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21.05.2024

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Schenkung durch Darlehen zwischen nahestehenden Personen?

Darlehensvereinbarungen sind nicht nur ein immer wiederkehrendes Thema zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern. Werden diese nicht fremdüblich vereinbart und durchgeführt, können zum einen Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten nicht geltend gemacht werden und zum anderen verdeckte Gewinnausschüttungen bzw. verdeckte Einlagen vorliegen. Der BFH hat hierzu bereits im letzten Jahr mit seiner Entscheidung (Urteil vom 22.02.2023 – I R 27/20) für mehr Rechtssicherheit gesorgt, indem er im Rahmen der Ertragsteuern die Grundsätze zur Fremdüblichkeit weiter konkretisiert hat.

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StBin Nikola Hertel
ist Associate bei POELLATH in Berlin

Losgelöst von Unternehmen sind Darlehensvereinbarungen auch zwischen natürlichen und nahestehenden Personen ein relevantes Thema. Wird auch hier ein Darlehen nicht fremdüblich vereinbart und durchgeführt, kann dieses als Schenkung bewertet werden und damit Schenkungsteuer auslösen. Im Folgenden werden somit die Anforderungen der Finanzverwaltung und Judikatur für die steuerliche Anerkennung einer Darlehensvereinbarung aufgeführt. Zudem werden die schenkungsteuerlichen Folgen bei fehlender Berücksichtigung dieser Anforderungen dargelegt und weitere Aspekte der Praxis aufgezeigt.

I. Anforderungen an eine Darlehensvereinbarung

Damit ein Darlehen zwischen nahestehenden Personen (z.B. Angehörige, Freunde oder Geschäftspartner) als fremdüblich qualifiziert, sind die folgenden drei Merkmale zu berücksichtigen:

1)    Klare Vereinbarung

Ein Darlehen ist nicht zwingend schriftlich abzuschließen, sondern kann auch mündlich zwischen den beteiligten Personen vereinbart werden. Um eine höhere Rechtssicherheit zu gewährleisten, wird jedoch empfohlen, die Darlehensvereinbarung ebenfalls schriftlich festzuhalten. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Finanzverwaltung grundsätzlich in einem ersten Schritt die zivilrechtlichen Formerfordernisse prüft. Dabei führt die Nichtbeachtung zivilrechtlicher Formerfordernisse zwar nicht ausnahmslos zu einer Nichtberücksichtigung dieser Verträge, allerdings erhöht es die Anforderungen für eine Anerkennung.

2)    Fremdüblich

Zudem muss ein Darlehen fremdüblich ausgestaltet sein. Dies sollte insbesondere durch die Aufnahme folgender Kriterien in der Darlehensvereinbarung erfüllt sein:

  •  genaue Laufzeit,
  • fremdüblicher Zinssatz,
  • genaue Rückzahlungszeitpunkte von Darlehenstilgungen und Darlehenszinsen sowie
  • fremdübliche Sicherheiten.

Der Bestimmung des fremdüblichen Zinssatzes kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. Laut FG Mecklenburg-Vorpommern bemisst sich der fremdübliche Zinssatz maßgeblich am gesetzlichen Zinssatz in Höhe von 5,5% p.a. (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 27.04.2022 – 3 K 273/20, siehe auch FG Köln, Urteil vom 29.09.2020 – 7 K 2593/19 sowie FG Düsseldorf, Urteil vom 26.01.2022 – 4 K 272/21). Weiterhin sei der gesetzliche Zinssatz von 5,5% für die Besteuerung auch dann maßgebend, wenn der tatsächliche Marktzins niedriger war. Eine Ausnahme sei nach § 15 Abs. 1 BewG nur dann möglich, wenn ein anderer Zinssatz für die Aufnahme eines Darlehens zu vergleichbaren Bedingungen „feststeht“ (BFH, Urteil vom 27.10.2010 – II R 37/09, BStBl. II 2011 S. 134). Die Nachweislast für den niedrigeren Steuersatz trägt hierbei der Steuerpflichtige. „Freibleibende“ oder nicht vergleichbare Angebote von Banken seien entsprechend nicht ausreichend.

