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13.02.2024

Steuerboard

Neues zur Gewerblichkeit beim Ankauf notleidender Darlehen

Ob Einkünfte aus dem Halten, der Verwaltung und der Veräußerung von Beteiligungen und Darlehen der privaten Vermögensverwaltung und damit den Einkünften aus Kapitalvermögen oder den gewerblichen Einkünften zuzurechnen sind, ist von erheblicher Bedeutung. Während Einkünfte aus Kapitalvermögen der Abgeltungssteuer in Höhe von 25% unterliegen, können Einkünfte aus Gewerbebetrieb dem Spitzensteuersatz sowie der Gewerbesteuer unterliegen und damit zu einer erheblichen Mehrbelastung führen. Insbesondere weil die Finanzverwaltung die steuerliche Qualifikation von Private Equity und Debt Fonds in der jüngeren Vergangenheit in den Fokus gerückt hat, ist das BFH-Urteil vom 30.11.2023 (IV R 10/21) besonders erfreulich, da der BFH mit diesem Urteil ausführlich und überzeugend herausarbeitet, dass der nachhaltige Ankauf notleidender Darlehensforderungen nicht ohne Weiteres als gewerbliche Tätigkeit anzusehen ist.

Nachhaltigkeitsbericht: Die Herausforderung erfolgreich meistern

StB Carolin Stehr, M.A., LL.M.,
ist Associate bei POELLATH in München

StB/ FBIStR Dipl-Fw. Raphael Baumgartner, M.A. (Taxation),
ist Counsel bei POELLATH in München

Der Urteilssachverhalt

Der Entscheidung des BFH lag der Erwerb durch eine GmbH & Co. KG von fünf notleidenden Darlehensforderungen von unterschiedlichen Banken durch eigenständige Verträge zugrunde, wobei die Verkäufer auch diverse Sicherheiten an die GmbH & Co. KG abgetreten haben. Den Erwerb der Darlehensforderung finanzierte die GmbH & Co. KG ihrerseits wiederum fremd und nahm hierfür Bankdarlehen auf, wobei die angekauften Forderungen teilweise als Sicherheiten abgetreten wurden. Gesellschafter der GmbH & Co. KG waren eine weder am Vermögen noch am Ergebnis beteiligte Komplementär-GmbH und ein einzelner geschäftsführender Kommanditist, dem sämtliche Gewinne zustanden. Der Kommanditist hielt die Beteiligung jedoch nur treuhänderisch für eine weitere Person, die wiederum mit dem Schuldner der von der GmbH & Co. KG erworbenen Forderungen verheiratet war. Aus den erworbenen Forderungen sind der GmbH & Co. KG unregelmäßig Einnahmen zugeflossen. Die GmbH & Co. KG beabsichtigte den Nominalbetrag der Darlehen zum Ende der Vertragslaufzeit zu vereinnahmen. Ein Wiederverkauf der Darlehensforderungen war nicht beabsichtigt. Es wurden weder entsprechende Handlungen unternommen, noch wurden Darlehen tatsächlich verkauft. Während das Finanzamt die Tätigkeit der GmbH & Co. KG den Einkünften aus Gewerbebetrieb zugeordnet hat, entschied das Finanzgericht, dass es sich um Einkünfte aus Kapitalvermögen handelt.

Die Entscheidung des BFH

Der BFH hielt die vom Finanzamt eingelegte Revision für unbegründet und erteilte der Auffassung der Finanzverwaltung eine neuerliche Abfuhr, denn die Tätigkeit der GmbH & Co. KG führt auch nach Auffassung des BFH zu Einkünften aus Kapitalvermögen.

Gesetzlicher Ausgangspunkt der Abgrenzung ist § 15 Abs. 2 EStG. Danach führt eine Tätigkeit zu Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn sie selbständig und nachhaltig mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird, sich als Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr darstellt und den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung übersteigt. In Zweifelsfällen ist auf das Gesamtbild der Betätigung abzustellen und es ist zu prüfen, ob unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung, die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung oder die Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten im Vordergrund steht. Während bei einer gewerblichen Betätigung der Fokus auf der Umschichtung von Vermögenswerten liegt, ist die Fruchtziehung ein Anzeichen einer vermögensverwaltenden Tätigkeit. Eine Orientierungshilfe bei der Abgrenzung bieten beispielsweise die Tätigkeiten von Produzenten, Dienstleistern und Händlern, die alle dem Bild eines Gewerbebetriebs entsprechen, wenn die Tätigkeiten selbständig und nachhaltig ausgeübt werden.

Nachhaltigkeit liegt vor, wenn die Tätigkeit auf Wiederholung angelegt ist und weitere Geschäfte geplant sind, die für die jeweilige gewerbliche Tätigkeit maßgeblich sind. Bei Händlern kommt es daher beispielsweise auf ein wiederholtes Tätigwerden auf der Absatzseite an, da das Kernelement der Tätigkeit der Verkauf von Sachwerten ist. Bei einem Forderungskäufer kommt es hingegen auf die Beschaffungsseite und damit auf den mehrmaligen Ankauf von Forderungen an, es sei denn, es werden besondere Aktivitäten ausgeübt, die auf die Verwertung oder den Verkauf der Forderungen gerichtet sind. Diesen Grundsätzen folgend, lag im Urteilsfall eine nachhaltige Tätigkeit der GmbH & Co. KG vor, da sie in einem Zeitraum von knapp unter zwei Jahren insgesamt fünf Darlehen durch eigenständige Erwerbsvorgänge, anstatt durch einen einheitlichen Erwerbsvorgang angeschafft hat und keine besonderen Tätigkeiten im Hinblick auf den Verkauf der Forderungen unternommen hat.

