Mit der Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie MiFID II traten in dieser Woche zahlreiche neue Vorgaben auf europäischer und nationaler Ebene in Kraft, die tiefgreifende Veränderungen für die Finanzmärkte mit sich bringen. Die Neuerungen haben direkten Einfluss auf das Verhältnis zwischen Dienstleister und Kunde und stärken den Anlegerschutz.
„Das große Ziel von MiFID II ist ein besserer Anlegerschutz“, macht BaFin-Exekutivdirektorin Elisabeth Roegele deutlich. Dies erkenne man insbesondere an den neuen Pflichten in der Produktwelt. Diese stellen einen Paradigmenwechsel in der Konzeption und beim Vertrieb von Produkten dar. Kernvorgabe ist, dass bereits bei der Produktentwicklung der Zielmarkt zu bestimmen ist. Produkthersteller müssen den potenziellen Kundenkreis also von Anfang an festlegen. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der Vertrieb den vorgegebenen Zielmarkt kritisch prüft und für seinen Kundenstamm konkretisiert. „Die Zielmarktbestimmung stellt bereits ganz am Anfang des Lebenszyklus eines Produkts wichtige Weichen für einen kundengerechten Vertrieb“, so Roegele.
Neu: Die Geeignetheitserklärung
Für Kunden werden Neuerungen insbesondere in der Anlageberatung spürbar. Das bisher bekannte Beratungsprotokoll gibt es nicht mehr. Stattdessen muss der Berater eine europaweit harmonisierte Geeignetheitserklärung erstellen. Sie enthält die Gründe, warum bestimmte Produkte für den Kunden aufgrund seiner Anlageziele und seines Risikoprofils geeignet sind. Darüber hinaus werden nun externe und interne elektronische Kommunikation und Telefongespräche aufgezeichnet, die sich auf Kundenaufträge beziehen (Taping). Unternehmen haben die Aufzeichnungen auf Verlangen des Kunden herauszugeben. So können Verbraucher die Inhalte des Gesprächs und damit insbesondere die Risikoaufklärung exakt nachvollziehen. Um die Eigenschaften und Risiken von Produkten besser verstehen und vergleichen zu können, erhalten Kunden ab sofort umfassendere Informationen. Wertpapierdienstleister müssen unaufgefordert die Gesamtkosten von Produkten und Dienstleistungen sowie deren Auswirkungen auf die Rendite darstellen. Auf Nachfrage erhalten Kunden zudem eine Aufstellung der einzelnen Kostenpositionen.
Produktintervention für Aufsichtsbehörden
Darüber hinaus gibt die MiFID II den drei europäischen Aufsichtsbehörden ein Instrument in die Hand, über das die BaFin bereits seit Inkrafttreten des deutschen Kleinanlegerschutzgesetzes verfügt: die Produktintervention. Gibt es bei Produkten Bedenken hinsichtlich des Anlegerschutzes oder sehen die Aufsichtsbehörden Gefahren für das ordnungsgemäße Funktionieren, die Integrität oder die Stabilität der Finanz- und Warenmärkte, können sie die Vermarktung, den Vertrieb und Verkauf von Finanzinstrumenten verbieten oder beschränken. Der BaFin ist bewusst, dass die neuen Vorgaben eine große Herausforderung für die Marktteilnehmer bedeuten. Bereits in den vergangenen Wochen hat sie darum sukzessive Hinweise, Entscheidungen und Erläuterungen auf ihrer Internetseite veröffentlicht. Sie wird die Ergebnisse der Umsetzung der neuen Vorgaben analysieren und in ihre Aufsichtspraxis einfließen lassen.
(BaFin, PM vom 03.01.2018 / Viola C. Didier)