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10.05.2021

Steuerboard

Offene Fragen bei der Besteuerung von Krypto-Assets

Privatanleger investieren zunehmend in Kryptowährungen. Die enormen Wertsteigerungen der bekanntesten Kryptowährung Bitcoin und der medienwirksame Börsengang der Handelsplattform Coinbase vor einigen Wochen in den USA befeuern den bestehenden Hype noch mehr. Doch wie werden Gewinne, Verluste und Zuflüsse von Kryptowährungen eigentlich in der privaten Einkommensteuererklärung für Anleger mit Wohnsitz in Deutschland behandelt?

Offene Fragen bei der Besteuerung von Krypto-Assets

StB/Dipl.-Wirtschaftsjurist (FH) Oliver Braatz
, ist tätig bei MÖHRLE HAPP LUTHER, Hamburg

Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft

Die Fachliteratur ist sich weitgehend einig, dass es sich bei Kryptowährungen um „andere Wirtschaftsgüter“ i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG handelt; Handelsgewinne oberhalb der Freigrenze von 600 € würden demnach innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist als privates Veräußerungsgeschäft mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern sein. Dies ist – soweit ersichtlich – auch gängige Praxis der Finanzämter, obwohl der Begriff Kryptowährung bislang nicht im Einkommensteuergesetz zu finden ist. Die Bundesregierung sieht derzeit keinen Bedarf für eine Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Ertragsbesteuerung von Kryptowährungen. Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts und damit „andere Wirtschaftsgüter“ können nach Ansicht der Bundesregierung auch als Token bezeichnete digitale Werteinheiten mit Zahlungsfunktion (Currency- oder Payment-Token) sein, womit sie die ihr bekannte Verwaltungspraxis der Finanzämter bestätigt (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von FDP-Abgeordneten und der FDP-Fraktion vom 15.04.2021, BT-Drucksache 19/28573).

Die Finanzverwaltung hat sich zu den ertragsteuerlichen Auswirkungen von Sachverhalten im Zusammenhang mit Kryptowährungen noch nicht in einem BMF-Schreiben geäußert, welches für alle Finanzämter bundesweit verbindlich wäre. Die OFD Nordrhein-Westfalen stuft die Anschaffung und Veräußerung von Kryptowährungen ebenfalls als privates Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 EStG ein (Kurzinformation ESt 04/2018 vom 20.04.2018, DB 2018 S. 1185). Aufmerksamkeit erlangte im letzten Jahr auch ein Beschluss des FG Nürnberg vom 08.04.2020 (3 V 1239/19, EFG 2020 S. 1074). Die Finanzrichter sahen hier die Erträge aus dem Handel mit Kryptowährungen nicht pauschal als steuerfrei an, sondern kritisierten vielmehr im konkreten Fall die Vorgehensweise des Finanzamts, das sich mangels umfassender Informationen nicht eingehend mit dem Sachverhalt auseinandergesetzt habe. Die Dokumentation und Aufbereitung von entsprechenden Geschäftsvorfällen für die Steuererklärung ist damit in der Praxis äußert wichtig.

Spezialfälle Staking, Hard Forks, Airdrops

Neben dem klassischen Handel mit Kryptowährungen existieren jedoch noch weitere Geschäftsvorfälle, die bei Anlegern bzw. Nutzern zu Erträgen bzw. Zuflüssen von Krypto-Coins führen können. Ausgewählte Sachverhalte und die damit verbundenen offenen steuerlichen Fragen werden nachfolgend überblicksartig dargestellt.

1. Einnahmen aus Staking

Staking ist im Vergleich zum Mining von Krypto-Coins deutlich energieeffizienter und hat nicht nur deshalb eine hohe praktische Bedeutung. Anleger können durch das schlichte Halten von Kryptowährungen in aktiven Wallets am Staking teilnehmen und werden dafür durch sog. Block-Rewards und Transaktionsgebühren in Form von Kyptowährungen entlohnt.

Fraglich ist, ob es sich beim Zufluss von derartigen Stakingerträgen um sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG handeln kann. Da es sich bei den Block-Rewards um die Ausgabe neuer Krypto-Coins durch das Netzwerk selbst handelt und nicht um  Zahlungen von einer bestimmten Person oder Institution, sollten insoweit keine sonstigen Einkünfte vorliegen. Die Transaktionsgebühren erhält der Anleger bzw. Nutzer jedoch als Gegenleistung für das Staking, womit es sich hier um steuerpflichtige sonstige Einkünfte handeln dürfte. Offen ist weiterhin auch, ob die spätere Veräußerung der im Rahmen des Staking erhaltenen Krypto-Coins zu einem privaten Veräußerungsgeschäft führen kann. Zumindest für die Krypto-Coins, die dem Nutzer als Block-Reward zugeflossen sind, kann ein Anschaffungsvorgang, der Voraussetzung für ein späteres privates Veräußerungsgeschäft ist, durchaus bezweifelt werden. Da die Nutzer beim Staking eine Entlohnung für das Halten von Kryptowährungen bekommen, könnte sich unter Umständen die Spekulationsfrist bei privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG von einem auf zehn Jahre verlängern. Nutzern, die z.B. Verluste nach mehr als einem Jahr Haltedauer steuerwirksam realisieren möchten oder sich vermeintlich steuerfreie Gewinne nach mehr als einem Jahr erhoffen, wird empfohlen, vor dem Veräußerungsvorgang eine verbindliche Auskunft beim zuständigen Finanzamt zu beantragen, wenn die Krypto-Coins im Vorfeld für Staking verwendet worden sind.

