Die Weitergabe von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen an Dritte kann eine fristlose außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Dies ist jedoch nicht bei jeder Weiterleitung sensibler Daten der Fall, wie ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein zeigt.
Ein angestellter Direktmarketing Manager hatte volle Zugriffsrechte zum SAP-System seiner Arbeitgeberin, welche Teil einer im Versandhandel tätigen Unternehmensgruppe ist. Als der Manager zum Einzelbetriebsrat gewählt wurde, verwies die Arbeitgeberin ihn an den Betriebsrat im Schwesterunternehmen zur Einarbeitung.
Zugriff auf vertrauliche Unterlagen
Anlässlich eines dienstlichen Auftrags stieß der Manager, ohne Zusammenhang mit seinem Auftrag, auf im SAP-System ohne Vertraulichkeitsvermerk hinterlegte Rechnungen der von seiner Arbeitgeberin arbeitsrechtlich beauftragten Rechtsanwaltskanzlei. Er druckte die Rechnungen und Timesheets aus und zeigte sie einem Betriebsratsmitglied des Schwesterunternehmens. Als dieses den Besitz der Unterlagen als kritisch erachtete, schredderte er die Unterlagen sofort und ließ seine SAP-Zugriffsrechte einschränken.
Betriebsrat des Schwesterunternehmens kein „Dritter“
Die Arbeitgeberin reagierte mit außerordentlicher Kündigung. Dagegen wehrte sich der Manager erfolgreich. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hielt die Kündigung in seiner Entscheidung vom 4.3.2015 (Az. 3 Sa 400/14) mangels wichtigen Grundes für unwirksam. Der Manager hatte einen uneingeschränkten Zugriff auf die SAP-Daten. Es handelte sich bei den Unterlagen nicht um Geschäftsgeheimnisse. Es fehlte jeder Vertraulichkeitsvermerk. Angesichts der Zugehörigkeit zur Unternehmensgruppe und der von der Arbeitgeberin gewünschten Zusammenarbeit handelte es sich beim Betriebsrat des Schwesterunternehmens nicht um einen Dritten, erklärten die Richter. Im Übrigen hätte eine Abmahnung ausgereicht.
(LAG Schleswig-Holstein / Viola C. Didier)