Da das Urteil des FG Mecklenburg-Vorpommern im Revisionsverfahren beim BFH anhängig ist (Az.: II R 20/22), bleibt insbesondere im Hinblick auf die bereits für verfassungswidrig erklärte Vollverzinsung in Höhe von jährlich 6% ab dem Jahr 2014 nach §§ 233a, 238 AO (BVerfG, Beschluss vom 08.07.2021 – 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17) abzuwarten, ob der BFH auch während einer Niedrigzinsphase an dem Zinssatz von 5,5% nach § 15 Abs. 1 BewG festhält.

3)    Tatsächliche Durchführung

Zudem muss das abgeschlossene Darlehen entsprechend der vereinbarten Merkmale tatsächlich auch durchgeführt werden. Somit sind insbesondere Zins- und Tilgungszahlungen zu den vereinbarten Zeitpunkten an den Darlehensgeber zurückzuzahlen.

Nicht jede Abweichung einzelner Sachverhaltsmerkmale von den oben aufgeführten Merkmalen schließt die steuerrechtliche Anerkennung eines Darlehensverhältnisses aus. Vielmehr sind einzelne Kriterien des Fremdvergleichs im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, ob sie den Rückschluss auf eine Schenkung zulassen.

II. Folgen für die Schenkungsteuer

Eine Anerkennung als Darlehensvereinbarung scheitert überwiegend an einem nicht fremdüblichen Zinssatz, indem entweder kein Zinssatz oder ein von der Fremdüblichkeit abweichender Zinssatz vereinbart wurde.

In dem Fall eines nicht vereinbarten Zinssatzes gilt die Gewährung des Rechts, das als Darlehen überlassene Kapital vollständig unentgeltlich zu nutzen, als eine steuerbare Schenkung (BFH, Urteil vom 27.10.2010 – II R 37/09, BStBl. II 2011 S. 134 sowie BFH, Urteil vom 27.11.2013 – II R 25/12, BFH/NV 2014 S. 537). In dem Fall eines nicht fremdüblichen Zinssatzes gilt die nur zum Teil unentgeltliche Nutzung als eine steuerbare gemischte Schenkung in Höhe der Differenz aus vereinbartem und fremdüblichem Zinssatz (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 27.04.2022 – 3 K 273/20). Liegt der vereinbarte Zins lediglich unwesentlich unter dem fremdüblichen Zins (FM Schleswig-Holstein, koordinierter Ländererlass vom 28.02.2018 – VI 353-S 3104-1002) bzw. bei mind. 3%, sollte laut Finanzverwaltung jedoch keine gemischte Schenkung anzunehmen sein (Gleich lautende Erlasse vom 09.09.2022 – S 3103, BStBl. I 2022 S. 1351).

Der Stichtag der Steuerentstehung ist der Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung, d.h. der Zeitpunkt der Auszahlung des Kapitals an den Beschenkten (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 27.04.2022 – 3 K 273/20). Ab diesem Zeitpunkt sind sowohl der Schenker als auch der Beschenkte gemeinschaftlich verpflichtet, die Schenkung innerhalb von drei Monaten vor dem Finanzamt anzuzeigen.

Die Bewertung des Nutzungsrechts erfolgt in Abhängigkeit von dessen Laufzeit. Wurde keine Laufzeit vereinbart, erfolgt die Bewertung nach § 13 Abs. 2 BewG auf Basis einer unbestimmten Dauer mit dem 9,3-fachen des Jahreswerts. Der Jahreswert berechnet sich durch Multiplikation des gewährten Kapitals mit dem gesetzlichen Zinssatz nach § 15 Abs. 1 BewG in Höhe von 5,5%, sofern kein anderer fremdüblicher Zinssatz feststeht. Bei einem Darlehen in Höhe von bspw. 300.000 € beträgt der Wert der Schenkung somit 153.450 € (300.000 * 5,5 % * 9,3). Sobald durch Rückzahlung die tatsächliche Laufzeit feststeht, hat schließlich eine Korrektur nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu erfolgen.

Wurde hingegen eine Laufzeit vereinbart, erfolgt die Bewertung des Nutzungsrechts nach § 13 Abs. 1 BewG. Hierfür ist der Jahreswert mit einem aus Anlage 9a des BewG zu entnehmenden Vielfachen anzusetzen, der sich bspw. bei einer Laufzeit von 10 Jahren auf 7,745 beläuft. Bei einem Darlehen in Höhe von 300.000 € beträgt der Wert der Schenkung somit 127.793 € (300.000 * 5,5 % * 7,745).

