Deutschland rangiert bei den Lohn- und Arbeitskosten für die private Wirtschaft wie in den Vorjahren im westeuropäischen Mittelfeld – Ende 2015 lag die Bundesrepublik unverändert an achter Stelle unter den EU-Ländern.
Mit nominal 2,7 Prozent lag der Zuwachs der deutschen Arbeitskosten 2015 oberhalb des Durchschnitts von EU (2,2 Prozent) und über dem sehr niedrigen Mittel des Euroraums (1,6 Prozent). Trotz des etwas stärkeren Anstiegs hat Deutschland seinen über Jahre aufgelaufenen Rückstand bei der Entwicklung von Löhnen, Arbeitskosten und Lohnstückkosten noch nicht wieder aufgeholt, was auch zum erneuten Rekordüberschuss der deutschen Leistungsbilanz von 8,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts beigetragen hat. Zu diesen Ergebnissen kommt der neue Arbeits- und Lohnstückkostenreport des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.
Prognose noch unsicher
Dabei konstatieren die Ökonomen in der längerfristigen Betrachtung allerdings noch einige Luft nach oben: Zwischen 2000 und 2015 nahmen die Arbeitskosten laut IMK in der Privatwirtschaft in der EU um durchschnittlich 2,8 Prozent pro Jahr zu, im Euroraum um 2,5 Prozent. Das Wachstum in Deutschland lag in diesem Zeitraum lediglich bei 2,0 Prozent im Jahresdurchschnitt – EU-weit der drittniedrigste Wert nach Griechenland (0,5 Prozent) und Portugal (1,8 Prozent), wo die Arbeitskosten im Zuge der Krise in den vergangenen Jahren zeitweise stagnierten oder sogar sanken. In welchem Maße sich der Angleichungsprozess in diesem Jahr fortsetzt, ist nach Analyse des IMK noch offen.
Arbeitskosten 2015: 32,70 Euro pro Stunde
2015 mussten deutsche Arbeitgeber in der Privatwirtschaft (Industrie und privater Dienstleistungsbereich) 32,70 Euro pro geleistete Arbeitsstunde aufwenden. Höher liegen die Arbeitskosten in sieben Ländern: In Dänemark, Belgien, Schweden, Luxemburg, Frankreich, Finnland und den Niederlanden müssen zwischen 43 und 33,30 Euro pro Stunde ausgegeben werden. Fast gleichauf mit den deutschen sind die Arbeitskosten in Österreich (32,60 Euro). Der Durchschnitt des Euroraums liegt bei 29,50 Euro. Etwas darunter folgen Großbritannien, das 2015 Arbeitskosten von 29,10 Euro auswies, Irland (28,70) und Italien (27,30 Euro). In den übrigen südeuropäischen EU-Staaten betragen sie zwischen 21,10 Euro (Spanien) und 12,50 Euro (Malta). Die „alten“ EU-Länder Griechenland und Portugal liegen mittlerweile hinter dem EU-Beitrittsland Slowenien, wo 15,80 Euro aufgewendet werden müssen. In Estland, der Slowakei, der Tschechischen Republik, Kroatien, Polen, Ungarn und Lettland betragen die Stundenwerte zwischen 10,80 und 7,50 Euro. In diesen Ländern waren die Steigerungsraten mit bis zu 7,4 Prozent im vergangenen Jahr überdurchschnittlich. Schlusslichter sind Rumänien und Bulgarien mit Arbeitskosten von 5 bzw. 4,10 Euro pro Stunde.
(Hans-Böckler-Stiftung, PM vom 11.07.2016/ Viola C. Didier)