2. Hard Forks

Die Protokolle von Kryptowährungen werden ständig weiterentwickelt. Hierdurch kommt es auch immer wieder zu sog. Hard Forks. Prominentes Beispiel ist die Hard Fork, aus der Bitcoin und Bitcoin Cash entstanden sind. Anleger bzw. Nutzer erhalten bei einem Hard Fork ohne aktives Handeln Coins der neuen Kryptowährung in ihre Wallets gebucht. Dieser Vorgang lässt sich wohl am besten vergleichen mit einem Spin-Off einer börsennotierten Gesellschaft. Hier erhalten Aktionäre nach einem gewissen Verhältnis automatisch Aktien der Spin-Off-Gesellschaft in ihre Depots gebucht und halten dann neben der Ursprungsaktie zukünftig auch die neuen Aktien.

Ungeklärt ist bislang, ob der Zufluss dieser neuen Kryptowährung eine unentgeltliche Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und damit eine Schenkung darstellt. Fraglich ist auch, welche Anschaffungskosten bei einer späteren Veräußerung diesen neuen Krypto-Coins zugeordnet werden können. Naheliegend wäre es, die bisherigen Anschaffungskosten der Ursprungs-Krypto-Coins nach einem bestimmten Verhältnis auf diese Ursprungs-Coins und die neuen Coins zu verteilen.

3. Einnahmen aus Airdrops

Airdrops werden häufig für Marketingzwecke eingesetzt. Den Besitzern einer Kryptowährung fließen durch einen Airdrop neue Coins, z.B. als Entlohnung für die Gewinnung eines neuen Nutzers der Handelsplattform, zu. Häufig gibt es solche Vorgänge bei der Kryptowährung Etherium. Der Emittent verspricht sich durch einen Airdrop eine erhöhte Wahrnehmung und damit verbunden auch eine Wertsteigerung der Coins, die durch den Emittenten selbst gehalten werden. Airdrops gibt es in verschiedenen Formen (z.B. Standard-Airdrops, Reward-Airdrops und sog. Airgrabs).

Auch bei Airdrops stellt sich die Frage, ob es sich beim Zufluss um eine unentgeltliche Zuwendung und damit um eine Schenkung handelt. Sonstige steuerpflichtige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG könnten zumindest bei Reward-Airdrops vorliegen, da hier ein konkretes Verhalten des Nutzers ursächlich für den Zufluss ist (z.B. Werbung eines neues Nutzers). Ungeklärt ist bislang weiterhin, ob eine spätere Veräußerung von Krypto-Coins, die vorher durch einen Airdrop zugeflossen sind, zu einem steuerpflichtigen privaten Veräußerungsgeschäft führen kann.

Werden Kryptowährungen im Betriebsvermögen gehalten oder agieren Privatanleger wie ein professioneller Händler, gelten andere Regeln. Auch andere Geschäfte, durch die Einnahmen mit Kryptowährungen erzielt werden (z.B. Yield Farming und Krypto-Lending), können zu steuerpflichtigen Erträgen führen. Etwas mehr Rechtssicherheit würde als erster Schritt sicherlich ein Anwendungsschreiben des Bundesfinanzministeriums zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kryptowährungen bringen, welches kürzlich offiziell angekündigt wurde.

Fazit

Trotz der vielen offenen Fragen bei der Besteuerung rund um Kryptowährungen sollten Steuerpflichtige ihre Gewinne in der Steuererklärung berücksichtigen und im Zweifel Einspruch gegen den Steuerbescheid einlegen. Transaktionen mit Kryptowährungen gelten gemeinhin als anonym. Steuerpflichtige in Deutschland sollten sich jedoch nicht zu sicher sein, dass ihre Transaktionen nicht noch nachträglich von den Finanzbehörden entdeckt werden. Von diversen Behörden weltweit werden bereits heute IT-Anwendungen genutzt, um Transaktionen mit Kryptowährungen z.B. für Zwecke der Geldwäschebekämpfung und zur Aufklärung von Terrorismusfinanzierung zurückverfolgen zu können. Auf EU-Ebene sollen bereits zeitnah Regelungen zum Informationsaustausch in Bezug auf Transaktionen mit Kryptowährungen verabschiedet werden. Auch Datenhändler könnten sich zukünftig wieder an die berühmten Steuer-CDs zu den Kapitalerträgen erinnern und den Finanzbehörden entsprechende Informationen anbieten.


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