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15.11.2024

Arbeitsrecht, Meldung

Konzernprivileg gekippt: Dauerverleih bleibt Arbeitsverhältnis

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass das Konzernprivileg im AÜG entfällt, wenn ein Arbeitnehmer dauerhaft an ein anderes Konzernunternehmen überlassen wird, was auf eine Beschäftigung zur Überlassung hinweist.

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©Jörg Lantelme/fotolia.com

Überlässt ein Unternehmen, das einem Konzern angehört, einen Arbeitnehmer seit Beginn des Arbeitsverhältnisses über mehrere Jahre einem anderen Konzernunternehmen, ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Beschäftigung des Arbeitnehmers zum Zweck der Überlassung erfolgt ist. In diesem Fall kann sich das entleihende Unternehmen nicht auf das Konzernprivileg im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) berufen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 12.11.2024 (9 AZR 13/24) entschieden.

Zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer kommt nach § 10 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zustande, wenn der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer aus einem der in § 9 Abs. 1 AÜG aufgeführten Gründe unwirksam ist. Diese Rechtsfolge tritt nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG bei einer Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen nicht ein, es sei denn, der Arbeitnehmer wird „zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt“.

Darum ging es im Streitfall

Der Kläger war vom 14.07.2008 bis zum 30.04.2020 bei der S-GmbH als Sitzefertiger angestellt. Seine vertraglich geschuldete Tätigkeit verrichtete er auf dem Werksgelände der Beklagten, einem Unternehmen der Automobilindustrie. Die Beklagte und die S-GmbH waren während der Beschäftigungsdauer des Klägers konzernverbundene Unternehmen. Die genauen Umstände, unter denen der Kläger seine Arbeitsleistung erbrachte, sind zwischen den Parteien umstritten.

Der Kläger hat geltend gemacht, zwischen den Parteien sei nach § 10 Abs. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen, weil er seit Anbeginn seiner Beschäftigung bei der Beklagten unter Verletzung der Vorgaben des AÜG als Leiharbeitnehmer eingesetzt worden sei. Die vertragliche Zusammenarbeit zwischen der Beklagten und der S-GmbH sei nicht dienst- oder werkvertraglicher Natur gewesen, sondern als Arbeitnehmerüberlassung zu qualifizieren.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG für das Eingreifen des Konzernprivilegs bejaht, weil der Kläger nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt worden sei.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Diese Begründung hielt der revisionsrechtlichen Prüfung durch den Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts nicht stand. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts ist das Konzernprivileg nicht nur dann unanwendbar, wenn Einstellung „und“ Beschäftigung zum Zweck der Überlassung erfolgen. Die Konjunktion „und“ in § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG ist als Aufzählung der bezeichneten Sachverhalte zu verstehen. Nach dem Willen des Gesetzgebers kommt das Konzernprivileg auch dann nicht zur Anwendung, wenn der Arbeitnehmer zum Zweck der Überlassung eingestellt „oder“ beschäftigt wird. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der Arbeitnehmer seit Beschäftigungsbeginn über mehrere Jahre hinweg durchgehend als Leiharbeitnehmer eingesetzt wird. Eine solche Praxis indiziert einen entsprechenden Beschäftigungszweck.

Das BAG hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses wird zunächst die erforderlichen Tatsachenfeststellungen zu treffen haben, um beurteilen zu können, ob eine Arbeitnehmerüberlassung gegeben war und das AÜG anzuwenden ist. Dies hängt davon ab, ob der Kläger tatsächlich in die Arbeitsorganisation der Beklagten eingegliedert war und deren Weisungen unterlag oder allein die S-GmbH gegenüber dem Kläger weisungsbefugt war.


BAG vom 12.11.2024 / RES JURA Redaktionsbüro

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