Der Rat der Europäischen Union hat eine Einigung über den Entwurf einer Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken, die häufig von großen Unternehmen angewendet werden, erzielt.
Die neue Richtlinie enthält mehrere Vorschläge, mit denen die EU‑Vorschriften gegen Steuervermeidung verschärft werden sollen. Sie soll verhindern, dass Unternehmensgruppen Unterschiede zwischen nationalen Steuersystemen ausnutzen, um die Steuerbelastung der Gruppe insgesamt zu verringern. Das Paket basiert auf den OECD-Empfehlungen von 2015 zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS) durch Unternehmen.
Neue Vorschriften für 5 Bereiche
Der Richtlinienentwurf gilt für alle Steuerpflichtigen, die in einem Mitgliedstaat der Körperschaftssteuer unterliegen, u.a. auch für Tochtergesellschaften von Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU. Er enthält Vorschriften zur Bekämpfung der Steuervermeidung in fünf spezifischen Bereichen:
Vorschriften zur Zinsschranke
Multinationale Unternehmensgruppen können der Gruppe angehörende Unternehmen in Hochsteuergebieten über Kredite finanzieren und vorsehen, dass diese Unternehmen überhöhte Zinsen an Tochtergesellschaften in Niedrigsteuergebieten zahlen. Dies führt zu einer geringeren Steuerbelastung für die Gruppe als Ganzes. Ziel des Richtlinienentwurfs ist es, diese Praxis unattraktiv zu machen, indem der für den Steuerzahler in einem Steuerjahr abzugsfähige Betrag im Zusammenhang mit diesen Zinszahlungen begrenzt wird.
Vorschriften zur Wegzugsbesteuerung
Steuerpflichtige Unternehmen versuchen möglicherweise, ihre Steuerschuld dadurch zu verringern, dass sie ihren Steuersitz und/oder ihre Vermögenswerte in ein Niedrigsteuergebiet verlegen. Die Wegzugsbesteuerung verhindert eine Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage im Herkunftsland, wenn Vermögenswerte, die noch nicht realisierte Gewinne enthalten, ohne Eigentümerwechsel aus diesem Land/Steuergebiet abgezogen werden.
Allgemeine Vorschrift zur Verhinderung von Missbrauch
Mit dieser Vorschrift sollen Lücken geschlossen werden, die eventuell in den speziellen Vorschriften eines Landes zur Verhinderung von Missbrauch innerhalb seines Steuersystems bestehen. Die Steuerplanungsstrategien von Unternehmen können äußerst differenziert sein, während sich das Steuerrecht in der Regel nicht rasch genug weiterentwickelt, um alle erforderlichen Vorkehrungen zu enthalten. Durch eine allgemeine Vorschrift zur Verhinderung von Missbrauch können Steuerbehörden daher verhindern, dass Steuerpflichtige Nutzen aus missbräuchlichen Steuergestaltungen ziehen.
Vorschriften für beherrschte ausländische Unternehmen
Um die Steuerbelastung der Gruppe insgesamt zu verringern, können Unternehmensgruppen beträchtliche Gewinne in beherrschte Tochtergesellschaften in Niedrigsteuergebieten verlagern. Ein gängiges Verfahren besteht darin, zunächst das Eigentumsrecht an immateriellen Vermögenswerten – etwa Rechte des geistigen Eigentums – an das beherrschte ausländische Unternehmen zu übertragen und anschließend Lizenzgebühren zu verlagern. Durch die Vorschriften für beherrschte ausländische Unternehmen werden die Einkünfte einer niedrig besteuerten beherrschten ausländischen Tochtergesellschaft ihrer – in der Regel höher besteuerten – Muttergesellschaft zugeordnet.
Vorschriften über hybride Gestaltungen
Steuerpflichtige Unternehmen können Unterschiede zwischen nationalen Steuersystemen ausnutzen, um ihre Steuerbelastung insgesamt zu verringern. Solche Inkongruenzen führen oft zu doppeltem Abzug (d.h. Steuerabzügen in beiden Ländern) oder zu einem Abzug in einem Land bei gleichzeitiger Nichtbesteuerung in dem anderen Land.
Die Mitgliedstaaten haben bis zum 31. Dezember 2018 Zeit, die Richtlinie in ihr nationales Recht umzusetzen, mit Ausnahme der Vorschriften zur Wegzugsbesteuerung, für die die Frist zum 31. Dezember 2019 endet.
(Rat der Europäischen Union vom 21.06.2016/ Viola C. Didier)