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22.04.2016

Meldung, Steuerrecht

Schneeballsystem: Betrugsopfer kann Verluste aus Gewerbebetrieb geltend machen

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Erfolg vor Gericht: Da für die Beurteilung allein die Perspektive des Klägers maßgeblich ist, war es unerheblich, dass beim Verkäufer nie die Absicht bestand, die Blockheizkraftwerke tatsächlich zu liefern.

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass der vermeintliche Kauf von Blockheizkraftwerken im Rahmen eines betrügerischen Schneeballsystems zu ausgleichsfähigen Verlusten aus Gewerbebetrieb führen kann.

Blockheizkraftwerke sind stromproduzierende Heizungen. Es gibt sie in nahezu allen Größenordnungen – meist kühlschrankgroß – und man kann sie mit vielen Brennstoffen betreiben. Im entschiedenen Streitfall hatte der Kläger drei Blockheizkraftwerke bestellt und der Verkäuferin vorab den Kaufpreis gezahlt. Für zwei dieser Blockheizkraftwerke, die nach den vertraglichen Vereinbarungen im Namen und auf Rechnung des Klägers betrieben werden sollten, mietete er von einem mit der Verkäuferin verbundenen Unternehmen zugleich einen Container und eine Standortfläche an und schloss einen „Premium Service Vertrag“ ab. Das dritte Blockheizkraftwerk verpachtete er für die Dauer von zehn Jahren an die Verkäuferin, die dieses selbst betreiben sollte.

Gewerbebetrieb oder Kapitalanlage?

Tatsächlich wurden die Blockheizkraftwerke niemals geliefert und in Betrieb genommen. Vielmehr war der Kläger nach den in einem Strafverfahren getroffenen Feststellungen Opfer eines betrügerischen Schneeballsystems geworden. Die angefallenen Aufwendungen (insbesondere AfA, Schuldzinsen und gezahlte Vorsteuern) überstiegen in den Streitjahren seine Einnahmen (Provisionen und Umsatzsteuererstattungen). Die Verluste machte er als Einkünfte aus Gewerbebetrieb geltend. Das Finanzamt versagte die Anerkennung der Verluste mit dem Hinweis darauf, dass es sich bei den getätigten Investitionen nicht um einen Gewerbebetrieb, sondern um Kapitalanlagen gehandelt habe, so dass das Abzugsverbot für Werbungskosten (§ 20 Abs. 9 EStG) eingreife. Nach einer bundeseinheitlich abgestimmten Verwaltungsauffassung lägen partiarische Darlehen vor, soweit die Anleger die Blockheizkraftwerke selbst hätten betreiben sollen und sonstige Kapitalforderungen, soweit Pachtverträge mit der Verkäuferin abgeschlossen wurden.

Teilweise Erfolg vor dem FG

Die Klage hatte hinsichtlich der beiden Blockheizkraftwerke, die nach den vertraglichen Vereinbarungen im Namen und auf Rechnung des Klägers betrieben werden sollten, Erfolg (FG Münster, Urteil vom 11.03.2016, Az. 4 K 3365/14 E). Insoweit habe sich der Kläger gewerblich betätigt, so dass der Abzug von in der Vorbereitungsphase entstandenen Verlusten zulässig sei. Insbesondere liege eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vor, weil dem Kläger nach den vertraglichen Vereinbarungen die Erträge zugestanden hätten und er auch das Verlustrisiko getragen habe. Zudem habe er eine Verfügungsbefugnis und hinreichende (Mit-) Entscheidungsmöglichkeiten hinsichtlich der Kraftwerke gehabt. Ein partiarisches Darlehen könne demgegenüber nicht angenommen werden, da kein Kapitalrückzahlungsanspruch vereinbart worden sei. Da für die Beurteilung allein die Perspektive des Klägers maßgeblich sei, sei es unerheblich, dass auf Seiten der Verkäuferin nie die Absicht bestand, die Blockheizkraftwerke zu liefern und in Betrieb zu nehmen.

Verpachtungsabsicht steht Abzug entgegen

Soweit der Kläger die Vereinbarung getroffen hat, das dritte Blockheizkraftwerk an die Verkäuferin zu verpachten, liege kein Gewerbebetrieb vor. Insbesondere könne keine gewerbliche Betriebsverpachtung im Ganzen angenommen werden, weil von vornherein eine Verpachtung beabsichtigt gewesen sei. Allerdings bestünden auch keine Anhaltspunkte für Einkünfte aus Kapitalvermögen, so dass es sich insoweit um Einkünfte aus Leistungen im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG handele. Aufgrund der Verlustausgleichsbeschränkung seien die Verluste gesondert festzustellen und dürften nicht mit anderen Einkünften verrechnet werden.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

(FG Hamburg, NL vom 15.04.2016/ Viola C. Didier)


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