In der Praxis wird die Schenkungsteuerpflicht eines gewährten Nutzungsvorteils (Zinsvorteil) häufig übersehen. Da ohne Anzeige an das Finanzamt die steuerliche Festsetzungsfrist nicht zu laufen beginnt (bzw. erst mit dem Tod des Schenkers anläuft), kann das Finanzamt ggf. lang zurückliegende Darlehensvorgänge aufgreifen. Werden dem Finanzamt solche Zusammenhänge erst nachträglich bekannt (bspw. im Rahmen der Erbschaftsteuerveranlagung durch die verpflichtende Angabe von Vorschenkungen), kann dies ungeahnte Folgen bis hin zu steuerstrafrechtlichen Konsequenzen haben.

III. Weitere Aspekte der Praxis

Für die steuerliche Anerkennung eines Darlehens zwischen nahestehenden Personen können neben der Berücksichtigung der oben genannten 3 Merkmale weitere Überlegungen in Betracht gezogen werden.

So könnte ein Darlehen für die Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern gewährt werden, welches gleichzeitig der Erzielung von Einkünften dient. Entsprechend hat die Rechtsprechung bisher nicht beanstandet, wenn derartige Darlehen im Einzelnen unter anderen Bedingungen als unter Fremden überlassen werden. Zwar ist in diesen Fällen auch eine Gesamtwürdigung der schuldrechtlichen Darlehensvereinbarungen erforderlich, allerdings ist weniger der Fremdvergleich, sondern vielmehr die tatsächliche Durchführung der Zinsvereinbarung entscheidend (BFH, Urteil vom 22.10.2013 – X R 26/11, BStBl. II 2014 S. 374).

Sollte es sich bei dem Darlehen um eine geringe Darlehenssumme handeln, kann eine Schenkung trotz nicht vorhandener Verzinsung durch die Gewährung eines kurzfristigen Darlehens verhindert werden. Schließlich ist die Verzinsung eines Darlehens nach § 12 Abs. 3 BewG erst ab einer Laufzeit von über einem Jahr vorgeschrieben.

Weiterhin kann eine nicht vorhandene bzw. zu geringe Verzinsung des Darlehensbetrags mit der Gewährung von anderen wirtschaftlichen Vorteilen (bspw. durch ein Nutzungsrecht) ausgeglichen werden. Zu beachten ist hierbei, dass kein Missverhältnis zwischen Zinsvorteil und Gegenleistung besteht.

Zudem besteht die Möglichkeit, ein endfälliges Darlehen zu gewähren, sodass die Tilgungen erst zum Ende der Darlehenslaufzeit vom Darlehensnehmer zu zahlen sind. Hierbei sollte die Fremdüblichkeit durch einen entsprechend (höheren) Zinssatz sichergestellt werden. Sollte auch der Zins endfällig sein, wären die vom Darlehensgeber im Privatvermögen erhaltenen Zinsen zudem nicht laufend, sondern erst am Ende der Darlehenslaufzeit als Kapitaleinkünfte zu versteuern. Ein derartiges Darlehen kann insbesondere von Vorteil sein, sofern Schenkungsteuerfreibeträge bereits ausgeschöpft sind und nach Ablauf der Zehn-Jahres-Frist auf das Darlehen verzichtet wird, um die dann erneut zur Verfügung stehenden Schenkungsteuerfreibeträge zu nutzen.

IV. Fazit

Immer wieder wird durch die Darlehensvergabe zwischen nahestehenden Personen auch noch Jahre später eine steuerpflichtige Schenkung festgestellt. Um entsprechende Schenkungsteuer und möglicherweise sogar steuerstrafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden, sollte ein Darlehen von Beginn an schriftlich vereinbart werden, fremdüblich sein und entsprechend den Vereinbarungen tatsächlich durchgeführt werden. Darüber hinaus ist eine steuerrechtliche Beratung empfehlenswert, um insbesondere die Anforderungen der Fremdüblichkeit zu erfüllen und die bereits zahlreichen Urteile aus der Rechtsprechung zu diesem Thema zu berücksichtigen.

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