• Home
  • /
  • Meldungen
  • /
  • Markengesetz: Amazon darf Konkurrenzprodukte zeigen

20.02.2018

Meldung, Wirtschaftsrecht

Markengesetz: Amazon darf Konkurrenzprodukte zeigen

Beitrag mit Bild

©Cybrain/fotolia.com

Der unter anderem für das Marken- und Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in zwei Verfahren zur Zulässigkeit der Verwendung von Marken und Unternehmenskennzeichen in der Suchfunktion der Internethandelsplattform Amazon entschieden.

Im ersten Verfahren (Urteil vom 15.02.2018 – I ZR 138/16) war die Klägerin exklusive Lizenznehmerin der Marke „ORTLIEB“. Sie vertreibt unter dieser Marke wasserdichte Taschen und Transportbehälter. Die Beklagten sind Gesellschaften des Amazon-Konzerns: die Betreiberin der Internetseite „amazon.de“ und die Betreiberin der Plattform „Amazon Marketplace“, auf der Dritte ihre Waren anbieten können. Die Klägerin bietet ihre Produkte nicht über die Plattform „amazon.de“ an, sondern vermarktet diese über ein selektives Vertriebssystem. Sie wendet sich dagegen, dass nach einer Eingabe des Suchbegriffs „Ortlieb“ in die plattforminterne Suchmaschine in der Trefferliste auch Angebote von Produkten anderer Hersteller erscheinen, und zwar sowohl Angebote der Beklagten als auch Angebote von Drittanbietern. Sie sieht in den angezeigten Treffern eine Verletzung des Rechts an der Marke „ORTLIEB“ und nimmt die Beklagten auf Unterlassung in Anspruch.

Ortlieb: BGH verweist Klage zur erneuten Prüfung zurück

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Beklagten das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Amazon benutzt die Marke „ORTLIEB“ in der eigenen kommerziellen Kommunikation, weil sie die Suchmaschine so programmiert hat, dass bei Eingabe der Marke eine Trefferliste zu dem Zweck generiert wird, den Internetnutzern Produkte zum Erwerb anzubieten. Die Nutzung der Marke kann die Klägerin nur untersagen, wenn nach Eingabe der Marke als Suchwort in der Ergebnisliste Angebote von Produkten gezeigt werden, bei denen der Internetnutzer nicht oder nur schwer erkennen kann, ob sie von dem Markeninhaber oder von einem Dritten stammen. Da das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hatte, wie der Internetnutzer die im Verfahren vorgelegte und von der Klägerin beanstandete Trefferliste versteht, hat der Bundesgerichtshof die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit diese Feststellungen nachgeholt werden.

Das Verfahren I ZR 201/16 – goFit

Die Klägerin der anderes Verfahrens (Urteil vom 15.02.2018 – I ZR 201/16), die goFit Gesundheit GmbH, ist in Österreich geschäftsansässig und vertreibt unter der Bezeichnung „goFit Gesundheitsmatte“ in Deutschland eine Fußreflexzonenmassagematte, die wie ein Kieselstrand gestaltet ist. Die Fußreflexzonenmassagematte wird auf der Internetseite www.amazon.de nicht angeboten. Am 18.08.2014 stellte die Klägerin fest, dass bei Eingabe des Suchbegriffs „goFit“ oder „gofit“ in die Amazon-Suchmaske automatisch in einem Drop-Down-Menü unter anderem die Suchwortvorschläge „gofit matte“, „gofit gesundheitsmatte“ oder „gofit Fußreflexzonenmassagematte“ erscheinen.

Verletzung des Firmenschlagworts?

Die Klägerin hat in den automatischen Suchwortvorschlägen in erster Linie eine Verletzung ihres Firmenschlagworts „goFit“, hilfsweise eine wettbewerbswidrige Irreführung der Verbraucher gesehen. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch. Das Landgericht hat der auf eine Verletzung des Unternehmenskennzeichens gestützten Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

BGH: Keine Beeinträchtigung der Funktion des Zeichens

Der Bundesgerichtshof hat seiner Beurteilung zugrunde gelegt, dass die Unternehmensbezeichnung der Klägerin „goFit“ in Deutschland geschützt ist. Die Beklagte benutzt dieses Zeichen als Betreiberin der Internetseite www.amazon.de, in die die Suchfunktion eingebettet ist, selbst in ihrer kommerziellen Kommunikation. Jedoch liegt in der Verwendung des Unternehmenskennzeichens in der automatischen Suchwortvervollständigung keine Beeinträchtigung der Funktion des Zeichens, auf das Unternehmen der Klägerin hinzuweisen. Die Frage, ob die nach Auswahl einer der Suchwortvorschläge angezeigte Trefferliste zu beanstanden ist, war in diesem Verfahren nicht zu entscheiden, weil sich die Klägerin ausschließlich gegen die Suchwortvorschläge und nicht gegen die Ausgestaltung der Trefferliste gewandt hat.

Kein Verstoß gegen Wettbewerbsrecht

Die Verwendung des Unternehmenskennzeichens der Klägerin bei der automatischen Vervollständigung von Suchwörtern ist auch wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die angezeigten Suchwortvorschläge beim Internetnutzer nicht den – unzutreffenden – Eindruck hervorrufen, dass er das betreffende Produkt auf der Internethandelsplattform finden wird.

(BGH, PM vom 16.02.2018 / Viola C. Didier)


Weitere Meldungen


Meldung

©pattilabelle/fotolia.com


12.11.2024

Tarifbeschäftigte erhalten knapp 3.000 Euro Weihnachtsgeld

Je nach Branche erhalten 85,8 % der Tarifbeschäftigten in Deutschland im Jahr 2024 ein Weihnachtsgeld, das durchschnittlich bei 2.987 Euro liegt.

weiterlesen
Tarifbeschäftigte erhalten knapp 3.000 Euro Weihnachtsgeld

Meldung

nx123nx/123rf.com


12.11.2024

DStV begrüßt Einigung über Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter

Mit den neuen Vorschriften werden die MwSt-Systeme in der EU modernisiert, sodass sie zur Bekämpfung von MwSt-Betrug beitragen und die Verwaltungslast für KMU verringern.

weiterlesen
DStV begrüßt Einigung über Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter

Rechtsboard

Artur Kühnel


11.11.2024

Aktuelles vom BAG zu den „Spielregeln“ bei der Gewährung von Pausen

Das BAG hat sich in seinem Urteil vom 21.08.2024 (5 AZR 266/23) dazu geäußert, unter welchen Voraussetzungen Pausen i.S.d. § 4 ArbZG wirksam gewährt werden und insbesondere, inwieweit sie „im Voraus feststehen“ müssen. Das BAG bestätigt seine bisherige Rechtsprechung und stellt klar, welche Vorgaben nach dem ArbZG sowie der Arbeitszeit-Richtlinie (2003/88/EG) bestehen. Ferner weist es auf die Mitbestimmung des Betriebsrats und das arbeitgeberseitige Weisungsrecht hin.

weiterlesen
Aktuelles vom BAG zu den „Spielregeln“ bei der Gewährung von Pausen

Haben wir Ihr Interesse für DER BETRIEB geweckt?

Sichern Sie sich das DER BETRIEB Gratis Paket: 4 Hefte + Datenbank