Mit dem Gesetzentwurf soll die im Koalitionsvertrag für die laufende Legislaturperiode vereinbarte Reform des KapMuG umgesetzt werden. Das bisher befristet bis zum 31.08.2024 geltende KapMuG sieht für bestimmte kapitalmarktbezogene Rechtsstreitigkeiten ein besonderes zivilprozessuales Musterverfahren vor. Dieses soll die effektive Verhandlung und Durchsetzung insbesondere von Schadensersatzansprüchen geschädigter Anleger bei falschen, irreführenden oder unterlassenen öffentlichen Kapitalmarktinformationen erleichtern. Solche Informationen können beispielsweise in Börsenprospekten oder Jahresabschlüssen enthalten sein.
Ziel der KapMuG-Reform
Nach der Konzeption des KapMuG legt beispielsweise das über eine Klage wegen Anlegerschäden verhandelnde Landgericht auf Antrag einer Partei Tatsachen- oder Rechtsfragen, die sich in mindestens zehn bereits erhobenen Einzelklagen gleichlautend stellen, dem jeweiligen Oberlandesgericht vor. In dem dann von einem gerichtlich ausgewählten Musterkläger unter Beteiligung aller übrigen Ausgangsparteien geführten Musterverfahren entscheidet das Oberlandesgericht einheitlich mit Bindungswirkung für alle individuellen Klagen.
Ziel der nun initiierten Reform ist es, das KapMuG innerhalb seines bisherigen Anwendungsbereichs zu einem sowohl für die Gerichte als auch die geschädigten Anleger effektiven Instrument bei der Bewältigung von Massenverfahren mit kapitalmarktrechtlichem Bezug fortzuentwickeln. Im Zuge dessen soll das KapMuG entfristet und dauerhaft etabliert werden.
Unter anderem sind die folgenden Änderungen vorgesehen:
- Der Zeitraum von der Einzelklage vor dem Landgericht bis zum Musterverfahren beim Oberlandesgericht soll verkürzt werden. Dazu werden gesetzliche Fristen angepasst, Zuständigkeiten weiter konzentriert und das Verfahren bis zu einem Eröffnungsbeschluss des Oberlandesgerichts wird verschlankt.
- Die Stellung des Oberlandesgerichts innerhalb des KapMuG-Systems soll gestärkt werden, indem es künftig selbst die sich aus den Einzelklagen ergebenden Feststellungsziele für das Musterverfahren formuliert.
- Die häufig hohe Zahl der Verfahrensbeteiligten im Musterverfahren soll reduziert werden. Deshalb sollen künftig nicht mehr automatisch alle Einzelklagen, die den Gegenstand des Musterverfahrens betreffen, in dieses hineingedrängt werden. Wollen Parteien nicht am Musterverfahren teilnehmen, sollen sie ihren Rechtsstreit künftig unabhängig als Individualverfahren führen können.
- Die Gerichtsakten für Musterverfahren sollen schon vor Ablauf der für die Gerichte bis 1. Januar 2026 laufenden Regelfrist digital geführt werden müssen. So können die wegen der Vielzahl der Verfahrensbeteiligten bisher langwierigen Akteneinsichten künftig parallel und schneller erfolgen.
Der Entwurf wurde am 28.12.2023 an Länder und Verbände verschickt und auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 31.01.2024 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen der Verbände werden auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht werden.