Einkaufskooperationen zwischen Wettbewerbern sind oft zulässig
Durch Einkaufskooperationen können Unternehmen ihre Einkaufsmenge bündeln und dadurch ihre Verhandlungsposition gegenüber Herstellern und Lieferanten verbessern. Die Kartellbehörden erkennen Effizienzen, die durch gemeinsamen Einkauf erzielt werden können, generell als wettbewerbsfördernd an. So haben z.B. jüngst die Brauereien Warsteiner und Karlsberg eine Einkaufsgesellschaft gegründet, die vom Bundeskartellamt nach fusions- und kartellrechtlicher Prüfung freigegeben wurde. Effizienzen können sowohl in quantitativer (z.B. Einsparung von Transaktionskosten) als auch in qualitativer Hinsicht (z.B. Einführung neuer Produkte) erzielt werden. Verbraucher profitieren in Form von günstigeren, besseren und/oder innovativen Produkten. Zudem können widerstandsfähigere Lieferketten Produktengpässe verringern.
Grundsätzlich sind Einkaufskooperationen nach den neuen EU-Leitlinien zur Zusammenarbeit zwischen Wettbewerbern dann kartellrechtlich erlaubt, wenn die beteiligten Unternehmen keine Marktmacht innehaben und die Einkaufsregelungen nicht darauf ausgelegt sind, den Wettbewerb zu beschränken. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die beteiligten Unternehmen gemeinsam nicht mehr als 15% Anteil auf den Einkaufsmärkten sowie Verkaufsmärkten haben.
Einkaufskartelle sind verboten und können zu hohen Geldbußen führen
Einkaufskooperationen sind von kartellrechtswidrigen Einkaufskartellen abzugrenzen. Einkaufskartelle sind regelmäßig Gegenstand von behördlichen Verfahren. So hat die Europäische Kommission kürzlich ein Bußgeld in Höhe von 157 Mio. € gegen Chemieunternehmen (Styrolabnehmer) verhängt. Die bereits erwähnten neuen EU-Leitlinien geben Unternehmen diesbezüglich wichtige Hinweise an die Hand, um den Verdacht eines Einkaufskartells zu vermeiden. Eine Einkaufskooperation sollte grundsätzlich formal schriftlich vereinbart und den Lieferanten offengelegt werden, sodass es sich um eine offene, gemeinsame Verhandlung mehrerer Käufer handelt. Verhandeln verschiedene Käufer jedoch individuell, stimmen sich aber „hinter dem Rücken“ der Lieferanten zu den Konditionen ab oder tauschen ihre Verhandlungsstrategien aus, liegt der Verdacht eines Einkaufskartells nahe.
Vorsicht ist auch bei der Einschaltung von externen Dienstleistern oder KI geboten
Soweit sich Unternehmen im Einkauf durch externe Dienstleister beraten lassen, müssen sie sicherstellen, dass keine wettbewerblich sensiblen Informationen „über die Bande“ an Wettbewerber gespielt werden. Dies sollte bereits bei der Einschaltung des externen Dienstleisters durch entsprechende Rückfragen und vertragliche Regelungen bedacht werden. Standardmäßig unterliegt der Dienstleister Geheimhaltungspflichten. Wenn mehrere im Wettbewerb stehende Unternehmen durch denselben Dienstleister beraten werden, können zudem auch interne Barrieren, insbesondere getrennte Teams, erforderlich sein, um einen indirekten Informationsaustausch zu vermeiden.
Auch bei der Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) im Einkauf gelten die entsprechenden zuvor bereits genannten Grundsätze: Neben der Nutzung der eigenen, unabhängig entwickelten internen KI können Wettbewerber bei Einkaufskooperationen auch gemeinsame KI einsetzen, wenn dies Teil der formalen und transparenten Zusammenarbeit ist. Nutzen mehrere Wettbewerber ohne formale Kooperation dieselbe KI, kann darin ein unzulässiges Einkaufskartell liegen. Daher sollten Unternehmen auch beim Einsatz von externer KI die Nutzung durch Dritte und die Informationsflüsse hinterfragen und vorab kartellrechtskonform regeln.
Wie dargelegt, gibt es verschiedene Formen der Zusammenarbeit von Wettbewerbern im Einkauf, die kartellrechtlich unterschiedliche Herausforderungen mit sich bringen. Meist sind solche Kooperationsformen kartellrechtskonform gestaltbar. Entsteht der Verdacht eines Einkaufskartells, sei es durch direkte Abstimmung zwischen den Wettbewerbern, sei es indirekt über externe Dienstleister oder KI, kann dies erhebliche Folgen haben.