Nicht jede Erkrankung, die auf eine berufliche Tätigkeit zurückgeführt werden kann, ist ohne Weiteres eine Berufskrankheit. Vielmehr muss die Erkrankung in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen sein oder zumindest kurz davor stehen, erklärt das LSG Bayern in einem aktuellen Urteil.
Als selbstständiger Versicherungsfachwirt vermittelte der Kläger Versicherungen aller Art. Er war freiwillig bei der Berufsgenossenschaft versichert. Im Jahr 2014 zeigte er den Verdacht einer Berufskrankheit an, er leide an wiederkehrenden schweren Depressionen und Neurasthenie. Dies führte er zurück auf seine Tätigkeit, lange Arbeitszeiten, den Umgang mit teils schwierigen Kunden und Kollegen, mangelnden Rückhalt durch Vorgesetzte sowie schlechte technische Softwareausstattung.
Berufsgenossenschaft lehnt Anerkennung ab
Die BG lehnte die Anerkennung einer Berufskrankheit ab, da die geltend gemachten Erkrankungen nicht in die Berufskrankheiten-Liste aufgenommen seien und auch keine gesicherten medizinischen Erkenntnisse darüber vorlägen, welche Krankheitsbilder durch Stress verursacht würden und welcher Personenkreis hiervon besonders betroffen wäre. Insbesondere lägen keine Anhaltspunkte vor, dass die Tätigkeit als Versicherungsfachwirt im Vergleich zur übrigen Bevölkerung ein höheres Risiko berge, an Depressionen oder Neurasthenie zu erkranken. Vor dem Sozialgericht Regensburg hatte die Klage auf Anerkennung einer Berufskrankheit und Entschädigung keinen Erfolg.
Depression und Burnout-Syndrom keine Berufskrankheiten
Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat die Entscheidung des Sozialgerichts mit Urteil vom 27.04.2018 (L 3 U 233/15) bestätigt und die Berufung zurückgewiesen. Nach Einholung von zwei Sachverständigengutachten auf psychiatrischem und psychotherapeutischem Fachgebiet stellte das LSG fest, dass beim Kläger keine in der Berufskrankheiten-Liste erfasste Erkrankung vorliege. Die vom Kläger geltend gemachten Depressionen, aber auch das Burnout-Syndrom sowie die Neurasthenie seien daher nicht als Berufskrankheiten aufgrund von Stress anzuerkennen.
Keine gruppentypische Risikoerhöhung
Es lägen auch keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, die eine Entschädigung als sog. „Wie-Berufskrankheit“ ermöglichen würden. Da die gesetzliche Regelung im Unfallversicherungsrecht (§ 9 Abs. 2 SGB VII) keinen Auffangtatbestand und keine allgemeine Härteklausel beinhalte, genüge es nicht, wenn in einem Einzelfall berufsbedingte Einwirkungen die rechtlich wesentliche Ursache einer nicht in der Berufskrankheiten-Liste enthaltenen Krankheit sei. Vielmehr müssten zumindest die Voraussetzungen für die Aufnahme in diese Liste erfüllt seien. Hierfür fehle es aber im Falle von Erkrankungen, die möglicherweise auf Stress zurückzuführen seien, an den erforderlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Insbesondere werde im Zusammenhang mit Depressionen eine Vielzahl von möglichen Ursachen diskutiert. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung sei keine gruppentypische Risikoerhöhung bei der Tätigkeit als Versicherungsfachwirt festzustellen.
(LSG Bayern, PM vom 27.06.2018 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)