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05.03.2021

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Regierungsentwurf zum Lieferkettengesetz – neue Compliance Pflichten für Unternehmen

Mit dem Regierungsentwurf (RegE) für ein Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten vom 01.03.2021 endet vorerst das zähe Ringen um einen Kompromiss für die im Koalitionsvertrag vereinbarte Regulierung. Betroffen sollen ab dem 01.01.2023 zunächst inländische Unternehmen mit in der Regel mindestens 3.000 Arbeitnehmern sein, ab 2024 sollen die Anforderungen auch für Unternehmen mit regelmäßig mindestens 1.000 Arbeitnehmern gelten. Statt konkreter Handlungspflichten normiert der Gesetzentwurf eher vage Organisations- und Veröffentlichungspflichten – für Unternehmen stellt sich die Frage, was zukünftig im Compliance Bereich mit Blick auf Lieferketten zu beachten ist.

Regierungsentwurf zum Lieferkettengesetz – neue Compliance Pflichten für Unternehmen

RA Dr. Marc Ruttloff
Partner, Gleiss Lutz

RA Dr. Eric Wagner
Partner, Gleiss Lutz

Regelungsstruktur

Zwar können die (Rechts-)Folgen für Unternehmen auf Grundlage des RegE vor Abschluss der Beratung im Bundestag noch nicht abschließend und umfassend analysiert werden. Nichtsdestotrotz lässt der Gesetzgeber eine eindeutige Richtung erkennen, was er mit dem künftigen Sorgfaltspflichtengesetz regeln und wie er es umsetzen will. Klares Ziel ist dabei: Die wirtschaftliche Position deutscher Unternehmen soll impulsgebend dafür werden, Arbeitsbedingungen in ausländischen Produktionsstätten zu verbessern. Massiven Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- und Zwangsarbeit, illegalem Land-Grabbing oder gefährlichen Arbeitsbedingungen soll Einhalt geboten werden. Weniger klar ist bisher di Umsetzung: Abstrakt-generelle Organisationspflichten – flankiert durch umso konkretere und empfindliche Sanktionsrahmen – sollen Unternehmen anhalten, Menschenrechtsverletzungen entlang der eigenen Lieferkette zu verhindern. Unternehmensintern wird damit eine intensivere Auseinandersetzung mit der eigenen Corporate Social Responsibility erforderlich, deren Umsetzung die Unternehmen vor große Herausforderungen stellen wird. Unbestimmte Rechtsbegriffe erschweren klare kaufmännische Entscheidungen, sodass sich Unternehmen dem Risiko ausgesetzt sehen, ihren Pflichten nicht zu entsprechen.

Sorgfalts- und Berichtspflichten

Die Erkennung, Beseitigung und Vorbeugung von Menschenrechtsverletzungen ist durch ein angemessenes Risikomanagementsystem und die Benennung einer für dessen Umsetzung zuständigen Person sicherzustellen. Vorgesehen ist eine jährliche und zusätzlich anlassbezogene Analyse, welche Menschenrechtsverletzungen konkret in Betracht kommen und wie empfindlich diese sind. Mitarbeiterschulungen, die Verpflichtung der eigenen Lieferanten zur Einhaltung der Menschenrechte und Kontrollmechanismen für diese Vorgänge sollen ebenfalls zur Erreichung des Gesetzeszwecks beitragen. Identifizierte Verletzungen im eigenen Geschäftsbereich sind zu beseitigen, bei solchen im Geschäftsbereich des Zulieferers ist auf eine Beendigung hinzuwirken. Richtschnur für die Ausgestaltung von Maßnahmen des Risikomanagements ist deren Angemessenheit, sodass sich für jedes Unternehmen ein individuelles Sorgfaltspflichtenprofil ergibt. Dieses ist anhand vieler Faktoren, bspw. der Art und Größe des Unternehmens, dem Einflussvermögen auf Verletzer oder dem Risiko von (besonders schwerwiegenden) Menschenrechtsverletzungen aufgrund der unternehmerischen Tätigkeit zu qualifizieren. Die Berichtspflichten der Unternehmen umfassen die Darstellung der Menschenrechtsstrategie, flankiert durch Dokumentationspflichten über die getroffenen Maßnahmen und deren Überprüfung – einschließlich der Einrichtung eines Whistleblowing-Systems. Hinzukommen entsprechende Veröffentlichungspflichten.

Ausblick

Unternehmen laufen Gefahr, sich bei unzureichender Auseinandersetzung mit den vage gehaltenen Anforderungen des Sorgfaltspflichtengesetzes non-compliant zu verhalten. Vor dem Hintergrund der geplanten umfassenden behördlichen Eingriffsbefugnisse, Sanktionsmöglichkeiten wie umsatzbezogene Bußgeldern in Höhe von bis zu 2% des durchschnittlich erwirtschafteten Jahresumsatzes, der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge für bis zu drei Jahren und der zivilprozessualen Verfolgbarkeit von Menschenrechtsverstößen, wobei Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen in gewillkürter Prozessstandschaft für Verletzte klagebefugt sein können, wiegen diese Risiken finanziell und reputationsseitig schwer. Zu erwarten sind zudem einschneidende Veränderungen in der Einkaufsvertragslandschaft. Hier zeichnen sich Neuverhandlungen bestehender Lieferbeziehungen angesichts erhöhter Compliance-Risiken ab. Ratsam ist daher, dass sich betroffene Unternehmen schon jetzt mit den Anforderungen des Lieferkettengesetzes vertraut machen, um dessen Umsetzung später umfassend gewährleisten zu können.


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