Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung in der privaten Vermögenssphäre führt zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust. So zumindest nach Einführung der Abgeltungsteuer in 2009. Mit diesem Ergebnis gab der Bundesfinanzhof (BFH) seine jahrelange gegenteilige Rechtsprechung auf.
Durch die Einführung der Abgeltungsteuer sollte – so der BFH in seinem Urteil vom 24.10.2017 (VIII R 13/15) – eine vollständige steuerliche Erfassung aller Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen erreicht werden. Damit sei die traditionelle Trennung von Vermögens- und Ertragsebene für Einkünfte aus Kapitalvermögen hinfällig. Dieser Paradigmenwechsel führe dazu, dass der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu einem steuerlich gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG zu berücksichtigenden Verlust führe.
Rückzahlung muss endgültig ausbleiben
Der BFH stellt ausdrücklich klar, dass die steuermindernde Berücksichtigung nur in Betracht komme, wenn eine Rückzahlung endgültig ausbleibe. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reiche hierfür in der Regel noch nicht aus. Etwas anderes gelte aber, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden sei. Aus Sicht der Mitglieder des DStV-Steuerrechtsausschusses dürfte sich daraus Folgendes für die Beratungspraxis ergeben:
Reichweite der Entscheidung?
Der BFH hat nicht entschieden, ob die entwickelten Grundsätze auch bei vergleichbaren Konstellationen anzuwenden sind. Daher ist u. a. offen, ob auch der Verzicht auf eine Kapitalforderung steuermindernd berücksichtigt werden kann. Ferner ist die Auswirkung der Rechtsprechung auf den Ausfall von eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen durch Gesellschafter im Rahmen des § 17 EStG nicht vollständig geklärt. Insbesondere in Fällen, in denen diese nicht mehr zu nachträglichen Anschaffungskosten führen (BFH, Urteil vom 11.07.2017 – IX R 36/15), kommt einer Verlustberücksichtigung im Rahmen von § 20 EStG eine hohe Bedeutung zu. Einige Literaturstimmen vertreten in Anlehnung an das Urteil zum Ausfall privater Darlehensforderungen bereits heute, dass auch der Ausfall eines Gesellschafterdarlehens künftig als Verlust aus Kapitalvermögen geltend gemacht werden kann (vg. Stenert/Selle, Ubg 2018, 183; Moritz/Strohm, DB 2018, 88). Tipp: Der BFH dürfte einige Fragen zu nachträglichen Anschaffungskosten im Rahmen von § 17 EStG in den bislang noch anhängigen Verfahren (IX R 5/15, IX R 6/15, IX R 7/15) entscheiden. Berater sollten einschlägige Fälle mit Verweis auf diese Verfahren offen halten.
Wie wirken sich die steuerlichen Verluste aus Kapitalvermögen aus?
Die genaue steuerliche Auswirkung des anzuerkennenden Verlusts aus Kapitalvermögen muss ein Steuerberater im Einzelfall prüfen. Grundsätzlich sind Verluste aus Kapitalvermögen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgleichbar. Für Gesellschafter, die zu mindestens 10 % beteiligt sind, dürfte diese Beschränkung der Verlustverrechnung gem. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG allerdings entfallen.
Was sagt die Finanzverwaltung?
Nach Auffassung der Finanzverwaltung stellt ein Forderungsausfall keine Veräußerung i. S. d. § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG dar (BMF-Schreiben vom 18.01.2016, IV C 1 – S-2252 / 08 / 10004 :017, BStBl I 2016, 85, Rz. 60). Das entgegenstehende Urteil des BFH ist nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Es entfaltet daher grundsätzlich keine Bindungswirkung. Spätestens im gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren dürften Steuerpflichtige jedoch von der geänderten Rechtsprechung profitieren.
(DStV, PM vom 07.05.2018 / Viola C. Didier)