Die Porsche SE hatte ab dem Jahr 2005 ihre Beteiligung an der Volkswagen AG ausgebaut und versucht, diese zu übernehmen. Nachdem sie am 26.10.2008 ihre Absicht mitgeteilt hatte, diese Beteiligung bei stimmigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Laufe des Jahres 2009 auf über 75 % zu erhöhen, stieg der Kurs der Volkswagen-Stammaktie zeitweilig auf das Fünffache seines vorherigen Werts.
Schäden in Höhe mehrerer Milliarden Euro
Anleger, die auf fallende Kurse gesetzt hatten, erlitten hierdurch Schäden in Höhe von mehreren Milliarden Euro. Ersatz hierfür haben sie zuletzt vor dem Landgericht Hannover eingeklagt. Das Landgericht hat diese Verfahren ausgesetzt und dem OLG Celle verschiedene Vorfragen zur Entscheidung vorgelegt. Diese Feststellungsziele hat der 1. Kartellsenat des OLG Celle mit Beschluss vom 30.09.2022 (13 Kap 1/16) überwiegend zurückgewiesen und damit den Beklagten – der Porsche SE und der Volkswagen AG – Recht gegeben
Was musste Porsche veröffentlichen?
Die Kläger stützen ihre Ansprüche zum einen darauf, dass Porsche und Volkswagen den Kapitalmarkt spätestens ab März 2008 genauer über die Übernahmeabsicht und den Abschluss von Aktienoptionen zur Absicherung und Finanzierung der beabsichtigten Übernahme hätten aufklären müssen. Die Voraussetzungen dieser Ansprüche liegen nach der Entscheidung des OLG nicht vor. Porsche hatte mitgeteilt, seinen Anteil an Volkswagen im Laufe des Jahres 2008 auf über 50 % aufstocken zu wollen. Soweit Porsche die Absicht dementiert hatte, insgesamt mehr als 75 % der Aktien erwerben und einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag schließen zu wollen, hatte es dies damit erklärt, dass dem die „Realitäten in der Aktionärsstruktur“ entgegenstünden.
Tatsächlich hätte ein Erwerb von 75 % der Aktien aufgrund von Besonderheiten des sog. VW-Gesetzes den Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags nicht ermöglicht. Auch war die Finanzierung eines derart weitgehenden Anteilserwerbs noch nicht gesichert. Vor diesem Hintergrund war es nach der Entscheidung des OLG zumindest nicht grob unrichtig und nicht verwerflich, dass Porsche mögliche weitergehende Ziele nicht veröffentlicht hatte.
Veröffentlichung im Einklang mit gesetzlichen Meldepflichten
Das OLG hat eine Vielzahl weiterer Gesichtspunkte berücksichtigt, u.a.: Porsche hatte seine Beteiligung an Volkswagen im Einklang mit den gesetzlichen Meldepflichten veröffentlicht. Die von Porsche abgeschlossenen Aktienoptionen, die weitere Aktienkäufe absichern und finanzieren sollten, waren nach damaliger Rechtslage nicht offenzulegen. Dem Kapitalmarkt war aber ohnehin bekannt, dass Porsche solche Optionen in einem großen Umfang besaß. Es war auch bekannt, dass Porsche die dargestellte Sonderregelung des VW-Gesetzes politisch bekämpfte. Hieraus schlussfolgerte u.a. die Wirtschaftspresse auch ohne eine ausdrückliche Bestätigung, dass Porsche seinen Anteil an Volkswagen auf deutlich mehr als 50 % ausbauen wolle.
Volkswagen haftet bereits deshalb nicht, weil sein Vorstand keine Kenntnis von den Übernahmeplänen hatte und sämtliche Aufsichtsratsmitglieder, die diese Kenntnis aus ihrer Tätigkeit bei Porsche hatten, zur Verschwiegenheit verpflichtet waren.