Ein elektronischer Generator von Rechtsdokumenten verstößt nicht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz. Das hat das Oberlandesgericht Köln entschieden und einem Vertragsgenerator damit grünes Licht gegeben.
Die Hanseatische Rechtsanwaltskammer Hamburg hatte gegen das von einem juristischen Verlag vertriebene Produkt geklagt. Das Programm richtet sich an fachfremdes Publikum. Mit seiner Hilfe können Verbraucher in unterschiedlichen Rechtsgebieten Rechtsdokumente, insbesondere Verträge, erstellen. Hierfür werden sie durch einen Frage-Antwort-Katalog geführt. Der Verlag hatte das Produkt u. a. mit der Aussage beworben, es erzeuge „Rechtsdokumente in Anwaltsqualität“ und sei „günstiger und schneller als der Anwalt“.
Rechtsanwaltskammer kämpft gegen Vertragsgenerator
Die Rechtsanwaltskammer hatte sich sowohl gegen die Werbung als auch gegen das Produkt gewandt. Sie war der Auffassung, dass das Programm der Rechtsanwaltschaft vorbehaltene Rechtsdienstleistungen erbringe (§§ 2, 3 RDG). Dagegen hatte der Verlag argumentiert, dass der Vertragsgenerator ähnlich wie die seit vielen Jahren etablierten Programme zur Erstellung der Steuererklärung wirke. Zielgruppe seien Personen, die ihre Verträge ohne anwaltliche Hilfe selbst erstellen würden. Sie hätten bisher auf gedruckte Formulare und Muster zurückgegriffen.
Aus RDG lässt sich kein Verbot ableiten
Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat die Klage abgewiesen und ein anderslautendes Urteil des Landgerichts Köln abgeändert. Zur Begründung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, dass sich weder aus dem Wortlaut noch aus der Entstehungsgeschichte von § 2 Abs. 1 RDG ein Verbot ableiten lasse. Auch der BGH habe sich in seiner „wenigermiete.de“-Entscheidung vor dem Hintergrund der Deregulierung und Liberalisierung des Rechtsdienstleistungsmarktes für eine großzügige Betrachtung ausgesprochen. Der vom Rechtsdienstleistungsgesetz bezweckte Schutz vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen erfordere das Verbot des Programms nicht.
Vertragsgestaltung ist nur im Einzelfall eine Königsdisziplin
Vertragsgestaltung möge im Einzelfall eine Königsdisziplin der anwaltlichen Beratung sein. Ein Dokumentengenerator erweitere aber lediglich das bestehende Hilfsangebot von Vorstücken oder Formularhandbüchern zur Erledigung der eigenen Rechtsangelegenheiten in eigener Verantwortung um eine naheliegende digitale Möglichkeit. Ein Schutz vor unqualifizierter Rechtsberatung müsse nur dort gewährleistet werden, wo eine rechtliche Beratung tatsächlich oder vorgeblich stattfinde. Für die Nutzer sei aber ohne Weiteres erkennbar, dass der Dokumentengenerator nach einem Frage-Antwort-Schema vorgegebene Wortbausteine miteinander kombiniere und dass das Ergebnis von der Qualität der Bausteine und der im Programm vorgegebenen logischen Verknüpfungen einerseits sowie andererseits von der Richtigkeit, Sinnhaftigkeit und Stimmigkeit der eigenen Auswahlentscheidungen abhängt.
In erster Instanz war dem Verlag zusätzlich verboten worden, für das Produkt mit Aussagen wie „Günstiger und schneller als der Anwalt“ und „Rechtsdokumente in Anwaltsqualität“ zu werben. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte der Verlag nach einem Hinweis des Senats zurückgenommen, sodass dieses Verbot bereits rechtskräftig geworden ist.
Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen.
(OLG Köln, PM vom 19.06.2020 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)