Wird die gesetzliche Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer in AGB erheblich verlängert, kann darin auch dann eine unangemessene Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben im Sinn von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegen, wenn die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber in gleicher Weise verlängert wird.
Eine Arbeitgeberin beschäftigte den einen Arbeitnehmer in seit Dezember 2009 als Speditionskaufmann in einer 45-Stunden-Woche gegen eine Vergütung von 1.400 Euro brutto. Im Juni 2012 unterzeichneten die Parteien eine Zusatzvereinbarung. Sie sah vor, dass sich die gesetzliche Kündigungsfrist für beide Seiten auf drei Jahre zum Monatsende verlängerte, und hob das monatliche Bruttogehalt auf 2.400 Euro an, ab einem monatlichen Reinerlös von 20.000 Euro auf 2.800 Euro. Das Entgelt sollte bis zum 30.05.2015 nicht erhöht werden und bei einer späteren Neufestsetzung wieder mindestens zwei Jahre unverändert bleiben.
Arbeitnehmer kündigt früher als erwartet
Nachdem ein Kollege des Arbeitnehmers festgestellt hatte, dass auf den Computern der Niederlassung im Hintergrund das zur Überwachung des Arbeitsverhaltens geeignete Programm „PC Agent“ installiert war, kündigten der Arbeitnehmer und weitere fünf Arbeitnehmer am 27.12.2014 ihre Arbeitsverhältnisse zum 31.01.2015. Die klagende Arbeitgeberin will festgestellt wissen, dass das Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Arbeitnehmer bis zum 31.12.2017 fortbesteht.
Verlängerung der Kündigungsfrist unwirksam
Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin hatte vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg (Urteil vom 26.10.2017 – 6 AZR 158/16). Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Verlängerung der Kündigungsfrist benachteiligt den Beklagten im Einzelfall entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Sie ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Bei einer vom Arbeitgeber vorformulierten Kündigungsfrist, die die Grenzen des § 622 Abs. 6 BGB und des § 15 Abs. 4 TzBfG einhält, aber wesentlich länger ist als die gesetzliche Regelfrist des § 622 Abs. 1 BGB, ist nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Beachtung von Art. 12 Abs. 1 GG zu prüfen, ob die verlängerte Frist eine unangemessene Beschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit darstellt. Das Landesarbeitsgericht hat hier ohne Rechtsfehler eine solche unausgewogene Gestaltung trotz der beiderseitigen Verlängerung der Kündigungsfrist bejaht. Der Nachteil für den Beklagten wurde nicht durch die vorgesehene Gehaltserhöhung aufgewogen, zumal die Zusatzvereinbarung das Vergütungsniveau langfristig einfror.
(BAG, PM vom 26.10.2017 / Viola C. Didier)