Der Problematik voraus geht eine Änderung der Risikoeinstufung in den Auslegungs- und Anwendungshinweisen (AuA) der BaFin. Um den sich hierdurch ergebenden erhöhten Prüfaufwand bzgl. der seitens der Anwaltschaft unterhaltenen Konten zu vermeiden, waren Banken Anfang des Jahres dazu übergegangen, Sammelanderkonten zu kündigen.
Beitrag zum Erhalt der Anderkonten
Nachdem die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) bereits Anfang des Jahres in Gespräche mit Ministerien und Verbänden eingetreten war, stellte die Satzungsversammlung im April 2022 durch eine erste Änderung in § 4 Abs. 1 BORA klar, dass Sammelanderkonten nicht generell „auf Vorrat“ unterhalten werden müssen. Darüber hinaus bedurfte es allerdings weitergehender Änderungen in § 4 BORA, um nicht nur Rechtssicherheit für Kolleginnen und Kollegen zu schaffen, sondern faktisch einen Beitrag zum Erhalt der Anderkonten zu leisten. Durch inhaltliche Präzisierungen und Ergänzung berufsrechtlicher Pflichten soll mit dem neu gefassten Beschluss der Versuch unternommen werden, die Sorgfaltspflichtprüfung der Banken bei der Risikoeinstufung zu erleichtern.
Keine risikobehafteten Transaktionen über Sammelanderkonten
So müssen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte künftig sicherstellen, dass keine Transaktionen über Sammelanderkonten abgewickelt werden, bei denen Risiken der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung bestehen. Bestimmte – einzelne – Geldflüsse dürfen nach der Änderung künftig generell nicht mehr über Sammelanderkonten laufen, beispielsweise solche aus Immobilientransaktionen und Unternehmenskäufen oder größere Bargeschäfte und Überweisungen von oder auf Konten in Hochrisikoländern.
Wirkung der Anpassung von § 4 BORA
Die Satzungsversammlung hat sich intensiv mit den zur Verfügung stehenden Reaktionsmöglichkeiten befasst. Die Mitglieder waren sich der Tatsache bewusst, dass eine Anpassung von § 4 BORA keine Herabstufung des Risikos zu erzwingen vermag. Gleichwohl wurde der Beschluss mit überwältigender Mehrheit gefasst, um denjenigen Kolleginnen und Kollegen, die auf die Nutzung der Konten angewiesen sind, unterstützend zur Seite zu stehen. BRAK-Präsident Rechtsanwalt und Notar Dr. Ulrich Wessels begrüßt den Vorstoß: „Natürlich haben wir keine Garantie dafür, dass der Beschluss die gewünschte Wirkung entfaltet. Die Satzungsversammlung konnte aber nur so einen Rettungsversuch für die Anderkonten unternehmen. Die heute beschlossene Änderung ist meines Erachtens alternativlos.“
Sofern der Beschluss der Satzungsversammlung nach Prüfung durch das Bundesjustizministerium nicht beanstandet wird, tritt er im nächsten Jahr in Kraft.