerträge für den Gläubiger ausweist oder in anderer Weise eine Übersicht zur Verfügung stellt, hat explizit keinen Eingang in das Gesetz gefunden (vgl. Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drucks. 356/19).
Auch für den Zahlungsdienstleister besteht nach dem Wortlaut der Neu-Regelung jedoch keine Abzugspflicht als auszahlende Stelle. Die Neu-Regelung bezieht sich ausdrücklich auf Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne des KWG (§ 44 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2a Buchst. b i.V.m. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 Buchst. b EStG). Bei Zahlungsdienstleistern handelt es sich jedoch nicht um Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitute in diesem Sinne. Vielmehr unterliegen diese der Aufsicht nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG). Auf Zahlungsdienstleister nach dem ZAG nimmt die Neu-Regelung jedoch keinen Bezug.
Fazit
Offenbar ist eine Anpassung der Vorschriften zum Kapitalertragsteuerabzug bei Crowdlending derzeit nicht geplant (vgl. Regierungsentwurf eines Jahressteuergesetzes 2020). Im Ergebnis gilt daher: Zinsen aus Crowdlending unterliegen zwar der Kapitalertragsteuerpflicht Jedoch läuft diese insoweit leer, als nicht geregelt ist, wer bei Einschaltung eines Zahlungsdienstleisters abzugspflichtig ist. Für die Praxis dürfte die Neuregelung daher in zahlreichen Fällen schwerlich anwendbar sein.