In einem aktuellen Beschluss hat das Finanzgericht Köln vorläufigen Rechtsschutz im Zusammenhang mit der Nachbelastung von Umsatzsteuer bei der Rückabwicklung des Reverse-Charge-Verfahrens in den sog. Bauträgerfällen abgelehnt.
Der Antragsteller erbrachte in den Jahren 2011 bis 2013 Bauleistungen gegenüber zwei Bauträgern, die eigene Grundstücke zum Zweck des Verkaufs bebauten. Entsprechend der damaligen Verwaltungsauffassung gingen alle Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die Bauträger als Leistungsempfänger die auf die Bauleistungen entfallende Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen hatten. Nachdem diese Erlasslage aufgrund des BFH-Urteils vom 22.08.2013 (Az. V R 37/10) nicht mehr maßgeblich war, beantragten die Bauträger die Erstattung der für Bauleistungen des Antragstellers bezahlten Umsatzsteuer. Infolgedessen änderte das Finanzamt die bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheide des Antragstellers für die Streitjahre und erhöhte die festgesetzte Umsatzsteuer um insgesamt über 60.000 Euro. Dabei berief es sich auf eine Neuregelung, die der Gesetzgeber als Reaktion auf das BFH-Urteil zur Vermeidung von Steuerausfällen in das Umsatzsteuergesetz aufgenommen hat (§ 27 Abs. 19 UStG).
Kein Rechtsschutz für Bauträger
Das FG Köln lehnte die Aussetzung der Vollziehung der geänderten Umsatzsteuerbescheide ab (Beschluss 9 V 1376/15 vom 01.09.2015). Die Vollziehungsaussetzung aller nach § 27 Abs. 19 UStG geänderten Umsatzsteuerbescheide hätte die faktische Außerkraftsetzung dieser formell ordnungsgemäß erfolgten Gesetzesänderung und damit eine erhebliche Breitenwirkung zur Folge. Die Leistungen eines ganzen Wirtschaftszweiges würden im Ergebnis über mehrere Jahre nicht der Umsatzsteuer unterworfen, obwohl der umsatzsteuerliche Tatbestand unstreitig erfüllt sei. Dem hierdurch für den öffentlichen Haushalt entstehenden fiskalischen Risiko von mehreren Milliarden Euro stünden im Streitfall keine nicht wieder gutzumachenden Nachteile des Antragstellers entgegen. Bei dieser Beurteilung berücksichtigte der Senat insbesondere, dass der Antragsteller nach der gesetzlichen Regelung in § 27 Abs. 19 Sätze 3 und 4 UStG die Möglichkeit gehabt hätte, die Steuererhöhung ihm gegenüber zu verhindern, indem er den Bauträgern die Umsatzsteuer nachträglich in Rechnung gestellt und die entsprechenden Zahlungsansprüche an den Fiskus abgetreten hätte.
Finanzgerichte sind sich uneinig
Auch das Finanzgericht Düsseldorf hatte mit Beschluss vom 31.08.2015 (Az. 1 V 1486/15) den Antrag eines Bauunternehmens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Zusammenhang mit der Nachbelastung von Umsatzsteuer im sog. Reverse-Charge-Verfahren abgelehnt. Dagegen haben die Finanzgerichte Münster (Beschluss vom 12.08.2015; 15 V 2153/15 U) und Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 03.06.2015; 5 V 5026/15) in vergleichbaren Fällen unter Vertrauensschutzgesichtspunkten vorläufigen Rechtsschutz gewährt.
(FG Köln / Viola C. Didier)