Das Sozialgericht Mainz hat klargestellt, dass eine OP-Schwester auch dann sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist, wenn sie aufgrund eines Dienstvertrags als „freie Mitarbeiterin“ für ein Krankenhaus tätig wird.
Eine staatlich anerkannte Fachkrankenschwester für operative Funktionsbereiche schloss im Jahr 2013 mit einem Klinikum einen Dienstvertrag ab. Der Vertrag sah unter anderem vor, dass sie als freie Mitarbeiterin Dienstleistungen als Fachkraft im OP-Dienst zu erbringen hatte. Hierunter fiel die Planung, Durchführung und Dokumentation von OP-Diensten. Die Tätigkeit sollte im Namen des Klinikums erfolgen, ohne dabei aber ein Arbeitnehmerverhältnis zu begründen. Die Krankenschwester hatte eigene Berufsbekleidung und ein eigenes Namensschild einzusetzen. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle bestand nicht.
Spezielle Abläufe und Unterschiede zu Angestellten
In der Folge wurde die Krankenschwester mehrfach für die Klinik tätig, wobei sie ausschließlich im OP-Bereich eingesetzt wurde. Aus hygienischen Gründen war dort zwingend sogenannte Bereichskleidung zu tragen, die vom Klinikum gestellt wurde. An dieser Kleidung war ein von der Krankenschwester gestelltes Namenschild angesteckt, welches sie als Honorarkraftauswies. Bei der Operation musste die Krankenschwester dem operierenden Arzt die von ihm gewünschten Instrumente/Materialien reichen, ohne dass sie hierauf selbst Einfluss nehmen konnte. In welcher Reihenfolge sie das Besteck und die Materialien vor sich auslegte, war der Krankenschwester hingegen – im Gegensatz zu anderen Schwestern oder Pflegern – freigestellt. Die Krankenschwester hatte zu keinem Zeitpunkt Kontakt zu Patienten im wachen Zustand.
Rentenversicherung stellt Versicherungspflicht fest
Nachdem sowohl die Klinik als auch die Krankenschwester einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status gestellt hatten, stellte die beklagte Rentenversicherung fest, dass die Krankenschwester abhängig beschäftigt sei und daher eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- Renten- und Arbeitslosenversicherung bestehe. Die von der Krankenschwester hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg (Urteil S 10 R 205/14 vom 18.03.2016). Die Richter des Sozialgerichts Mainz kamen nach einer Gesamtabwägung aller Umstände zu dem Urteil, dass die Krankenschwester als sozialversicherungspflichtige Beschäftigte für die Klinik tätig war.
Wunsch der Vertragsparteien nicht ausschlaggebend
Zwar spreche der Wortlaut des Dienstvertrags für eine selbstständige Tätigkeit, diese erkennbar von den Vertragsparteien gewünschte Rechtsfolge sei aber nicht ausschlaggebend. Entscheidend seien vielmehr die tatsächlichen Verhältnisse, die vorliegend für einen Status als abhängig Beschäftigte sprechen würden. So habe die Klägerin etwa keinen Einfluss darauf gehabt, wann konkret Operationen durchgeführt wurden. Diesbezüglich habe sie sich in den Klinikbetrieb eingliedern müssen. Sie habe auch nicht wie eine Selbstständige ein besonderes unternehmerisches Risiko getragen. Weiter habe sie im Krankheitsfall lediglich dem Klinikum absagen, sich aber nicht weiter um einen Ersatz kümmern müssen, wie dies auch bei normalen Arbeitnehmern der Fall sei. Schließlich habe sie während der Operationen die Krankenhauskleidung der Klinik tragen müssen, sodass von außen eine Unterscheidung von anderen angestellten Mitarbeitern nicht möglich gewesen sei.
(SG Mainz, PM vom 20.04.2016 / Viola C. Didier)