Die Tätigkeit der GmbH & Co. KG entsprach jedoch nicht dem Bild eines gewerblichen Dienstleisters. Denn eine solche Tätigkeit zeichnet sich durch das Tätigwerden für andere auf deren Rechnung aus. Im Urteilsfall fehlte es an einem Tätigwerden für andere, da die GmbH & Co. KG das komplette Ausfallrisiko hinsichtlich der erworbenen Forderungen übernommen hat.

Die Tätigkeit der GmbH & Co. KG war auch nicht mit der eines Händlers zu vergleichen, welche sich durch Umschichtung von substantiellen Vermögenswerten durch den marktmäßigen Umschlag von Wirtschaftsgütern unter Berücksichtigung derer artspezifischer Besonderheiten auszeichnet. Das FG berücksichtigte dabei bereits zutreffend das Näheverhältnis der Treugeberin zu den Forderungsschuldnern als wesentliche Tatsache, die gegen die Annahme eines Gewerbebetriebs spricht. Auch allein die Höhe des Anlagevolumens kann nicht zur Annahme einer gewerblichen Tätigkeit führen. In der Vergangenheit hat der BFH zur Beurteilung der Tätigkeit einer Personengesellschaft, die Darlehensforderungen sowie zugehörige Sicherungsrechte zu einem deutlich unter dem Nominalbetrag liegenden Kaufpreis erworben hat, bereits entschieden, dass die Verwertung von Sicherheiten keine Veräußerung darstelle, wie sie für einen marktmäßigen Umschlag typisch wäre. An diesen Grundsätzen hält der BFH fest und führt aus, dass die GmbH & Co. KG nicht als Forderungshändlerin tätig wurde, da die Forderungen nicht weiterveräußert wurden. Daran ändert auch die Veräußerungsfiktion nach § 20 Absatz 2 Satz 2 EStG nichts, wonach die Einlösung oder Rückzahlung einer Forderung wie eine Veräußerung zu werten ist. Diese Fiktion orientiert sich nicht am Bild des Gewerbetreibenden und kann daher nicht für eine Begründung eines marktmäßigen Umschlags herangezogen werden. Auch die Tatsache, dass sich die GmbH & Co. KG weder aktiv um die Forderungsrealisierung bemüht hat, noch eigene Mitarbeiter beschäftigt oder eigene Büroräume unterhalten hat, spricht gegen eine gewerbliche Tätigkeit. Schließlich führt auch der ausschließliche Ankauf notleidender Darlehensforderungen mit dem Ziel, Zinsen oder Darlehensrückzahlungen beziehungswiese Erträge aus der Verwertung der Sicherungsrechte zu erhalten, nicht zu einer gewerblichen Tätigkeit. Die Fruchtziehung liegt in solchen Konstellationen nicht zwingend im Erhalt von Zinszahlungen, sondern im Erhalt von Darlehensrückzahlungen. Dies führt aber, selbst unter Berücksichtigung der sog. Verklammerungsrechtsprechung, nicht zu einem marktmäßigen Umschlag der Forderungen und daher nicht zu Einkünften aus Gewerbebetrieb.

Schließlich widersprach der BFH auch sehr deutlich der Auffassung der Finanzverwaltung, wonach die Fremdfinanzierung der Darlehensforderungen ein Indiz für eine gewerbliche Betätigung sei. Die zum Handel mit physischem Gold entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze, die das BMF auf vorliegenden Fall übertragen wollte, sind schon deshalb nicht übertragbar, weil die GmbH & Co. KG die Fremdkapitalkosten nicht aus der Veräußerung der Forderungen, sondern aus deren Einziehung decken wollte. Es komme daher auch nicht darauf an, ob erwartet werden konnte, die Fremdkapitalkosten durch laufende Zinserträge decken zu können.

Abgerundet wurde das Urteil mit der Aussage, dass ein etwaiger Rückgriff auf die Kenntnisse und Expertise eines fremden Dritten (vorliegend des Darlehensschuldners) nicht zur Annahme eines Gewerbebetriebs führen könne sowie der Bestätigung der Rechtsprechung zur sogenannten Aufwärtsinfektion, die keine Gewerbesteuerpflicht begründen könne (vgl. dazu Haag, DB Steuerboard vom 12.08.2019).

Fazit

In vorliegendem Fall wurde die Tätigkeit der GmbH & Co. KG nicht den Einkünften aus Gewerbebetrieb zugeordnet, da diese auf eigene Rechnung unternommen wurde, es an einem marktmäßigen Umschlag von Darlehensforderungen gefehlt hat und Ziel der Tätigkeit der Erhalt von Darlehensrückzahlungen war. Das vorliegende Urteil zeigt eindrucksvoll auf, dass die oft pauschalierende Herangehensweise der Finanzverwaltung unzutreffend ist und es einer differenzierten Analyse der Tätigkeit bedarf. Gerade für Manager von Debt Fonds und deren Berater bietet das Urteil viele aufschlussreiche Aussagen, die bei der Einordnung der Einkünfte helfen. Da die Qualifikation aber weiterhin stark vom Einzelfall und den entsprechenden Aktivitäten abhängen wird, ist in der Praxis eine sorgfältige Abwägung erforderlich, die gegebenenfalls durch einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft unterstützt werden kann. Es empfiehlt sich dennoch, die Kernelemente der Tätigkeiten im Rahmen der jährlichen Steuererklärung offenzulegen, und im Falle eines Erhalts einer verbindlichen Auskunft, Abweichungen vom dargelegten Sachverhalt anzuzeigen, um möglichen Vorwürfen seitens der Finanzverwaltung vorzubeugen.

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